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Umweltkontaminationen und weitere Folgen des Reaktorunfalls von Tschornobyl (russ.: Tschernobyl)
- Der Unfall im Kernkraftwerk Tschornobyl setzte 1986 radioaktive Stoffe in die Atmosphäre frei, darunter Jod, Cäsium, Strontium und Plutonium.
- In Mitteleuropa ist für die Strahlung, der Mensch und Umwelt dadurch auch heute noch ausgesetzt sind, nur noch Cäsium-137 von Bedeutung.
- In der näheren Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl spielen auch eine Handvoll anderer langlebiger, also nur langsam zerfallender Radionuklide eine Rolle.
- In Deutschland können Waldprodukte wie zum Beispiel einige Pilzarten oder Wildschweine aus Gebieten, die 1986 höher kontaminiert wurden, noch problematisch sein.
- Von touristischen Besuchen der näheren Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl ist aus Strahlenschutzsicht abzuraten.
- Wind und Wetter bestimmten räumliche Verteilung und Ablagerung radioaktiver Stoffe
- Die Situation 1986
- Die Situation heute
- Was ist bei Besuchen in Belarus, der Ukraine und insbesondere in der näheren Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl zu beachten?
- Wie war die Situation vor dem 26. April 1986?
Die Reaktorkatastrophe in Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) in der Ukraine setzte im Jahr 1986 über einen Zeitraum von etwa 10 Tagen große Mengen radioaktiver Stoffe in die Atmosphäre frei. Unter den freigesetzten Radionukliden fanden sich
- leichtflüchtige Jod- und Cäsiumisotope wie zum Beispiel radioaktives Jod (Jod-131) und radioaktives Cäsium (Cäsium-134 und Cäsium-137) sowie
- schwerflüchtige Strontium-Isotope wie Strontium-90 und Transurane wie Plutonium und Americium.
Schwerflüchtige radioaktive Stoffe wie Strontium und Plutonium lagerten sich vor allem in der näheren Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl in der Ukraine und in den angrenzenden Gebieten von Belarus ab.
Leichtflüchtige radioaktive Stoffe wie Jod und Cäsium gelangten mit dem thermischen Auftrieb in Höhen von über einem Kilometer. So konnten sie sich nicht nur in der näheren Umgebung des Reaktors, sondern auch über die Nordhalbkugel verbreiten, insbesondere über Europa. Verantwortlich für den thermischen Auftrieb waren die durch brennendes Graphit im Reaktor entstandenen hohen Temperaturen.
Wind und Wetter bestimmten räumliche Verteilung und Ablagerung radioaktiver Stoffe
Ausbreitung der radioaktiven Wolken in der Zeit vom 27. April bis 6. Mai 1986 durch den Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl
Die zu Freisetzungsbeginn am 26. April 1986 vorherrschenden Winde transportierten die aus dem Reaktor entwichenen Radionuklide in einer ersten radioaktiven Wolke über Polen nach Skandinavien. Eine zweite radioaktive Wolke zog über die Slowakei, Tschechien und Österreich nach Deutschland. Die dritte Wolke erreichte schließlich Rumänien, Bulgarien, Griechenland und die Türkei. Die Freisetzung endete nach 10 Tagen am 6. Mai 1986.
Die Windrichtungen während der Freisetzungsphase bestimmten, wohin sich die radioaktiven Wolken in der Luft räumlich verteilten.
Ob und wie stark es während des Durchzugs der radioaktiven Luftmassen regnete, entschied darüber, wo sich die in den Wolken enthaltenen radioaktiven Stoffe in welchen Mengen in der Umwelt ablagerten: Die Regionen, in denen es während des Durchzugs der radioaktiven Wolken regnete, wurden besonders hoch radioaktiv kontaminiert, da Regen Radionuklide aus der Luft auswäscht. Da Regenfälle unterschiedlich intensiv auftraten, variierte die radioaktive Kontamination in den betroffenen Gebieten erheblich.
Die Situation 1986
Die radiologische Situation stellte sich in der (näheren) Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) und in Deutschland 1986 unterschiedlich dar:
Deutschland (1986)
Die radiologische Situation 1986 in Deutschland
Bodenkontamination mit Cäsium-137 im Jahr 1986 (Bq/m²). Seitdem ist Cäsium-137 aufgrund seiner Halbwertszeit zu etwas mehr als der Hälfte zerfallen. Multipliziert man die Zahlenwerte mit 0,44, gibt das die heutigen Verhältnisse (2022) gut wieder.
Ende April/Anfang Mai 1986 trafen die radioaktiven Luftmassen des Reaktorunfalls von Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) in Deutschland ein. Weil es zu dieser Zeit heftige lokale Niederschläge im Süden Deutschlands gab, wurde Süddeutschland deutlich höher belastet als Norddeutschland:
- Lokal wurden im Bayerischen Wald und südlich der Donau bis zu 100.000 Becquerel radioaktives Cäsium-137 pro Quadratmeter und teilweise mehr abgelagert.
- In der norddeutschen Tiefebene betrug die Aktivitätsablagerung dieses Radionuklids dagegen selten mehr als 4.000 Becquerel pro Quadratmeter.
Die Aktivitätsablagerungen von radioaktivem Cäsium-134 betrugen im Vergleich zu Cäsium-137 etwa die Hälfte.
Die radioaktiven Stoffe lagerten sich auch in Wäldern, auf Feldern und Wiesen ab. Die direkte Ablagerung radioaktiver Stoffe auf Weideflächen und einigen wenigen erntereifen Kulturen führte schnell zu hohen Gehalten von radioaktivem Jod-131 in Kuhmilch und erntereifem Blattgemüse, wie beispielsweise Spinat im süddeutschen Raum.
1986 für Deutschland relevante Radionuklide
Wegen seiner kurzen Halbwertszeit von etwa 8 Tagen war das radioaktive Jod-131 bereits nach wenigen Wochen weitgehend zerfallen. Die gesamte Belastung durch radioaktives Jod-131 rührte von einer Menge von weniger als 1 Gramm her, die sich über der damaligen Bundesrepublik Deutschland abgelagert hatte.
Radioaktives Cäsium (Cäsium-137 und Cäsium-134) gelangte durch direkte Ablagerung auf oberirdischen Pflanzenteilen über die Blätter in pflanzliche Nahrungs- und Futtermittel. Über der damaligen Bundesrepublik Deutschland hatte sich nach Angaben der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung (GSF; jetzt HMGU, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt) etwa 230 Gramm radioaktives Cäsium-137 abgelagert.
Langfristig wird radioaktives Cäsium im Wesentlichen über die Wurzeln aus dem Boden aufgenommen. Da radioaktives Cäsium auf den mineralischen Böden vieler Ackerflächen stark an bestimmte Tonminerale gebunden ist, gelangt es nur in sehr geringem Maß über die Wurzeln in die Pflanzen. Landwirtschaftliche Kulturen, die erst nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl ausgesät oder angepflanzt wurden, waren daher bereits im Sommer 1986 nur noch mit wenigen Becquerel radioaktivem Cäsium pro Kilogramm kontaminiert.
Schutzmaßnahmen
Anfang Mai 1986 empfahl die Strahlenschutzkommission, nur Frischmilch mit weniger als 500 Becquerel radioaktivem Jod-131 pro Liter zum direkten Verzehr freizugeben. Einige Bundesländer legten wesentlich strengere Maßstäbe an, beispielsweise mit der Empfehlung, Frischmilch mit Konzentrationen an radioaktivem Jod-131 oberhalb 20 Becquerel pro Liter nicht zu verzehren.
Landwirte entsorgten infolgedessen zum Beispiel Milch von Kühen, die frisches Weidegras gefressen hatten. Zudem pflügten sie kontaminiertes Freilandgemüse unter, so dass es nicht mehr in den Verkauf kommen konnte. Die Bevölkerung mied möglicherweise kontaminierte Nahrungsmittel wie etwa saisonales Freilandgemüse.
(Nähere) Umgebung des Kernkraftwerks Tschernobyl (1986)
Die radiologische Situation 1986 in der (näheren) Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl
Am stärksten vom radioaktiven Fallout des Unfalls in Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) 1986 betroffen waren Gebiete
- in der nördlichen Ukraine,
- in Belarus und
- im Westen Russlands.
Insbesondere die unmittelbare Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl wurde durch den Reaktorunfall schwerwiegend radioaktiv kontaminiert.
Schutzmaßnahmen / Sperrzone
Das Gebiet in einem Radius von 30 Kilometern rund um das Kernkraftwerk Tschornobyl wurde 1986 zum Schutz der Bevölkerung vor hoher Strahlung als Sperrzone eingerichtet. Die Orte innerhalb der Sperrzone wurden evakuiert – betroffen davon waren zum Beispiel Prypjat, Tschornobyl, Kopatschi und weitere Ortschaften. Die Sperrzone wurde später anhand der Höhe der Kontamination räumlich angepasst.
In Abhängigkeit vom Unfallablauf, den vorherrschenden Windrichtungen und späteren Aufräumarbeiten und Dekontaminationsmaßnahmen sind die radioaktiven Stoffe innerhalb der Sperrzone sehr ungleichmäßig verteilt.
Der "Atlas of caesium deposition on Europe after the Chernobyl accident", eine Publikation der Europäischen Union in englischer und russischer Sprache, stellt detailliertes Kartenmaterial zur Verteilung und Ablagerung von Cäsium-137 in Europa und in der näheren Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl bereit.
Die Situation heute
Auch heute, über drei Jahrzehnte nach dem Unfall von Tschornobyl (russ.: Tschernobyl), stellt sich die radiologische Situation in der (näheren) Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl und in Deutschland ganz unterschiedlich dar:
Deutschland (heute)
Aktueller Sachstand: Die radiologische Situation in Deutschland heute
Von den beim Unfall in Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) freigesetzten radioaktiven Stoffen ist heute in Deutschland und Mitteleuropa nur noch das langlebige Cäsium-137 für die Strahlung, der Mensch und Umwelt ausgesetzt sind (Strahlenexposition), von Bedeutung. Auf Grund seiner Halbwertszeit von etwa 30 Jahren ist Cäsium-137 seit 1986 bis heute zu etwas mehr als der Hälfte zerfallen.
Die Strahlung durch Cäsium-137, der Menschen von außen ausgesetzt sind oder durch Cäsium-137, das sie mit der Atemluft in den Körper aufnehmen können, ist dabei in Deutschland und Mitteleuropa als gering einzustufen. Auch die für die Aufnahme des Radionuklids mit der Nahrung bedeutsame Kontamination landwirtschaftlich erzeugter Lebensmittel mit Cäsium-137 ist nur gering; lediglich Nahrungsmittel des Waldes können noch erhöhte Gehalte von radioaktivem Cäsium-137 aufweisen.
Radioaktives Jod-131, das 1986 aus dem Reaktor in Tschornobyl freigesetzt wurde, spielt dagegen aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit von 8 Tagen heute keine Rolle mehr; es ist vollständig zerfallen.
Radioaktives Cäsium in landwirtschaftlich erzeugten Lebensmitteln in Deutschland
Heute sind nur noch geringe Aktivitäten von Cäsium-137 in hierzulande produzierten Feldfrüchten zu finden.
In landwirtschaftlich erzeugten Lebensmitteln wie Getreide, Fleisch oder Milch sind in Deutschland keine radiologisch relevanten Radioaktivitätsgehalte mehr vorhanden.
In mineralischen Bodenschichten, wie sie auf Acker- und Weideflächen zu finden sind, wird radioaktives Cäsium durch bestimmte im Boden enthaltene Tonminerale fixiert und kann dadurch nur in geringem Maße von Bodenorganismen und Pflanzenwurzeln aufgenommen werden. Mehr als 30 Jahre nach dem Unfall sind darum nur noch geringe Aktivitäten von Cäsium-137 in den hierzulande produzierten Feldfrüchten zu finden. Der Gehalt von Cäsium-137 in landwirtschaftlichen Produkten aus inländischer Erzeugung liegt heutzutage nur bei wenigen Becquerel pro Kilogramm und darunter.
Dies führt dazu, dass in Deutschland mit Nahrungsmitteln aus landwirtschaftlicher Erzeugung im Mittel weniger als 100 Becquerel Cäsium-137 pro Person und Jahr aufgenommen werden.
Aktuelle Messergebnisse für landwirtschaftliche Produkte aus inländischer Erzeugung (2021)
Produkt | Probenzahl | Minimalwert | Maximalwert | Mittelwert |
---|---|---|---|---|
Milch (Sammelmilch) | 804 | < 0,01 | 0,5 | 0,07 |
Fleisch (Rind, Kalb, Schwein, Geflügel) | 1.103 | < 0,04 | 12,9 | 0,2 |
Blattgemüse (Freilandanbau) | 692 | < 0,02 | 2,4 | 0,1 |
Frischgemüse ohne Blattgemüse (Freilandanbau) | 639 | < 0,02 | 0,4 | 0,08 |
Kartoffeln | 236 | < 0,04 | 0,4 | 0,08 |
Getreide | 666 | < 0,02 | 2,2 | 0,08 |
Grenzwerte für Nahrungsmittel aus dem Handel in Deutschland
Für Nahrungsmittel aus dem Handel gelten in Deutschland Grenzwerte für Cäsium-137 in Höhe von
- 370 Becquerel pro Kilogramm für Milch, Milchprodukte und Nahrungsmittel für Säuglinge und Kleinkinder und
- 600 Becquerel pro Kilogramm für alle sonstigen Nahrungsmittel.
Nahrungsmittel aus deutschen Wäldern
In wild wachsenden Pilzen und Wildbret, insbesondere Wildschweinen, können auch heute noch deutlich erhöhte Cäsium-137-Aktivitäten gemessen werden.
Ganz anders als im landwirtschaftlichen Bereich stellt sich die Situation bei Nahrungsmitteln des Waldes dar. Waldböden zeichnen sich durch so genannte organische Auflageschichten auf den Mineralböden aus. In diesen Schichten, die aus sich zersetzender Streu gebildet werden und reich an Bodenorganismen sind, ist radioaktives Cäsium leicht verfügbar und wird schnell durch Bodenorganismen, Pilze und Pflanzen aufgenommen. So wandert es nur sehr langsam in die mineralischen Bodenschichten ab, in denen es durch bestimmte Tonminerale fixiert werden kann. Der Gehalt von radioaktivem Cäsium in Waldprodukten nimmt daher in der Regel nur langsam ab.
In Nahrungsmitteln des Waldes – wie Speisepilzen und Wildbret – können auch heute, mehr als drei Jahrzehnte nach dem Reaktorunfall von Tschornobyl (russ.: Tschernobyl), noch deutlich erhöhte Cäsium-137-Aktivitäten gemessen werden. Eine auch lokal sehr hohe Schwankungsbreite des Cäsium-137-Gehalts ist dabei für wild wachsende Pilze und Wildbret, insbesondere Wildschweine, charakteristisch.
Höher kontaminierte Nahrungsmittel aus dem Wald finden sich in den Teilen Deutschlands, die vom Tschornobyl-Fallout 1986 besonders betroffen wurden. Dies sind insbesondere der Bayerische Wald und die Gebiete südlich der Donau. Dort weisen Waldprodukte wie einige Speisepilz-Arten und Wildschweinfleisch teilweise noch Cäsium-137-Gehalte von deutlich über 100 Becquerel pro Kilogramm auf. Bei Wildschweinen sind auch deutlich über 1.000 Becquerel pro Kilogramm, vereinzelt sogar mehr als 10.000 Becquerel pro Kilogramm möglich. In anderen Regionen, wie etwa dem Norden Deutschlands, sind die Aktivitätswerte wegen der geringeren Ablagerung von radioaktivem Cäsium wesentlich niedriger.
Wer für sich persönlich die Strahlenexposition gering halten möchte, sollte selbst gesammelte Wildpilze und selbst erlegtes Wild, insbesondere Wildschweine, aus dem Bayerischen Wald und anderen höher belasteten Gebieten Süddeutschlands nicht im Übermaß verzehren oder auf den Verzehr ganz verzichten.
Holz aus dem stärker vom Unfall in Tschernobyl betroffenen Süden Deutschlands kann Cäsium-137-Aktivitäten von bis zu einigen 100 Becquerel pro Kilogramm aufweisen.
Weitere Waldprodukte aus Deutschland
Holz aus dem stärker vom Reaktorunfall in Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) betroffenen Süden Deutschlands kann Cäsium-137-Aktivitäten von bis zu einigen 100 Becquerel pro Kilogramm aufweisen.
Bei Holzprodukten, wie zum Beispiel Möbeln oder Parkett, ist die Strahlung, der Menschen dadurch ausgesetzt sind, nur gering – genauso wie bei Brennholz, das im offenen Kamin verbrannt wird, oder in Holzpellets, die im Privathaushalt in Heizkesseln eingesetzt werden. Da Cäsium-137 hauptsächlich in der Asche verbleibt, sollte diese Asche jedoch aus Vorsorgegründen nicht zum Düngen von Gemüsebeeten im heimischen Garten verwendet werden.
Sofern in Deutschland keine großen Holzmengen in Biomassekraftwerken verfeuert werden, spielt die Überwachung des Radioaktivitätsgehalts der Holzasche bzw. deren geordnete Entsorgung aus Sicht des Strahlenschutzes keine Rolle.
(Nähere) Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl (heute)
Aktueller Sachstand: Die radiologische Situation in der näheren Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl heute
Verfallenes Gebäude in der verlassenen Stadt Prypjat - im Vordergrund ein Messgerät für Gammastrahlung.
Bis heute sind im näheren Umfeld des Kernkraftwerks Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) radioaktives Cäsium, Strontium und Transurane wie Plutonium und Americium vorzufinden. In der Stadt Prypjat, etwa 3 Kilometer nordwestlich des Kernkraftwerks Tschornobyl, wurden 1986 unter anderem bis zu
- 24 Megabecquerel pro Quadratmeter Cäsium-137,
- 6,7 Megabecquerel pro Quadratmeter Strontium-90 und
- 0,2 Megabecquerel pro Quadratmeter Plutonium-239/240
abgelagert. Die Strahlung, der Mensch und Umwelt dort ausgesetzt sind, ist trotz Dekontaminationsmaßnahmen noch immer so hoch, dass die Stadt nicht bewohnt werden darf.
Einen Anhaltspunkt für die heutige Belastung geben die Halbwertszeiten der abgelagerten Radionuklide:
- Cäsium-137 und Strontium-90 sind mit Halbwertszeiten von etwa 30 bzw. 29 Jahren bis heute zu etwas mehr als der Hälfte zerfallen – die abgelagerten Aktivitäten dieser Radionuklide haben sich also bis heute in etwa halbiert.
- Plutonium-239 und Plutonium-240 haben mehrere Tausend Jahre Halbwertszeit (Plutonium-239 etwa 24.000 Jahre, Plutonium-240 etwa 6.600 Jahre) und Americium-241 etwa 430 Jahre – diese radioaktiven Stoffe sind also bis heute praktisch nicht zerfallen, ihre Aktivitäten sind etwa so hoch wie 1986.
Warnschild am Eingang zur Sperrzone rund um das havarierte Kernkraftwerk Tschornobyl - das unautorisierte Betreten der Zone ist verboten.
Auf belarussischer Seite schließt sich seit 1988 ein Schutzgebiet an die ukrainische Sperrzone rund um das Kernkraftwerk Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) an. Die Grenzen der Sperrzone wurden im Laufe der Jahre entsprechend der Kontaminationssituation angepasst. Der Zugang zu beiden Sperrgebieten ist nur mit Genehmigung gestattet.
In der Sperrzone von Tschornobyl liegen auch heute noch erhöhte Strahlungswerte vor. Lokal treten dort Kontaminationen aus dem Reaktorunglück und Strahlungswerte (Ortsdosisleistung) auf, die erheblich über denen in Deutschland liegen.
Landwirtschaftlich erzeugte Lebensmittel in der Ukraine
1990 hat das Bundesamt für Strahlenschutz im Auftrag des Auswärtigen Amtes in Kiew Messungen an landwirtschaftlich erzeugten Lebensmitteln durchgeführt. Diese haben keine bedeutend erhöhten Cäsium-137-Kontaminationen an den untersuchten Lebensmitteln aufgezeigt.
Nahrungsmittel aus staatlicher Produktion und Nahrungsmittel, die in öffentlichen Läden (zum Beispiel Supermärkten) verkauft werden, unterliegen der staatlichen Kontrolle. Es gelten vergleichsweise restriktive Grenzwerte für den Gehalt von Radionukliden in diesen Waren.
Lebensmittel aus nicht kontrollierter Herkunft (zum Beispiel von Markt- oder Straßenständen) können erhöhte Kontaminationswerte aufweisen.
Nahrungsmittel aus ukrainischen und belarussischen Wäldern
Höhere Aktivitäten von Cäsium-137 können in der Ukraine und in Belarus bei Pilzen, Waldbeeren und Wild auftreten. Der Gehalt von radioaktivem Cäsium ist umso höher, je stärker das betreffende Gebiet mit diesem Radionuklid kontaminiert wurde.
Insbesondere in den höher kontaminierten Gebieten der Ukraine und von Belarus können Nahrungsmittel aus dem Wald wie etwa Wildbret, wild wachsende Beeren und Wildpilze extrem hoch mit radioaktivem Cäsium belastet sein.
Fische aus stehenden Gewässern in der Ukraine und in Belarus
Süßwasserfische aus stehenden Gewässern oder Gewässern mit geringem Wasseraustausch können hoch mit radioaktivem Strontium belastet sein. Dies betrifft insbesondere die Gebiete, die durch radioaktives Strontium stark kontaminiert wurden.
Messung der Ortsdosisleistung mit einem Handmessgerät am Reaktor von Tschornobyl im Rahmen einer Messübung im Jahr 2016. Zum Zeitpunkt des Unglücks waren die Messwerte weit höher.
Was ist bei Besuchen in Belarus, der Ukraine und insbesondere in der näheren Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl zu beachten?
Große Teile von Belarus und der Ukraine wurden mit leichtflüchtigen radioaktiven Stoffen wie Cäsium-137, das sich mit Wind und Wetter verteilte, nicht höher kontaminiert als die stärker betroffenen Gebiete Deutschlands.
Die nähere Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl (russ.: Tschernobyl), insbesondere die Sperrzone, kann jedoch extrem hoch kontaminiert sein. Insbesondere schwerflüchtige, langlebige radioaktive Stoffe wie Plutonium und Americium lagerten sich in der näheren Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl ab.
Unter Strahlenschutzaspekten ist hier neben der hohen, stark variierenden äußeren Strahlenexposition durch abgelagerte radioaktive Stoffe (Ortsdosisleistung) besonders das Einatmen von Alpha-Strahlung aussendenden Radionukliden von Bedeutung.
Sightseeing in Tschornobyl und in der Sperrzone rund um den havarierten ReaktorEinklappen / Ausklappen
Das Bundesamt für Strahlenschutz rät davon ab, aus touristischen Gründen die hoch kontaminierten Gebiete insbesondere in der Sperrzone um das Kernkraftwerk Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) zu besuchen.
Innerhalb der Sperrzone schwankt die Strahlung, der Menschen durch abgelagerte radioaktive Stoffe ausgesetzt sind (äußere Strahlenexposition), erheblich. Lokal muss mit einer äußeren Strahlenexposition von einigen 10 Mikrosievert pro Stunde und mehr gerechnet werden. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt dieser Wert zwischen 0,05 und 0,18 Mikrosievert pro Stunde.
Gefahr durch Aufnahme radioaktiver Partikel in den Körper
Neben der äußeren Strahlenexposition durch abgelagerte radioaktive Stoffe besteht für Menschen in der Sperrzone auch die Gefahr, stark radioaktive Partikel in den Körper aufzunehmen ("Inkorporation") - zum Beispiel durch Einatmen von Staub, an dem radioaktive Partikel haften. Besonders ungünstig sind Wetterverhältnisse wie etwa Trockenheit oder Sturm, bei denen Staub aufgewirbelt wird und auf diese Weise mit der Atmung in den Körper gelangen kann.
Transurane wie Plutonium-239, Plutonium-240 oder Americium-241 sind radioaktiv und senden Alpha-Strahlung aus – werden sie eingeatmet, kann dies je nach Art und Menge der eingeatmeten Radionuklide zu hohen Strahlenexpositionen der Luftwege und der Lunge führen.
Zudem können Radionuklide unabsichtlich (zum Beispiel durch verschmutzte Hände) in den menschlichen Körper gelangen.
Notwendige kurze berufliche Aufenthalte in der Sperrzone rund um den havarierten ReaktorEinklappen / Ausklappen
Das Bundesamt für Strahlenschutz rät von jedem nicht notwendigen Aufenthalt in den hoch kontaminierten Gebieten in der Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl (russ.: Tschernobyl), insbesondere in der Sperrzone, ab.
Sicherheitsvorkehrungen für unvermeidbare Aufenthalte
BfS-Mitarbeiter bei einer Messübung in der Sperrzone bei Tschernobyl.
Ist ein Aufenthalt in der Sperrzone zum Beispiel aus beruflichen Gründen jedoch notwendig, sollten zum Schutz vor Strahlung mindestens folgende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden:
- äußere Strahlenexposition mit geeigneten Messgeräten mit Warnfunktion kontinuierlich messen,
- unbeabsichtigte Aufnahme von Radionukliden in den Körper durch eigenes Verhalten minimieren (nichts anfassen, nicht essen, nicht trinken usw.),
- vor dem Einatmen alpha-strahlender Radionuklide schützen (Atemschutz tragen, falls die Aufwirbelung kontaminierten Bodens nicht aufgrund der Witterungsverhältnisse ausgeschlossen ist) und
- sich beim Verlassen der Sperrzone auf radioaktive Kontamination prüfen (und gegebenenfalls dekontaminieren) lassen.
Es ist unbedingt darauf zu achten, dass alle genannten Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden.
Verlässliche Informationen über die Höhe der äußeren Strahlenexposition durch abgelagerte radioaktive Stoffe (Ortsdosisleistung) erhält man nur dann, wenn während des gesamten Aufenthalts ein geeignetes Messgerät mitgeführt wird. Die Strahlenexposition durch radioaktive Stoffe, die über die Atemluft oder über den Mund in den menschlichen Körper gelangen, kann von so einem Messgerät nicht erfasst werden.
Hinweis
Auf die Einnahme von hochdosierten Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse sollte bei einem Aufenthalt in der Sperrzone unbedingt verzichtet werden, da das beim Unfall 1986 freigesetzte radioaktive Jod-131 schon lange zerfallen ist und die unnötige Aufnahme hoher Jodmengen negative gesundheitliche Folgen auslösen kann.
Längere Aufenthalte in Belarus und in der Ukraine außerhalb der Sperrzone um das Kernkraftwerk TschornobylEinklappen / Ausklappen
Aus Sicht des Strahlenschutzes kann man bedenkenlos nach Russland, Belarus oder in die Ukraine reisen - auch für längere Dauer. Große Teile von Belarus und der Ukraine wurden nicht höher kontaminiert als die stärker betroffenen Gebiete Deutschlands. Strahlenschutzmaßnahmen sind nicht notwendig.
Ausgenommen davon sind die stärker kontaminierten Gebiete (insbesondere die Sperrzone) in der Umgebung des Kernkraftwerks Tschornobyl (russ.: Tschernobyl).
Hinweise & Verhaltenstipps für Aufenthalte außerhalb der Sperrzone
Nahrungsmittel, die aus staatlicher Produktion stammen oder in öffentlichen Läden (zum Beispiel Supermärkten) verkauft werden, unterliegen der staatlichen Kontrolle. In einer Veröffentlichung bestätigt das Tschernobyl Forum 2006, dass die – vergleichsweise restriktiven – Grenzwerte für Radioaktivität bei Kontrollen dieser Waren nicht überschritten wurden. Das Tschernobyl Forum ist ein Konsortium internationaler Organisationen sowie der zuständigen Behörden der Ukraine, von Belarus und der Russischen Föderation.
Der Verzehr von Nahrungsmitteln aus nicht kontrollierter Herkunft (zum Beispiel von Markt- oder Straßenständen) sollte vermieden werden. Insbesondere in den höher kontaminierten Gebieten der Ukraine und von Belarus sollte auf Nahrungsmittel aus dem Wald (Wildbret, wild wachsende Beeren und Wildpilze) verzichtet werden, da diese extrem hoch mit radioaktivem Cäsium belastet sein können. Auch Süßwasserfische unbekannter Herkunft sollten nicht verzehrt werden, da sie hoch mit radioaktivem Strontium belastet sein können.
Wie war die Situation vor dem 26. April 1986?
Tägliche Zufuhr von Cäsium-137, Cäsium-134 und Strontium-90 mit der Gesamtnahrung in Becquerel pro Person und Tag
In Deutschland wurde Ende der 50er-Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts mit systematischen Messungen, insbesondere von radioaktivem Cäsium und Strontium, in verschiedenen Umweltmedien begonnen.
Die Bundesanstalt für Ernährung (jetzt Max-Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel) beobachtete in allen tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln einen steilen Anstieg der Aktivität der gemessenen Radionuklide bis 1964, der auf den Niederschlag oberirdischer Kernwaffenversuche (Fallout) zurückging.
Der relativ schnelle Abfall bis 1970 lässt sich dadurch erklären, dass sich infolge des Teststopps für oberirdische Atomwaffentests die direkte Ablagerung radioaktiver Stoffe aus den Tests auf Pflanzen verringerte. Danach reduzierten sich die Aktivitätsgehalte in der Nahrung kontinuierlich. 1986 erhöhte der Tschernobyl-Fallout nach dem 26. April 1986 die Kontaminationen wieder deutlich.
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Stand: 12.04.2022