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Umweltfolgen eines radiologischen Notfalls

  • Wird bei einem radiologischen Notfall Radioaktivität freigesetzt, kann dies ganz unterschiedliche Folgen für die Umwelt haben.
  • Freigesetzte radioaktive Stoffe (fest, flüssig oder gasförmig) können sich je nach Art des Notfalls unterschiedlich weit vom Freisetzungsort entfernt ausbreiten und unterschiedlich intensiv in der Umgebung ablagern.
  • Mithilfe unterschiedlicher Notfallszenarien lassen sich Schutzmaßnahmen im Rahmen des radiologischen Notfallschutzes gezielter planen.

Wird bei einem Unfall Radioaktivität in die Umwelt freigesetzt (zum Beispiel bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk oder einem Transportunfall mit radioaktiven Stoffen für die Medizin), können neben dem Menschen auch Tiere, Pflanzen und Wasser von den Folgen betroffen sein.

Freigesetzte radioaktive Stoffe: Verteilung und Konzentration

Bei radiologischen Unfällen können – je nach Art und Schwere des Unfalls –

  • radioaktive Gase wie zum Beispiel Xenon oder Krypton,
  • leichtflüchtige radioaktive Teilchen wie zum Beispiel radioaktives Jod und radioaktives Cäsium und
  • schwerflüchtige radioaktive Stoffe wie zum Beispiel Strontium oder Plutonium

in die Umwelt gelangen. Lagern sich leicht- oder schwerflüchtige radioaktive Stoffe an Staubpartikel (Aerosole) an, die in der Luft vorhanden sind, können sie sich zusammen mit den Gasen als "radioaktive Wolke" in der Umgebung ausbreiten.

Einflussfaktoren

Wetter

Einflussfaktor Wetterlage

Illustration verschiedener Wettersymbole

Neben Art und Schwere des Unfalls entscheidet die aktuelle Wetterlage am Freisetzungsort darüber, wie weit sich die freigesetzten radioaktiven Stoffe in die nähere und fernere Umgebung verteilen.

Faktoren für die räumliche Verteilung und die örtlichen Folgen einer radioaktiven Wolke sind zum Beispiel die Windstärke und -richtung sowie Niederschläge in Form von etwa Regen oder Schnee: Bei Regen werden radioaktive Stoffe in Form von Staubteilchen aus der Wolke ausgewaschen und mit den Regentropfen etwa 100mal schneller auf Pflanzen und Boden abgelagert als bei trockenem Wetter. Anders als radioaktive Staubteilchen lagern sich radioaktive Edelgase nicht auf dem Boden ab.

Entfernung

Einflussfaktor Entfernung

Eine Karte der Welt mit in grau gehaltenen Flächen für die Landmasse

Je weiter die radioaktiven Stoffe vom Unfallort weg transportiert werden, desto mehr verdünnt sich ihre Konzentration in der Luft – auf diese Weise nimmt die Strahlenbelastung mit zunehmender Entfernung vom Unfallort ab.

In winzigen Spuren können sich verdünnte radioaktive Stoffe weltweit ausbreiten und gemessen werden: zum Beispiel sind überall auf der Erde noch Spuren von Strontium, Plutonium und Cäsium aus den oberirdischen Kernwaffentests des vergangenen Jahrhunderts nachweisbar.

Zeit

Einflussfaktor Zeit

Illustration einer Sanduhr

Auch die Halbwertszeiten freigesetzter radioaktiver Stoffe haben Einfluss auf die Höhe der Strahlung, und sorgen dafür, dass diese im Laufe der Zeit geringer wird:

Zum Beispiel ist radioaktives Jod-131 mit einer Halbwertszeit von 8 Tagen vergleichsweise schnell nach etwa 3 Monaten (10 Halbwertszeiten/80 Tage) beinahe komplett aus der Umwelt verschwunden, während etwa Plutonium-239 bzw. Plutonium-240 mit Halbwertszeiten von rund 24.000 bzw. 6.560 Jahren erst nach sehr langer Zeit beinah vollständig zerfallen sein werden.

Radioaktivität auf Pflanzen, bei Tieren, in Boden/Grundwasser und im Meer

Bei einem radiologischen Notfall freigesetzte radioaktive Stoffe können

  • sich aus der Luft relativ kurzfristig auf und in Pflanzen ablagern sowie Pflanzen langfristig vor allem durch die Aufnahme über die Wurzeln kontaminieren,
  • von Tieren aus der Luft und über die Nahrungskette aufgenommen werden,
  • Böden vor allem in den oberen Schichten kontaminieren, während sie auf ihrem Weg bis ins Grundwasser in der Regel herausgefiltert werden,
  • sich auf und in Meeren ablagern und über Wasser und Meerespflanzen in die Nahrungskette der Meeresbewohner gelangen, wobei sich ihre Konzentration im Meerwasser sehr stark verdünnt.

Mehr dazu

Pflanzen

Radioaktivität auf und in Pflanzen

Ein Feld mit Rosenkohl

Bei einem radiologischen Notfall freigesetzte radioaktive Stoffe können sich aus der Luft relativ kurzfristig auf und in Pflanzen ablagern. Sie werden zu einem Teil von der Pflanze aufgenommen und verteilen sich in der gesamten Pflanze. Dies ist der Hauptaufnahmeweg für zum Beispiel gasförmiges Jod in die Pflanze.

Die langfristige Kontamination von Pflanzen dagegen erfolgt überwiegend über die Wurzeln, über die Pflanzen Radioaktivität auch über die Böden und darin eingesickertes kontaminiertes Regenwasser aufnehmen.

Einflussfaktoren

Wie viel Radioaktivität Pflanzen nach einem radiologischen Notfall aufnehmen, hängt von der Art und Menge der freigesetzten radioaktiven Stoffe, aber auch von der Größe und der Wachstumsphase der Pflanze und der Bodenart ab.

In Wäldern filtern Bäume radioaktive Stoffe aus der Luft aus, da sie durch die Vielzahl ihrer Nadeln oder Blätter eine sehr große Oberfläche besitzen.

Tiere

Radioaktivität bei Tieren

Kühe auf einer Weide

Tiere können die bei einem radiologischen Notfall freigesetzten radioaktiven Stoffe aus der Luft und über die Nahrungskette, etwa durch Fressen von kontaminiertem Weidegras, aufnehmen.

Während radioaktives Cäsium vor allem im Muskelfleisch der Tiere eingelagert wird, ist Strontium eher in den Knochen zu finden. Radioaktives Jod oder Cäsium gelangt zum Beispiel auch sehr schnell in Kuhmilch, dies kann bereits innerhalb des ersten Tages, nachdem radioaktive Stoffe mit dem Futter aufgenommen wurden, erfolgen.

Einflussfaktoren

Wieviel Radioaktivität Tiere aufnehmen, hängt in erster Linie von der Menge und von der Art der radioaktiven Stoffe in ihrem Futter ab und wie gut sie im Organismus der betroffenen Säugetiere, Fische, Vögel und Reptilien in den Stoffwechsel eingebaut werden.

Waldtiere wie etwa Wildschweine können auch lange Zeit nach einem radiologischen Notfall noch kontaminiert werden, indem sie kontaminierte Waldpilze fressen.

Boden und Grundwasser

Radioaktivität im Boden und Grundwasser

Ein Feld mit einer große Fläche, auf der Wasser steht

Böden können durch die bei einem radiologischen Notfall freigesetzten radioaktiven Stoffe vor allem in den oberen Schichten (nur bis wenige Zentimeter Tiefe) kontaminiert werden:

  • Abgelagerte radioaktive Stoffe können sich insbesondere in Humusschichten anreichern.
  • In tonhaltigen Ackerböden binden Tonminerale radioaktives Cäsium und führen dazu, dass dieser radioaktive Stoff nur in geringen Mengen aufgenommen wird.
  • Die obersten Schichten des Waldbodens enthalten in der Regel keine Tonminerale, die radioaktives Cäsium fixieren können. Pilze, deren Myzel (Pilzgeflecht) diese organischen Bodenschichten durchzieht, können Schwermetalle wie radioaktives Cäsium leicht aufnehmen.

In der Regel werden Radionuklide auf ihrem Weg bis ins Grundwasser herausgefiltert.

Oberflächengewässer wie Seen, Flüsse oder Ozeane können direkt durch radioaktive Niederschläge kontaminiert werden. Radioaktive Stoffe, die zuerst auf Bodenoberflächen abgelagert wurden, können außerdem mit dem abfließenden Niederschlag ebenfalls in Flüsse oder Seen gespült werden.

Meere

Radioaktivität im Meer

Foto von Meereswellen

Bei einem radiologischen Notfall freigesetzte radioaktive Stoffe können sich nicht nur auf der Landfläche der Erde, sondern auch auf der Meeresoberfläche ablagern. Über Wasser und Meerespflanzen können radioaktive Stoffe in die Nahrungskette der Meeresbewohner gelangen und sich zum Beispiel in Raubfischen anreichern.

Aufgrund der großen Menge an Wasser in den sich beständig bewegenden Weltmeeren verdünnt sich die Konzentration radioaktiver Stoffe im Meerwasser sehr stark.

In Binnenmeeren lassen sich durch den im Vergleich zu Weltmeeren geringeren Wasseraustausch radioaktive Stoffe länger nachweisen. Beispielsweise ist heute noch radioaktives Cäsium infolge des Unfalls in Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) in der Ostsee in gesundheitlich unbedenklichen Mengen nachweisbar. Grund ist unter anderem der sehr geringe Wasseraustausch mit der Nordsee über die dänischen Meerengen.

Unterteilung in Notfallszenarien hilft bei Notfallschutz-Vorbereitungen

Welche Auswirkungen ein radiologischer Unfall auf die Umwelt hat, ist abhängig von der Art und Schwere des Unfalls. Die radiologischen Folgen für die Umwelt unterscheiden sich zum Teil erheblich:

  • Ein schwerer Unfall in einem Kernkraftwerk kann aufgrund der Menge und Art der freigesetzten radioaktiven Stoffe und einer möglichen Verbreitung mit Wind und Wetter beispielsweise enorme, auch großräumige radiologische Auswirkungen auf die Umwelt haben.
  • Ein Unfall beim Transport radioaktiver Stoffe hat aus rein radiologischer Sicht eher kleinräumige Auswirkungen auf die Umwelt, und auch die Menge der freigesetzten radioaktiven Stoffe ist deutlich geringer als bei einem schweren Kernkraftwerksunfall.

Mithilfe unterschiedlicher Notfallszenarien lassen sich Schutzmaßnahmen im Rahmen des radiologischen Notfallschutzes gezielter planen: Für jedes Notfallszenario werden die möglichen Folgen für die Umwelt und die Menschen abgeschätzt und individuelle Strategien zum Schutz der Bevölkerung und der Einsatzkräfte entwickelt.

Mit welchen Folgen für die Umwelt in Deutschland ist je nach Notfallszenario zu rechnen?

Unfall in einem KernkraftwerkEinklappen / Ausklappen

Kernkraftwerk und Umwelt (Symbolbild)

Kommt es zu einem Unfall in einem Kernkraftwerk in Deutschland, im grenznahen Ausland, innerhalb oder außerhalb Europas, bei dem radioaktive Stoffe freigesetzt werden, können in unterschiedlichem Maße radiologische Folgen entstehen.

Inventar

Typischerweise enthält das radioaktive Inventar von Kernreaktoren die schwerflüchtigen Kernbrennstoffe

sowie die aus der Kernspaltung entstehenden Spaltprodukte

  • Edelgase wie Krypton (z. B. Krypton-85) und Xenon (z. B. Xenon-133),
  • leichtflüchtige radioaktive Stoffe wie Jod (z. B. Jod-131, Jod-132), Cäsium (Cäsium-134 und -137), Ruthenium-106 und Tellur-132,
  • schwerflüchtige radioaktive Stoffe wie Strontium (Strontium-89 und -90)

und weitere Elemente.

Welche radioaktiven Stoffe in welchen Mengen im Reaktorkern vorhanden sind, hängt unter anderem davon ab, in welcher Betriebsphase sich ein Reaktor befindet (d. h., wie weit die Brennelemente im Reaktor "abgebrannt" sind) - und (im Falle eines Unfalles) wieviel Zeit seit dem Beenden der im Reaktor ablaufenden nuklearen Kettenreaktion verstrichen ist.

Freisetzung

Welche Radionuklide bei einem Unfall konkret in welchen Mengen freigesetzt werden können, ist zudem abhängig vom Reaktortyp und von bei einem Unfall konkret auftretenden Schäden am Reaktor – und ist unmöglich ganz allgemein im Vorhinein vorherzusagen.

Kommt es zu einem Unfall, macht in der Regel der Betreiber der Anlage eine Aussage zu Art und Menge der freigesetzten Radionuklide, die durch Messungen überprüft wird.

Bei schweren Unfällen können bei einer unfallbedingten Freisetzung bis zu 100 Prozent der radioaktiven Edelgase freigesetzt werden. Die meisten radioaktiven Edelgase sind sehr kurzlebig und gleich nach der Freisetzung oder nach kurzer Ausbreitungszeit zerfallen. In geringerem Umfang können auch an Staubpartikel gebundene Radionuklide und gasförmige Stoffe freigesetzt werden, zum Beispiel der gasförmige und der partikelgebundene Anteil von Jod-131. Erfolgt eine Freisetzung über den Abluftkamin des Reaktorgebäudes, ist entscheidend, ob der Filter im Abluftkamin vollständig funktioniert:

  • Wenn ja, entweichen hauptsächlich Edelgase wie Xenon und Krypton und teilweise auch andere gasförmige radioaktive Stoffe wie etwa der gasförmige Anteil von Jod-131.
  • Wenn nein, können neben den Edelgasen auch Aerosole (an Luftstaubstoffe gebundene Radionuklide wie z. B. Cäsium-134, Cäsium-136, Barium-137, außerdem auch der nicht-gasförmige Anteil von Jod-131) entweichen.
Räumliche Reichweite der Freisetzung

Je nach Art des Unfalls können freigesetzte radioaktive Stoffe unterschiedlich hoch in die Atmosphäre gelangen, mit dem Wetter (Wind und Niederschläge) unterschiedlich weit transportiert werden und sich so in unterschiedlichem Maße in den Meeren und auf den Landflächen der Erde verteilen:

  • Kommt es bei einem Unfall zu hoher Temperaturentwicklung z. B. durch Brände, können freigesetzte leichtflüchtige Radionuklide mit dem thermischen Auftrieb in große Höhen gelangen und dort sehr weit transportiert werden.
  • Werden schwerflüchtige radioaktive Stoffe wie zum Beispiel Strontium und Plutonium freigesetzt, lagern sie sich vor allem in der näheren Umgebung eines Kernkraftwerks ab.

Beispiele: Beim Unfall von Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) gelangten die freigesetzten radioaktiven Elemente durch hohe Temperaturen in große Höhen und wurden über weite Teile Europas verteilt. Durch die geringere Aufstiegshöhe und die Insellage von Japan, wurden beim Unfall von Fukushima auf dem Land vor allem Gebiete nordwestlich der Reaktoranlage hoch kontaminiert, jedoch außerhalb von Japan auf Landmassen nur sehr geringe Kontaminationen mit radioaktiven Stoffen aus den Reaktoren von Fukushima festgestellt. Ein Großteil der Radionuklide verteilte sich durch die vorherrschenden Winde auf dem Pazifik.

Schwere und Dauer der Umweltkontaminationen und ihren Folgen

Wie stark die Umwelt von den Folgen eines Kernkraftwerks-Unfalls betroffen ist, hängt davon ab,

  • welche Art und Menge an radioaktiven Stoffen bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk freigesetzt wird,
  • wie weit sie aufgrund des Wetters transportiert werden,
  • wie stark sie während des Transportes mit der Luft oder im Wasser verdünnt werden und
  • wo sie sich tatsächlich in welchem Maße auf dem Boden ablagern.

Wie lange die Umwelt von den Folgen eines Kernkraftwerks-Unfalls betroffen ist, hängt in erster Linie von der Halbwertszeit der freigesetzten radioaktiven Stoffe ab: So ist radioaktives Jod-131 aufgrund seiner relativ kurzen Halbwertszeit von rund 8 Tagen nach einem Vierteljahr fast vollständig zerfallen, während radioaktives Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit von rund 30 Jahren und Plutonium-Isotope mit Halbwertszeiten von vielen tausend Jahren die Umwelt langfristig kontaminieren können.

Dekontaminationsmaßnahmen wie etwa die Reinigung von Oberflächen mit Hochdruckreinigern, das Abtragen und Entsorgen von Oberboden, die Mahd und Entsorgung kontaminierter Pflanzen können helfen, die Folgen der Umweltkontaminationen zu verringern.

Bedeutung für Deutschland

Kommt es zu einem schweren Unfall in einem Kernkraftwerk im grenznahen Ausland, könnte Deutschland - je nach Windrichtung zum Zeitpunkt des Unfalls - von der radioaktiven Wolke in gleicher Schwere betroffen sein wie bei einem schweren Kernkraftwerks-Unfall innerhalb Deutschlands.

Bei schweren Kernkraftwerks-Unfällen im grenzferneren europäischen Ausland oder in anderen Teilen der Welt ist die Höhe der Kontamination in Deutschland abhängig von der Art und Menge der Freisetzungen beim Unfall, den aktuellen Wetterbedingungen und der Entfernung von Deutschland – wobei sich die Konzentration der Teilchen in der Luft umso mehr verdünnt, je länger der Weg nach Deutschland ist. Bei Unfällen außerhalb Europas lassen sich in Deutschland nur winzige Spuren von Radioaktivität mit hochempfindlichen Messgeräten messen.

Unfall in kerntechnischen Anlagen (die keine Kernkraftwerke sind)Einklappen / Ausklappen

Kerntechnische Anlage und Umwelt (Symbolbild)

Kerntechnische Anlagen, die keine Kernkraftwerke sind, sind zum Beispiel End- und Zwischenlager für radioaktive Abfälle, Anlagen zur Kernbrennstoffver- und -entsorgung oder Forschungsreaktoren.

Inventar

Das radioaktive Inventar dieser Anlagen ist in der Regel deutlich geringer als in Kernkraftwerken. Ein Beispiel: Forschungsreaktoren werden mit wenigen Kilogramm Uran-235 betrieben, Kernkraftwerke benötigen dagegen mehrere Tonnen Uran-235 pro Jahr im laufenden Betrieb.

Kerntechnische Anlagen, die keine Kernkraftwerke sind, können eine Vielzahl von radioaktiven Stoffen enthalten, wie etwa

  • leichtflüchtige radioaktive Stoffe wie Jod (Jod-131), Cäsium (Cäsium-134 und -137), Ruthenium-106 und Tellur-132,
  • schwerflüchtige radioaktive Stoffe wie Plutonium-238/239/240/241 und Strontium (Strontium-89/90), sowie
  • weitere Elemente.
Freisetzung

Welche radioaktiven Stoffe in welchen Mengen in einer kerntechnischen Anlage vorhanden sind und bei einem Unfall freigesetzt werden können, hängt unter anderem davon ab, um was für eine kerntechnische Anlage es sich handelt und in welchen Mengen dort radioaktive Stoffe vorhanden sind. Im Inventar von End- und Zwischenlagern sind nur noch langlebige radioaktive Stoffe vorhanden (d.h., keine kurzlebigen radioaktiven Stoffe wie etwa radioaktives Jod, Ruthenium-106 oder Tellur-132).

Kommt es zu einem Unfall, macht in der Regel der Betreiber der Anlage eine Aussage zu Art und Menge der freigesetzten Radionuklide, die durch Messungen überprüft wird.

Räumliche Reichweite der Freisetzung

Je nach Art des Unfalls und der Art der verunfallten kerntechnischen Anlage können sich freigesetzte radioaktive Stoffe unterschiedlich weit verteilen: Während schwerflüchtige radioaktive Stoffe, wie zum Beispiel Plutonium oder Strontium, meist in unmittelbarer Umgebung der verunfallten Anlage abgelagert werden, können leichtflüchtige radioaktive Stoffe mit Wind und Wetter verteilt und abgelagert werden.

Auch Boden und Wasser können in der direkten Umgebung der verunfallten kerntechnischen Anlage kontaminiert werden.

Schwere und Dauer der Umweltkontaminationen und ihren Folgen

Wie stark die Umwelt von den Folgen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen ist, hängt davon ab,

  • wie viele radioaktive Stoffe bei einem Unfall freigesetzt werden,
  • wie weit sie sich verteilen können,
  • wie stark sie dabei verdünnt werden und
  • wo sie sich tatsächlich in welchem Maße ablagern.

Wie lange die Umwelt von den Folgen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen ist, hängt in erster Linie von der Halbwertszeit der freigesetzten radioaktiven Stoffe ab: So ist radioaktives Jod-131 aufgrund seiner relativ kurzen Halbwertszeit von rund 8 Tagen nach ungefähr einem Vierteljahr fast vollständig zerfallen, während radioaktives Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit von rund 30 Jahren die Umwelt langfristig kontaminiert.

Dekontaminationsmaßnahmen wie etwa die Reinigung von Oberflächen (Straßen, Häuser, Dächer) mit Hochdruckreinigern, das Abtragen und Entsorgen von Oberboden, die Mahd und Entsorgung kontaminierter Pflanzen können helfen, die Folgen der Umweltkontaminationen zu verringern.

Bedeutung für Deutschland

Kommt es zu einem schweren Unfall in einer kerntechnischen Anlage (kein Kernkraftwerk) in Deutschland oder im grenznahen Ausland, wäre Deutschland in weit geringerem Maße als bei einem schweren Unfall in einem Kernkraftwerk betroffen.

Bei schweren Unfällen in kerntechnischen Anlagen (keine Kernkraftwerke) im grenzferneren europäischen Ausland oder in anderen Teilen der Welt sind Kontaminationen in Deutschland abhängig der Art und Menge der Freisetzungen beim Unfall, den aktuellen Wetterbedingungen und der Entfernung von Deutschland. Aufgrund des deutlich geringeren Inventars gegenüber Kernkraftwerken ist auch hier das Ausmaß deutlich geringer als bei einem schweren Unfall in einem Kernkraftwerk.

Die Konzentration der Teilchen verdünnt sich in der Luft oder im Wasser umso mehr, je weiter sie transportiert werden. Bei Unfällen außerhalb Europas lassen sich in Deutschland – wenn überhaupt - nur winzige Spuren von Radioaktivität mit hochempfindlichen Messgeräten messen.

Terroristischer oder anderweitig motivierter Anschlag Einklappen / Ausklappen

Grafik: Missbräuchlich verwendetes radioaktives Material in einem Koffer und Umwelt (Symbolbild)

Bei terroristischen oder anderweitig motivierten Anschlägen können auch radioaktive Stoffe eine Rolle spielen und missbräuchlich verwendet werden.

Die Verwendung einer "Schmutzigen Bombe" (d. h. einer herkömmlichen Bombe, die als "Beiladung" radioaktive Stoffe enthält, die bei einer Explosion verteilt werden) und vergleichbare Szenarien gelten als möglicher Fall einer vorsätzlich missbräuchlichen Verwendung radioaktiven Materials. Andere Szenarien wie die Verwendung einer improvisierten Kernwaffe werden von Fachleuten demgegenüber bislang für sehr viel unwahrscheinlicher gehalten.

Radioaktive Stoffe, die freigesetzt werden können

Mutmaßlich wird sich ein potenzieller Täter zur Herstellung einer "Schmutzigen Bombe" radioaktiver Stoffe bedienen, die in Technik oder Medizin häufig Anwendung finden.

Welche radioaktiven Stoffe in welchen Mengen bei einem Anschlag freigesetzt werden können, ist unmöglich ganz allgemein im Vorhinein vorherzusagen.

Räumliche Reichweite der Freisetzung

Je nach Menge des verwendeten Sprengstoffs und weiterer Parameter wie den Wetterbedingungen können sich freigesetzte radioaktive Stoffe unterschiedlich weit verteilen.

Es ist damit zu rechnen, dass sich die Freisetzung vor allem auf das direkte Umfeld der Explosion (einige hundert Meter bis maximal wenige Kilometer Entfernung) auswirken wird. Auch Gebäude und Boden können in der direkten Umgebung kontaminiert werden.

Schwere und Dauer der Umweltkontaminationen und ihren Folgen

Wie stark und wie lange die Umwelt von den Folgen eines terroristisch oder anderweitig motivierten Anschlags mit radioaktiven Stoffen betroffen ist, hängt davon ab,

  • welche und wie viele radioaktive Stoffe ein- und freigesetzt werden,
  • wie weit sie sich verteilen können,
  • wie stark sie dabei verdünnt werden und
  • wo sie sich tatsächlich in welchem Maße ablagern.

Dekontaminationsmaßnahmen wie etwa die Reinigung von Oberflächen mit Hochdruckreinigern, das Abtragen und Entsorgen von Oberboden, die Mahd und Entsorgung kontaminierter Pflanzen können helfen, die Folgen der Umweltkontaminationen zu verringern.

Radiologische Bedeutung

Die radiologischen Gefahren einer "Schmutzigen Bombe" werden im Allgemeinen überschätzt. Dies bezieht sich ausdrücklich auf die radiologischen Gefahren, für die Beurteilung anderer Gefahrenaspekte (wie etwa Explosionswirkung oder psychologische Wirkung) gilt diese Einschätzung nicht.

Auf operativer Seite sind die deutschen Sicherheitsbehörden, einschließlich des BfS, auf die Abwehr einer Anschlagssituation unter Verwendung einer "Schmutzigen Bombe" gut vorbereitet. Der Prävention gegen den illegalen Erwerb und den missbräuchlichen Einsatz solcher Quellen kommt ein hoher Stellenwert zu. Die in der Bundesrepublik auf den hier einschlägigen Gebieten bereits getroffenen Maßnahmen begründen einen im europäischen Vergleich hohen Standard.

TransportunfallEinklappen / Ausklappen

Transport radioaktiver Stoffe und Umwelt (Symbolbild)

Radioaktive Stoffe werden in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens angewendet, etwa in der Medizin, in der Technik, in der Forschung oder zur Energiegewinnung. Ihr Transport auf der Straße und Schiene zu ihrem Einsatzort muss sehr strenge Sicherheitsvorschriften erfüllen.

Weltweit werden in den gesetzlichen Vorschriften für den Transport radioaktiver Stoffe Empfehlungen der Internationalen Atomenergie-Organisation (International Atomic Energy Agency – IAEA) umgesetzt. Gemäß dem Konzept des "sicheren Versandstücks" soll beim Transport radioaktiver Stoffe die Sicherheit weitgehend verkehrsträgerunabhängig durch das Versandstück selbst gewährleistet sein.

Radioaktive Stoffe, die freigesetzt werden können

Der Transport radioaktiver Stoffe reicht von Material, das für medizinische Zwecke benötigt wird, bis hin zu Castor-Transporten abgebrannter Brennelemente. Den zahlenmäßig größten Anteil an Transporten radioaktiver Stoffe haben radioaktive Stoffe für Mess-, Forschungs- und medizinische Zwecke. Das können zum Beispiel die leicht- und schwerflüchtigen radioaktiven Stoffe

  • Jod-131 (Schilddrüse) für medizinische Zwecke
  • Phosphor-32 für medizinische Zwecke (Strahlentherapie)
  • Kohlenstoff-14 für Forschungszwecke (Altersbestimmung)

und weitere Elemente sein.

Welche radioaktiven Stoffe bei einem Transportunfall (zum Beispiel einem Verkehrsunfall) freigesetzt werden können, ist unmöglich ganz allgemein im Vorhinein vorherzusagen.

Werden radioaktive Stoffe mit höheren Aktivitäten transportiert (wie etwa abgebrannte Brennelemente), müssen die Transportbehälter so beschaffen sein, dass sie auch bei schwersten Unfällen dicht bleiben, so dass ein Austritt von Radioaktivität so gut wie ausgeschlossen ist.

Räumliche Reichweite der Freisetzung

Kommt es bei einem Transport radioaktiver Stoffe zu einem Unfall, ist aufgrund der Sicherheitsanforderungen an Transportbehälter in der Regel nur ein relativ kleiner Bereich (im Bereich von einigen Metern) um die Unfallstelle betroffen.

Schwere und Dauer der Umweltkontaminationen und ihren Folgen

Wenn es zu einer Freisetzung aufgrund eines Unfalls während des Transports von radioaktiven Stoffen kommt, erfolgt diese wahrscheinlich schnell und ist von relativ kurzer Dauer.

Wie lange die Umwelt von den Folgen eines solchen Unfalls betroffen ist, hängt in erster Linie von der Halbwertszeit der freigesetzten radioaktiven Stoffe ab: So ist radioaktives Jod aufgrund seiner relativ kurzen Halbwertszeit von rund 8 Tagen nach einem Vierteljahr fast vollständig zerfallen, während radioaktives Cäsium mit einer Halbwertszeit von rund 30 Jahren die Umwelt langfristig kontaminiert.

Dekontaminationsmaßnahmen wie etwa die Reinigung von betroffenen Oberflächen mit Hochdruckreinigern sowie das Abtragen und Entsorgen von Oberboden können helfen, die Folgen der Umweltkontaminationen zu verringern.

Herrenlose Strahlenquellen, offene radioaktive Stoffe Einklappen / Ausklappen

Herrenlose radioaktive Stoffe und Umwelt (Symbolbild)

Trotz staatlicher Kontrolle beim Umgang mit radioaktiven Stoffen kann der Verlust eines Strahlers oder der Fund einer herrenlosen Strahlenquelle nicht vollständig ausgeschlossen werden. Auch Unfälle beim Umgang mit radioaktiven Stoffen oder das versehentliche Einschmelzen von radioaktiven Quellen sind denkbar.

Gefunden werden herrenlose und in der Regel wegen Unkenntnis entsorgte Strahlenquellen häufig in Schrott- oder Müll-Containern, da die meisten der in diesem Bereich in Deutschland tätigen Unternehmen über entsprechende Strahlenmesseinrichtungen verfügen.

Aktivität radioaktiver Stoffe, die freigesetzt werden können

Die Aktivität der gefundenen oder verloren gegangenen Strahlenquellen ist in den meisten Fällen gering (zum Beispiel bei unwissentlich entsorgten Ionisationsrauchmeldern), so dass bei missbräuchlicher Nutzung keine hohe Gefährdung zu erwarten ist.

Räumliche Reichweite der Freisetzung

Werden herrenlose Strahlenquellen gefunden, sind die Folgen in der Regel sehr kleinräumig, typischerweise sind weder Katastrophenschutzmaßnahmen noch Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen erforderlich.

Während bei umschlossenen radioaktiven Quellen mögliche Freisetzungen lokal auf den Standort der Quelle begrenzt sind, können Kontaminationen durch radioaktive Quellen, deren Umhüllung unabsichtlich oder mutwillig beschädigt oder geöffnet wurde, durch Personen und Fahrzeuge verschleppt oder durch Brand oder Wind mit der Luft verteilt werden.

Schwere und Dauer der Umweltkontaminationen und ihren Folgen

Die Dauer der Beeinträchtigung der Umwelt hängt von der Höhe der Kontamination und den Halbwertszeiten der beteiligten Nuklide ab.

Ohne Dekontaminationsmaßnahmen wären das für Kontaminationen durch Jod-131 rund 3 Monate, für Kontaminationen durch Cäsium-137 rund 300 Jahre. Dekontaminationsmaßnahmen wie das Abspülen der Oberflächen von Gegenständen oder der Austausch von Boden können den Zeitraum der Beeinträchtigungen verkürzen.

Absturz eines Satelliten mit radioaktivem InventarEinklappen / Ausklappen

Satellit mit radioaktivem Inventar (Symbolbild)

Haben Satelliten einen höheren Energiebedarf, kommt es vor, dass sie zur Stromversorgung so genannte Radionuklidbatterien mit nuklearem oder radiologisch relevantem Material oder einen Miniatur-Kernreaktor nutzen.

Am Ende ihrer Lebensdauer werden solche Satelliten in eine höhere Erdumlaufbahn geschossen, damit die in ihnen vorhandene Aktivität abklingen kann. Bisher kam es zweimal zu einem Absturz eines Satelliten mit einem Miniatur-Reaktor an Bord, einmal über dem Südatlantik (1983) und einmal über Kanada (1978).

Radioaktive Stoffe, die freigesetzt werden können

Das radioaktive Inventar eines mit einem Miniatur-Kernreaktor bestückten Satelliten ähnelt dem eines kleinen Kernreaktors. Es besteht vor allem aus Uran-235 und dessen Spaltprodukten.

In Radionuklidbatterien können verschiedene radioaktive Stoffe verwendet werden. Überwiegend wird Plutonium-238 genutzt, aber auch Polonium-210, Strontium-90 und weitere sind denkbar.

Im Vergleich zu Kernkraftwerken mit einer Leistung von rund 3.000 Megawatt ist die Leistung der in Satelliten verwendeten Batterien oder Miniatur-Reaktoren erheblich geringer, sie liegt in der Regel zwischen 0,01 bis 1 Kilowatt (Radionuklidbatterien) und 10 bis 100 Kilowatt (Miniatur-Reaktoren). Entsprechend kleiner ist auch ihr Inventar radioaktiver Stoffe.

Räumliche Reichweite der Freisetzung

Verglüht der Satellit mitsamt seiner Radionuklidbatterie beim Eintritt in die obere Atmosphäre, kann es in der oberen Atmosphäre zu einer großflächigen (möglicherweise sogar weltweiten) Verteilung der in dem Satelliten enthaltenen radioaktiven Stoffe kommen. Diese verbleiben Jahre und Jahrzehnte in der oberen Atmosphäre und sind am Boden nicht nachweisbar.

Verglüht der Satellit mitsamt seiner Radionuklidbatterie beim Eintritt in die Atmosphäre nicht vollständig, können nicht verglühte Bruchstücke des Satelliten die Erdoberfläche erreichen und sich beim Absturz über eine Länge von einigen hundert Kilometern und eine Breite von einigen zehn Kilometern entlang der ursprünglichen Flugrichtung verteilen. Rund um Bruchstücke der Radionuklidbatterie oder des Reaktors können in unmittelbarer Nähe (d. h. bis zu einige zehn Meter Abstand) hohe Dosisleistungen auftreten.

Schwere und Dauer der Umweltkontaminationen und ihren Folgen

Wie stark die Umwelt von den Folgen eines Absturzes eines mit nuklearem oder radiologisch relevantem Material bestückten Satelliten betroffen ist, hängt davon ab,

  • wie groß das radioaktive Inventar des Satelliten war,
  • ob und wie stark der Satellit beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglüht ist, und
  • wo und wie weit verteilt die Satellitenbruchstücke die Erdoberfläche erreichen.

Wie lange die Umwelt von den Folgen eines solchen Absturzes betroffen ist, hängt in erster Linie von der Halbwertszeit der freigesetzten radioaktiven Stoffe ab: So kann Plutonium-238, das am häufigsten in Radionuklidbatterien verwendet wird, mit einer Halbwertszeit von knapp 88 Jahren die Umwelt langfristig kontaminieren.

Auf dem Boden abgelagerte radioaktive Teilchen sind schwer löslich, da sie in der Atmosphäre hohen Temperaturen ausgesetzt waren. Daher ist ein Transfer in Nahrungsmittel oder in Pflanzen praktisch ausgeschlossen. Milch, Fleisch, Wurzelgemüse und geschälte Pflanzen sind nicht kontaminiert. Nur dem direkten Fallout ausgesetzte pflanzliche Nahrungsmittel wie oberflächlich wachsendes Frischgemüse und Obst können kontaminiert sein.

Dekontaminationsmaßnahmen konzentrieren sich in erster Linie auf das Auffinden, Einsammeln (durch Entfernen der obersten Bodenschicht) und Abtransportieren von radioaktiven Bruchstücken.

Bedeutung für Deutschland

Ein Satellitenabsturz über Deutschland ist sehr unwahrscheinlich. Moderne Satelliten werden normalerweise gezielt über dem Pazifik in Bereichen mit wenig Schiffsverkehr zum Absturz gebracht.

Unklare SituationEinklappen / Ausklappen

Fragezeichen mit Radioaktivitätssymbol, das als Punkt dient, und Umwelt/Pflanze (Symbolbild)

Eine unklare Situation liegt vor, wenn Meldungen oder Gerüchte auf eine Freisetzung zum Beispiel durch einen Unfall in einer kerntechnischen Anlage hindeuten, die Informationen jedoch nicht bestätigt worden sind. Ein Beispiel für solch eine Situation ist die Messung von Ruthenium-106 an zahlreichen Messstellen in Europa Anfang Oktober 2017.

Welche Radionuklide typischerweise freigesetzt werden, wie schwer die Freisetzung ist, wie weit sie räumlich reicht und wie lange sie dauert, lässt sich nur schwer vorhersagen.

Nuklearwaffen-ExplosionEinklappen / Ausklappen

Nuklearwaffen und Umwelt (Symbolbild)

Explodiert eine Nuklearwaffe, führen Kernspaltungs- und/oder Kernfusionsprozesse dazu, dass sich radioaktive Stoffe in der Umwelt verbreiten. In der Regel werden radioaktive Stoffe unterschiedlicher Art und Menge dabei sehr schnell und nur relativ kurz (explosionsartig) freigesetzt. Abhängig von der räumlichen Entfernung zum Explosionsort können die Auswirkungen für Deutschland sehr unterschiedlich sein.

Radioaktive Stoffe, die freigesetzt werden können

Die meisten der radioaktiven Stoffe, die in einer Nuklearwaffe enthalten sind sowie bei ihrer Explosion entstehen, kommen auch im radioaktiven Inventar von Kernkraftwerken vor. Während bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk jedoch in der Regel hauptsächlich radioaktive Stoffe freigesetzt werden, die flüchtig bzw. ohnehin gasförmig sind, gelangen durch die Explosion einer Nuklearwaffe alle enthaltenen und dabei entstehenden radioaktiven Stoffe in die Umwelt, unabhängig von ihrer individuellen Flüchtigkeit.

Der Grund: Die Explosion erzeugt innerhalb der ersten Minuten so enorm hohe Temperaturen, dass alle radioaktiven Stoffe aus dem Explosionsprozess – anders als bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk – zunächst gasförmig vorliegen und entsprechend freigesetzt werden. Mit fortschreitender Abkühlung verflüssigen bzw. verfestigen sie und haften zum Beispiel an aufgewirbeltem Staub an.

Die freigesetzten radioaktiven Stoffe lassen sich aufgrund ihrer Entstehungsprozesse in Gruppen unterteilen:

  • Spaltprodukte
    Einige radioaktive Isotope entstehen bei der Kernspaltung des Waffenmaterials. Diese Gruppe sogenannter Spaltprodukte umfasst hunderte verschiedener Radionuklide, von denen der überwiegende Anteil sehr kurzlebig ist. Für den Strahlenschutz sind in dieser Gruppe besonders Barium-140, Lanthan-140 und -142, Tellur-132 und -134, Jod-132, -133, -134 und -135, Zirconium-95 und -97, Niob-95 und -97, Strontium-91 und -92, Yttrium-92, Cäsium-137 und -138, Cerium-143 und -144, Molybdän-99, Ruthenium-103 und -106 relevant.
  • Aktivierungsprodukte
    Durch Kontakt mit Neutronen, die bei der Kernspaltung des eigentlichen (radioaktiven) Waffenmaterials entstehen, können ursprünglich nicht-radioaktive Materialien, die in der Nuklearwaffe verbaut sind oder sich in deren Umgebung (Luft, Boden) befinden, in radioaktive Stoffe umgewandelt werden. Diese Gruppe sogenannter radioaktiver Aktivierungsprodukte umfasst zum Beispiel Mangan-54 und -56 sowie Cobalt-58 und -60.
  • Kernmaterial
    Freigesetzt wird zudem verbliebenes Kernmaterial, typischerweise Uran-235 und -238 sowie Plutonium-239.

Ein großer Anteil der radioaktiven Stoffe, die bei der Explosion einer Nuklearwaffe entstehen, ist kurzlebig, das heißt, er zerfällt sehr schnell. Dadurch nimmt die Menge an radioaktiven Stoffen (und damit auch die Strahlenbelastung, bzw. genauer: die Dosisleistung) nach einer solchen Explosion in allen betroffenen Gebieten sehr viel schneller ab als zum Beispiel nach einem Unfall in einem Kernkraftwerk. Konkret reduziert sie sich innerhalb von 48 Stunden um etwa einen Faktor 100. Das bedeutet: Nach 48 Stunden ist nur noch etwa ein Prozent der bei einer Nuklearwaffen-Explosion ursprünglich freigesetzten radioaktiven Stoffe in der Umwelt vorhanden.

Räumliche Reichweite der Freisetzung

Explodiert eine Nuklearwaffe, entsteht Sofortstrahlung und Reststrahlung:

  • Die Sofortstrahlung entsteht durch die Kernreaktionen bei der Explosion. Sie breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit in alle Richtungen aus. Ihre Quelle ist binnen Sekunden wieder erloschen. Für Personen, die sich ungeschützt in einem Umkreis von einigen Kilometern um den Explosionsort aufhalten, ist die Sofortstrahlung in der Regel tödlich. Spalt- und Aktivierungsprodukte, die bei der Explosion der Nuklearwaffe entstehen und in Bruchteilen von Sekunden wieder zerfallen, tragen erheblich zur Sofortstrahlung bei.
  • Die Reststrahlung stammt von den etwas längerlebigen radioaktiven Stoffen, die bei der Explosion entstehen. "Etwas längerlebig" bedeutet hier, dass diese Radionuklide anders als die für die Sofortstrahlung hauptsächlich verantwortlichen Spalt- und Aktivierungsprodukte länger als etwa 60 Sekunden bestehen, bevor sie zerfallen. Sie verteilen sich je nach Bauart der Nuklearwaffe und weiterer Parameter wie den Wetterbedingungen unterschiedlich weit und lagern sich nach und nach am Boden ab (Fallout).

Durch den Fallout aus der Reststrahlung können sehr viel größere Gebiete betroffen sein als durch die Sofortstrahlung, wenngleich die Dauer der Verteilung und Ablagerung der radioaktiven Stoffe begrenzt ist: 48 Stunden nach einer Nuklearwaffenexplosion ist nur noch etwa ein Prozent der ursprünglich freigesetzten radioaktiven Stoffe in der Umwelt vorhanden.

Maßgeblich für die atmosphärische Verbreitung der für die Reststrahlung verantwortlichen radioaktiven Stoffe ist die Sprengkraft der Nuklearwaffe und vor allem die Zündungshöhe über Grund:

  • Bei einer bodennahen Explosion verteilt sich der radioaktive Fallout auf Gebiete in geringerer Entfernung zum Explosionsort. Diese sind dadurch wesentlich stärker radiologisch betroffen als bei Explosionen in der Höhe.
  • Explosionen in größerer Höhe bewirken, dass sich der Radius der Druckwelle maximiert (typischer militärischer Einsatzzweck) und die freigesetzten radioaktiven Stoffe über ein sehr viel größeres Gebiet verteilt werden. Durch den längeren Transportweg durch die Luft und das größere Verteilgebiet ist die Konzentration des radioaktiven Fallouts jedoch geringer als bei einer bodennahen Explosion.
Schwere und Dauer der Umweltkontaminationen und ihren Folgen

Wie stark und wie lange die Umwelt von den radiologischen Folgen einer Nuklearwaffenexplosion betroffen ist, hängt davon ab,

  • welche und wie viele radioaktive Stoffe freigesetzt werden,
  • wie weit sie sich verteilen können,
  • wie stark sie dabei verdünnt werden und
  • wo sie sich tatsächlich in welchem Maße ablagern.

Dekontaminationsmaßnahmen wie etwa die Reinigung von Oberflächen mit Hochdruckreinigern, das Abtragen und Entsorgen von Oberboden, das Mähen und die Entsorgung kontaminierter Pflanzen können helfen, die Folgen der Umweltkontaminationen zu verringern.

Radiologische Bedeutung für Deutschland

Kommt es zu einer Nuklearwaffen-Explosion innerhalb oder außerhalb Europas,

  • ist die entstehende Sofortstrahlung in der Regel für Personen, die sich ungeschützt in einem Umkreis von einigen Kilometern um den Explosionsort aufhalten, tödlich.
  • könnte die entstehende Reststrahlung in Form von radioaktivem Fallout abhängig von der Entfernung und der Wetterlage Teile Deutschlands betreffen – auch bei Nuklearwaffen-Explosionen im Ausland, wobei sich die Konzentration der radioaktiven Teilchen in der Luft umso mehr verdünnt, je länger der Weg nach Deutschland ist.

Bei Nuklearwaffen-Explosionen außerhalb Europas lassen sich in Deutschland nur winzige Spuren von Radioaktivität mit hochempfindlichen Messgeräten messen. Beispielsweise lassen sich radioaktive Stoffe, die in den oberirdischen Kernwaffentests der 40er bis frühen 80er Jahre des letzten Jahrhunderts freigesetzt wurden, bis heute in winzigen Spuren in der Umwelt nachweisen - mit durch den radioaktiven Zerfall der freigesetzten Radionuklide abnehmender Tendenz.

Stand: 12.10.2023

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