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Radiologische Folgen eines Notfalls für den Menschen
- Gelangen bei einem Notfall radioaktive Stoffe und Gase in die Umwelt, können sie Menschen von außen bestrahlen oder, wenn sie in den Körper aufgenommen werden, von innen auf sie einwirken.
- Hohe Strahlendosen verursachen akute Strahlenschäden wie etwa Verbrennungen oder Haarausfall.
- Niedrige Strahlendosen können zu später auftretenden Strahlenschäden führen wie zum Beispiel zu Krebserkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist umso geringer, je niedriger die erhaltene Strahlendosis ist.
- Bei den meisten Unfällen mit Strahlenquellen ist die gefühlte Bedrohung für Menschen deutlich größer als die tatsächlich vorhandene.
- Wie kommen wir mit Strahlung in Kontakt?
- Was macht Strahlung mit uns?
- Einflussfaktoren
- Notfallszenarien helfen beim Schutz der Menschen vor radiologischen Folgen in Deutschland
Abhängig von Art und Schwere eines radiologischen Notfalls können
- radioaktive Gase wie zum Beispiel radioaktives Xenon oder radioaktives Krypton,
- leichtflüchtige radioaktive Teilchen wie zum Beispiel radioaktives Jod und radioaktives Cäsium und
- schwerflüchtige radioaktive Stoffe wie zum Beispiel Strontium oder Plutonium
in die Umwelt gelangen. So besteht das Risiko, dass Menschen einer erhöhten Strahlung ausgesetzt werden, die radiologische – also unmittelbar strahlungsbedingte – Folgen für sie haben kann. Daneben sind auch psychosoziale Folgen möglich, die nicht durch die Strahlung bedingt sind.
Menschen können Strahlung von außen ausgesetzt sein oder radioaktive Stoffe und Gase in sich aufnehmen.
Wie kommen wir mit Strahlung in Kontakt?
Befinden sich durch einen radiologischen Notfall radioaktive Stoffe in der Luft oder haben sie sich auf freien Flächen wie zum Beispiel Böden, auf der Kleidung und auf der Haut ablagern können, wird der Mensch durch sie von außen (extern) bestrahlt.
Menschen nehmen radioaktive Stoffe und Gase zudem über die Haut, mit der Atemluft oder mit der Nahrung in sich auf. Dort können die strahlenden Stoffe von innen auf den Körper einwirken.
In die Nahrung gelangen radioaktive Stoffe etwa über Ablagerungen auf Weiden, Nutzpflanzen und Gewässern.
Kontaktwege in verschiedenen Notfall-Phasen
Während einer Freisetzung von Radioaktivität
Während einer Freisetzung von Radioaktivität
Wenn Radioaktivität austritt, befinden sich die radioaktiven Stoffe zunächst in der Luft. So gelangen die Radionuklide vor allem durch Einatmen in den Menschen. Zum Beispiel reichert sich eingeatmetes radioaktives Jod verstärkt in der Schilddrüse an und bewirkt dort eine erhöhte Strahlendosis. Radioaktive Teilchen und Gase in der Luft bestrahlen den menschlichen Körper zudem direkt von außen.
Edelgase wie radioaktives Xenon oder Krypton werden anders als andere radioaktive Stoffe nach dem Einatmen direkt wieder ausgeatmet. Sie können sich so nicht im menschlichen Körper anreichern und führen nur während der sehr kurzen Verweilzeit in der Lunge zu einer minimalen Dosisbelastung. Da Edelgase sich auch nicht auf dem Boden ablagern können, tragen sie im Verlauf eines Notfalls fast ausschließlich durch Direktstrahlung aus der Luft zur Dosisbelastung des Menschen bei.
Nach einer Freisetzung von Radioaktivität
Nach einer (beendeten) Freisetzung von Radioaktivität
Nach einer (beendeten) Freisetzung von Radioaktivität gelangen durch Einatmen nur noch wenig Radionuklide in den Körper - zum Beispiel durch wieder aufgewirbelten, kontaminierten Staub. Menschen werden stattdessen durch die Kontamination des Bodens vor allem von außen (extern) bestrahlt.
Darüber hinaus nehmen Menschen mit kontaminiertem Essen und Trinkwasser radioaktive Stoffe und Gase in den Körper auf, die dort zerfallen und so eine erhöhte Strahlendosis verursachen. Dabei spielen zum Beispiel nach einem Unfall in einem Kernkraftwerk vor allem die radioaktiven Isotope von Cäsium, Jod und Strontium eine Rolle: Sie werden auf dem Boden abgelagert und gelangen anschließend über die Nahrungsmittelkette in den Menschen – etwa durch Milch von Kühen, die kontaminiertes Weidegras gefressen haben. Der menschliche Körper
- verwechselt dann radioaktives Cäsium mit Kalium und baut es in die Muskeln ein,
- integriert radioaktives Strontium statt Calcium in die Knochen und
- reichert die Schilddrüse, zum Teil auch die Muttermilch, mit radioaktivem statt mit nicht-radioaktivem Jod an.
Was macht Strahlung mit uns?
Trifft die von radioaktiven Stoffen ausgehende Strahlung auf Zellen des menschlichen Körpers, kann sie diese verändern oder zerstören. Im Allgemeinen ist die Zelle in der Lage, Strahlenschäden zu reparieren. Aus unzureichenden oder fehlerhaften Reparaturen können jedoch genetisch veränderte (mutierte) Zellen entstehen und sich vermehren. Ob und in welchem Ausmaß sich daraus gesundheitliche Schäden entwickeln, hängt von der Strahlendosis, der Strahlenart und dem betroffenen Organ oder Gewebe im Körper ab. Kinder reagieren empfindlicher auf Strahlung. Deshalb stellen geringere Dosen für sie ein größeres Risiko dar als für Erwachsene.
Im Allgemeinen gilt: Kurzzeitig und in geringem Maße mit radioaktiven Stoffen in Kontakt zu kommen oder entsprechend kontaminierte Luft einzuatmen,
- ist nicht lebensbedrohlich:
Der menschliche Körper ist permanent natürlicher Radioaktivität ausgesetzt und kann durch Strahlung entstandene Zell-Schädigungen im Normalfall gut reparieren. Allerdings: Je höher die Strahlenbelastung ist, desto schwieriger ist dies. Deshalb ist der radiologische Notfallschutz darauf ausgerichtet, Mensch und Umwelt vor hohen Strahlenbelastungen zu schützen. - ist nicht ansteckend:
Wird ein Mensch von außen bestrahlt, wird kein radioaktiver Stoff auf ihn übertragen. Diese Person ist nicht selbst radioaktiv und stellt keine Gefahr für andere dar. Kommt es zur Ablagerung radioaktiver Stoffe auf der Haut, kann die Kontamination zum Beispiel durch Duschen entfernt werden, so dass sie anschließend weder die Person noch andere belastet. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass infolge eines radiologischen Unfalls durch Einatmen oder mit der Nahrung so große Mengen radioaktiver Stoffe in den Körper gelangen und dort zerfallen können, dass die im Körper freigesetzte Strahlung Personen in der Nähe belasten würde. Radioaktive Stoffe verschwinden aus dem Körper in der Regel im Laufe der Zeit auf natürlichem Weg durch Zerfall - und viele auch durch Ausscheidung.
Welche Arten von Strahlenschäden gibt es?
Grundsätzlich lassen sich Strahlenschäden unterteilen in akute Strahlenschäden und spätere Strahlenfolgen.
Akute Strahlenschäden
Akute Strahlenschäden
Akute Strahlenschäden treten ab einer bestimmten, in kurzer Zeit erhaltenen, sehr hohen Strahlendosis sofort oder innerhalb weniger Wochen (manchmal Monate) auf. Solche früh auftretenden Schäden zählen zu den sogenannten deterministischen Schäden. Dies sind durch hohe Dosen verursachte Schäden an Geweben und Organen. Der entsprechende Wert für die Dosis heißt Schwellendosis.
Beispiele für solche Strahlenschäden sind das akute Strahlensyndrom oder die Rötung oder Verbrennung der Haut. Auch Haarausfall, Sterilität oder Blutarmut können Folgen eines akuten Strahlenschadens sein. Extrem hohe Strahlendosen können sogar zum Tod führen.
Spätere Strahlenfolgen
Spätere Strahlenfolgen
Stochastische Wirkungen (schematische Darstellung, Zahlenverhältnisse willkürlich)
Spätere Strahlenfolgen können auch durch weniger hohe Strahlendosen ausgelöst werden. Durch die erhaltene Strahlendosis erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Erkrankungen Jahre oder Jahrzehnte später auftreten können. Solche Strahlenfolgen werden fachsprachlich stochastische Strahlenschäden genannt.
Beispiele für diese Strahlenspätfolgen sind insbesondere Krebserkrankungen, vor allem Leukämie, Schilddrüsenkrebs, aber auch Brust- oder Darmkrebs. Die Wahrscheinlichkeit für stochastische Strahlenfolgen, die oft erst Jahre oder sogar Jahrzehnte nach Erhalt der auslösenden Strahlendosis auftreten, hängt von der Höhe der Dosis und der Art der Strahlung ab.
Ein Nachweis, dass Strahlung für ein bestimmtes Krankheitsbild verantwortlich ist, kann nur durch epidemiologische Studien (also durch statistische Auswertung einer großen Personenzahl) erbracht werden. Für eine individuelle Krebserkrankung einer einzelnen Person kann nicht verifiziert werden, was der tatsächliche Auslöser der Erkrankung war.
Einflussfaktoren
Ein Einflussfaktor ist das Wetter.
Ob und in welchem Maße Menschen individuell von gesundheitlichen Folgen eines radiologischen Notfalls betroffen sind, hängt davon ab, in welchem Maße sie der Strahlung, die von radioaktiven Stoffen ausgeht, ausgesetzt sind:
- Je geringer die Aufnahme radioaktiver Stoffe in den Körper,
- je geringer die Kontamination der Umwelt und
- je kürzer die Aufenthaltszeit in kontaminierten Gebieten,
desto geringer ist die Strahlenbelastung.
Neben den Einflussfaktoren Wetter, Entfernung und Zeit, die die Verteilung der freigesetzten radioaktiven Stoffe in die Umwelt beeinflussen, spielen verschiedene weitere Faktoren eine Rolle:
Strahlungsart der freigesetzten radioaktiven StoffeEinklappen / Ausklappen
Durchdringungsvermögen von Alpha-, Beta- und Gammastrahlung
Radioaktive Stoffe können auf unterschiedliche Arten zerfallen und dabei in unterschiedlichem Maße Alpha-, Beta- oder Gammastrahlung aussenden, die unterschiedliche biologische Wirkungen haben.
Alpha-Strahlung schädigt Gewebe nur auf kurzer Distanz, ist aber dort sehr wirksam. Sie ist besonders schädlich, wenn die Alpha-Strahlung aussendenden Stoffe eingeatmet werden, in der Lunge bleiben und dort zerfallen.
Für Strahlendosen durch Bestrahlung von außen ist überwiegend Gamma-Strahlung verantwortlich, die eine höhere Reichweite bei gleichzeitig geringerem "Zerstörungspotential" besitzt. Für eine Strahlendosis durch Bestrahlung von außen (zum Beispiel durch kontaminierten Boden) spielt Alpha-Strahlung aufgrund der geringen Reichweite keine Rolle.
Halbwertszeiten der freigesetzten radioaktiven StoffeEinklappen / Ausklappen
Während jeder Halbwertszeit halbiert sich die Anzahl der radioaktiven Atome eines Radionuklids.
Radioaktive Stoffe besitzen unterschiedliche Halbwertszeiten. Nach der Halbwertszeit ist die Hälfte der Radionuklide zerfallen und kann damit nicht mehr zu einer Strahlenbelastung beitragen. Haben Radionuklide eine lange Halbwertszeit, kontaminieren sie die Umwelt langfristig. Und sie sorgen dafür, dass Menschen der Strahlung entsprechend lange ausgesetzt sind.
Aus diesem Grund ist zum Beispiel radioaktives Cäsium-137 mit 30 Jahren Halbwertszeit auch lange nach einem Kernkraftwerks-Unfall noch relevant. Radioaktives Jod-131 mit 8 Tagen Halbwertszeit ist dagegen bereits nach wenigen Wochen praktisch vollständig aus der Umwelt verschwunden.
Aufenthaltszeit in kontaminierter Luft und/oder auf kontaminiertem BodenEinklappen / Ausklappen
Kommt es nach einem radiologischen Notfall zu kontaminierten Luftmassen ("radioaktive Wolke"), ist die Strahlenbelastung für einen Menschen umso niedriger, je kürzer er sich in diesen Luftmassen aufhält und die kontaminierte Luft einatmet.
Ähnliches gilt für den Aufenthalt auf kontaminiertem Boden: Die Strahlenbelastung für einen Menschen ist hier umso geringer, je kürzer er sich im kontaminierten Gebiet aufhält und der von außen auf den Körper einwirkenden Strahlung ausgesetzt ist.
Aufnahmemenge kontaminierter Lebensmittel mit der NahrungEinklappen / Ausklappen
Werden nach einem radiologischen Notfall Nahrungsmittel kontaminiert, ist die Strahlenbelastung für einen Menschen umso niedriger, je weniger kontaminierte Lebensmittel er zu sich nimmt.
AltersgruppeEinklappen / Ausklappen
Kinder reagieren im Allgemeinen empfindlicher auf Strahlung. Deshalb stellen geringere Strahlendosen für sie ein größeres Risiko dar als für Erwachsene.
Notfallszenarien helfen beim Schutz der Menschen vor radiologischen Folgen in Deutschland
Je nach Art und Schwere eines Notfalls sind die radiologischen Auswirkungen auf die Menschen sehr unterschiedlich. Die Unterteilung denkbarer radiologischer Notfälle in verschiedene Notfallszenarien hilft, die radiologischen Folgen für Menschen vorausschauend einzuschätzen und Strategien zum Schutz von Mensch und Umwelt zu entwickeln.
Mit welchen Folgen für die Menschen in Deutschland ist in den Notfallszenarien zu rechnen?
Unfall in einem Kernkraftwerk im Inland oder im grenznahen Ausland Einklappen / Ausklappen
Die bei einem schweren Kernkraftwerks-Unfall
- im Inland oder
- im grenznahen Umland
freigesetzten radioaktiven Stoffe können mit Wind und Wetter in unterschiedlichem Maße über das gesamte deutsche Bundesgebiet verteilt werden. Sie können von Menschen über die Atmung und/oder die Nahrung aufgenommen werden. Zudem kann die von den radioaktiven Stoffen ausgehende Strahlung von außen auf Menschen einwirken.
Die radiologischen Folgen für Menschen sind stark abhängig davon, welche radioaktiven Stoffe freigesetzt wurden, wie weit der Unfallort von ihnen entfernt ist und wie lange sie sich im betroffenen Gebiet aufhalten. Außerdem ist relevant, ob und in welchem Maße sie radioaktive Stoffe einatmen, essen oder trinken:
- Akute (deterministische) Strahlenschäden können in sehr unwahrscheinlichen Fällen die Bevölkerung in der nächsten Nähe zum Kernkraftwerk (bis zu 3–5 Kilometer Entfernung) betreffen, falls die Menschen der Strahlung ungeschützt ausgesetzt sind.
- Spätere (stochastische) Schäden wie etwa Krebserkrankungen sind in Deutschland außerdem möglich.
- Psychosoziale Folgen sind sehr wahrscheinlich: Die Angst vor radioaktivem Material und das mangelnde Wissen sowohl über Ausbreitung und Wirkung von Radioaktivität als auch über Schutzmöglichkeiten können Menschen verunsichern und zu ihrer psychischen Belastung beitragen.
Small Modular Reactors (SMR)
Weltweit gibt es Bestrebungen, künftig sogenannte SMRs (Small Modular Reactors) für die Energieerzeugung zu entwickeln und zu nutzen. SMRs sind kleine, modular aufgebaute Kernkraftwerke. Im Moment werden in verschiedenen Ländern unterschiedliche Konzepte von solchen Kleinreaktoren entwickelt.
Das BfS beschäftigt sich mit der Frage, welche Auswirkungen ein möglicher Notfall in SMRs auf die Umgebung haben könnte. Erste Abschätzungen legen nahe, dass auch Schutzmaßnahmen außerhalb der eigentlichen Anlage erforderlich sein könnten. Die Untersuchungen des BfS beziehen sich auf einen bestimmten Notfallablauf in einem speziellen Reaktortyp. Weitere konkrete Untersuchungen sind notwendig, um eine anlagenspezifische Einschätzung der Gefährdungspotenziale von SMRs zu erlangen. Generell wären die Auswirkungen von Notfällen bei SMRs wahrscheinlich geringer als bei den bisher üblichen großen Kernkraftwerken.
Das BfS verfolgt die aktuellen Entwicklungen zu SMRs zusammen mit anderen nationalen und internationalen Institutionen. Die Notfallpläne in Deutschland werden angepasst, falls sich aus den weiteren Bewertungen ergibt, dass bei möglichen Notfällen im Zusammenhang mit SMRs im Ausland Schutzmaßnahmen in Deutschland erforderlich werden könnten (z.B. Maßnahmen für landwirtschaftliche Produkte).
Zum Hintergrund:
Für die bisher üblichen großen Kernkraftwerke könnten bei einem Notfall folgende Schutzmaßnahmen im Umkreis der Anlage notwendig werden: Evakuierung, Einnahme von Jodtabletten sowie Aufenthalt in Gebäuden. Auch Vorkehrungen im Bereich der Landwirtschaft sind denkbar. Ob und, wenn ja, zu welchem Zeitpunkt diese Maßnahmen ergriffen werden müssten, entscheiden die Katastrophenschutzbehörden vor Ort und informieren darüber.
Beispiel: Radiologische Folgen des Unfalls im japanischen Fukushima 2011 für die dortige Bevölkerung
Kernkraftwerk Fukushima Daiichi
Quelle: Taro Hama @ e-kamakura/Moment/Getty Images
Nach dem Unfall im Kernkraftwerk im japanischen Fukushima im Jahr 2011 wurde in Japan die effektive Dosis abgeschätzt, welche Menschen in den nicht evakuierten Gemeinden oder Gemeindeteilen der Präfektur Fukushima durch die beim Unfall freigesetzten radioaktiven Stoffe erhalten hatten. In diesen außerhalb der Evakuierungsgebiete am höchsten belasteten Gebieten wurde so eine effektive Dosis von etwa 3 bis 5,3 Millisievert für die dort lebendende Bevölkerung ermittelt. Das ist etwa 100-mal niedriger als der Schwellenwert, ab dem akute (deterministische) Strahlenschäden auftreten. Der Wert entspricht dem etwa 1,5-2,5-fachen der natürlichen Strahlung, der Menschen in Deutschland jährlich ausgesetzt sind.
- Akute Strahlenschäden (deterministische Effekte) traten weder in der japanischen Bevölkerung noch bei den in unmittelbarer Nähe zum verunfallten Reaktor arbeitenden Einsatzkräften auf – auch, weil die einschlägigen Sicherheitsvorschriften für die Einsatzkräfte eingehalten wurden.
- Spätere (stochastische) Effekte wie etwa ein erkennbarer Anstieg von strahlungsbedingten Schilddrüsenkrebserkrankungen sind nach aktuellen Dosis- und Risikoabschätzungen höchstwahrscheinlich in keiner der betrachteten Altersgruppen zukünftig zu erwarten. Der Wissenschaftliche Ausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen atomarer Strahlung (UNSCEAR) geht davon aus, dass ein im Rahmen eines neuen Früherkennungsprogramms in Japan (Fukushima Health Management Survey) bei Kindern und Jugendlichen beobachteter Anstieg an Schilddrüsenkrebserkrankungen nicht mit der Strahlenbelastung zusammenzuhängt, sondern eine Folge der besonders empfindlichen Diagnoseverfahren ist.
- Für ein übermäßiges Auftreten von angeborenen Anomalien, Totgeburten, Frühgeburten oder niedrigem Geburtsgewicht im Zusammenhang mit der Strahlenbelastung gab es keine glaubwürdigen Belege. Solche Effekte sind in Anbetracht der aufgetretenen Strahlendosen auch nicht zu erwarten.
- Nicht-radiologische, durch Angst oder Stress verursachte Krankheitsbilder traten und treten in der betroffenen japanischen Bevölkerung jedoch verstärkt auf. Sie dominieren klar im Vergleich zu radiologisch bedingten Erkrankungen. Psychosoziale Folgen umfassten etwa Suizid, Depressionen, Alkoholismus, Glücksspiel und häusliche Gewalt, Fettleibigkeit vor allem bei Kindern und Bruch von Beziehungen.
Unfall in einem Kernkraftwerk im übrigen Europa oder außerhalb Europas Einklappen / Ausklappen
Die bei einem schweren Kernkraftwerks-Unfall
- im europäischen Ausland weit entfernt von den deutschen Grenzen oder
- außerhalb Europas
freigesetzten radioaktiven Stoffe können mit Wind und Wetter in geringem Maße bis nach Deutschland transportiert werden. Sie könnten dann dort von Menschen über die Atmung und/oder die Nahrung aufgenommen werden. Zudem kann die von den radioaktiven Stoffen ausgehende Strahlung von außen auf Menschen einwirken.
Je weiter entfernt von Deutschland ein Kernkraftwerks-Unfalls geschieht, umso kleiner wird die Menge der radioaktiven Teilchen auf dem langen Transportweg. Das bewirkt, dass sie schließlich in Deutschland so gering sein kann, dass sie nur noch mit hochempfindlichen Geräten der Spurenanalyse überhaupt zu messen ist. Dabei spielt vor allem die Halbwertszeit der freigesetzten radioaktiven Stoffe eine Rolle: So könnte beispielsweise in Japan freigesetztes radioaktives Jod praktisch nicht mit Wind und Wetter bis nach Deutschland transportiert werden, weil der Großteil aufgrund der geringen Halbwertszeit der Jod-Isotope unterwegs zerfallen wäre. Ähnliches gilt für weit entfernt freigesetzte Edelgase wie radioaktives Krypton oder Xenon.
Für Menschen in Deutschland sind Unfälle in einem Kernkraftwerk in weiter entfernten Regionen Europas oder außerhalb Europas darum aus radiologischer Sicht deutlich weniger folgenreich als Kernkraftwerks-Unfälle im Inland oder im grenznahen Ausland:
- Besonders Unfälle außerhalb Europas haben für Menschen in Deutschland aufgrund der großen Entfernung zum Unfallort quasi keine radiologischen Folgen – weder akute (deterministische) noch später auftretende stochastische Schäden sind zu erwarten.
- Psychosoziale Folgen können dennoch auftreten: Die Angst vor radioaktivem Material und das mangelnde Wissen über Ausbreitung und Wirkung von Radioaktivität können Menschen verunsichern und zu ihrer psychischen Belastung beitragen.
Small Modular Reactors (SMR)
Weltweit gibt es Bestrebungen, künftig sogenannte SMRs (Small Modular Reactors) für die Energieerzeugung zu entwickeln und zu nutzen. SMRs sind kleine, modular aufgebaute Kernkraftwerke. Im Moment werden in verschiedenen Ländern unterschiedliche Konzepte von solchen Kleinreaktoren entwickelt.
Das BfS beschäftigt sich mit der Frage, welche Auswirkungen ein möglicher Notfall in SMRs auf die Umgebung haben könnte. Erste Abschätzungen legen nahe, dass auch Schutzmaßnahmen außerhalb der eigentlichen Anlage erforderlich sein könnten. Die Untersuchungen des BfS beziehen sich auf einen bestimmten Notfallablauf in einem speziellen Reaktortyp. Weitere konkrete Untersuchungen sind notwendig, um eine anlagenspezifische Einschätzung der Gefährdungspotenziale von SMRs zu erlangen. Generell wären die Auswirkungen von Notfällen bei SMRs wahrscheinlich geringer als bei den bisher üblichen großen Kernkraftwerken.
Das BfS verfolgt die aktuellen Entwicklungen zu SMRs zusammen mit anderen nationalen und internationalen Institutionen. Die Notfallpläne in Deutschland werden angepasst, falls sich aus den weiteren Bewertungen ergibt, dass bei möglichen Notfällen im Zusammenhang mit SMRs im Ausland Schutzmaßnahmen in Deutschland erforderlich werden könnten (z.B. Maßnahmen für landwirtschaftliche Produkte).
Zum Hintergrund:
Für die bisher üblichen großen Kernkraftwerke könnten bei einem Notfall folgende Schutzmaßnahmen im Umkreis der Anlage notwendig werden: Evakuierung, Einnahme von Jodtabletten sowie Aufenthalt in Gebäuden. Auch Vorkehrungen im Bereich der Landwirtschaft sind denkbar. Ob und, wenn ja, zu welchem Zeitpunkt diese Maßnahmen ergriffen werden müssten, entscheiden die Katastrophenschutzbehörden vor Ort und informieren darüber.
Beispiel 1: Radiologische Folgen des Unfalls im ukrainischen Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) 1986 für die deutsche Bevölkerung
Ein Schild warnt im Sperrgebiet vor dem "Roten Wald", einem Gebiet, das nach dem Unfall in Tschornobyl (russ.--russisch: Tschernobyl) am höchsten kontaminiert wurde.
Ein Beispiel für einen schweren Unfall in einem Kernkraftwerk in weiter entfernten Regionen Europas ist der Unfall 1986 in Tschornobyl (russ.: Tschernobyl). Auch Deutschland war von der radioaktiven Wolke betroffen, die durch den Unfall entstanden war. Durch die große Entfernung zum Unfallort in der Ukraine waren die Strahlendosen in Deutschland sehr gering. Für Erwachsene lagen sie beispielsweise im ersten Jahr nach dem Unfall im am stärksten betroffenen deutschen Gebiet im Berchtesgadener Land bei unter 1 Millisievert (0,56 Millisievert für die externe Strahlenbelastung und 0,25 Millisievert für die interne Strahlenbelastung durch Aufnahme über Nahrungsmittel).
Die insgesamt über 50 Jahre von 1986 bis 2036 zu erwartende gesamte durch den Unfall in Tschornobyl verursachte effektive Dosis in solchen höher kontaminierten Gebieten Südbayerns, in denen seither bestimmte Pilz- und Wildbretarten mit radioaktivem Cäsium belastet sind, ist etwa so hoch wie die Strahlenexposition, die wir permanent durch natürliche radioaktive Stoffe innerhalb eines Jahres erfahren, schätzt die deutsche Strahlenschutzkommission.
Für strahlungsbedingte gesundheitliche Folgen in Deutschland konnten seit 1986 keine wissenschaftlich belastbaren Belege erbracht werden. Es sind auch weiterhin keine gesundheitlichen Folgen zu erwarten.
Beispiel 2: Radiologische Folgen des Unfalls im japanischen Fukushima 2011 für die deutsche Bevölkerung
Luftstaubsammler der Spurenanalyse auf dem Dach der BfS-Dienststelle in Freiburg
Ein Beispiel für einen schweren Notfall außerhalb Europas ist der Unfall 2011 in Fukushima in Japan. In Deutschland konnten mit hochempfindlichen Geräten der Spurenanalyse geringste Spuren von Radioaktivität nachgewiesen werden. Sie führten zu keiner Strahlenbelastung für die in Deutschland ansässige Bevölkerung.
Eine gesundheitliche Gefahr für Menschen in Deutschland bestand zu keiner Zeit.
Unfall in kerntechnischen Anlagen (die keine Kernkraftwerke sind)Einklappen / Ausklappen
Kerntechnische Anlagen wie zum Beispiel Zwischenlager für radioaktive Abfälle oder Forschungsreaktoren besitzen eine geringere Menge an radioaktivem Material als ein Kernkraftwerk. Kommt es dort zu einem Unfall, können die freigesetzten radioaktiven Stoffe mit Wind und Wetter in unterschiedlichem Maße und unterschiedlich weit verteilt werden. Menschen könnten sie über die Atmung und/oder die Nahrung aufnehmen. Zudem kann die Strahlung radioaktiver Stoffe von außen auf Menschen einwirken.
Die radiologischen Folgen für Menschen sind stark abhängig davon, welche radioaktiven Stoffe freigesetzt wurden, wie weit der Unfallort von den Menschen entfernt ist und wie lange sie sich im betroffenen Gebiet aufhalten. Außerdem spielt eine Rolle, ob und in welchem Maße sie radioaktive Stoffe einatmen oder mit der Nahrung aufnehmen. Die gesundheitlichen Auswirkungen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage sind aufgrund der geringeren Menge der freisetzbaren radioaktiven Stoffe deutlich geringer als bei einem Kernkraftwerks-Unfall im Inland oder im grenznahen Ausland:
- Für Menschen in Deutschland sind nach Unfällen selbst in deutschen oder grenznahen kerntechnischen Anlagen keine akuten (deterministischen) Strahlenschäden zu erwarten.
- Später auftretende (stochastische) Schäden sind in geringerem Maße als bei einem Kernkraftwerks-Unfall im Inland oder im grenznahen Ausland denkbar. Sie sind davon abhängig, wie und in welcher Menge Menschen mit radioaktiven Stoffen in Kontakt kommen.
- Psychosoziale Folgen sind möglich: Die Angst vor radioaktivem Material und das mangelnde Wissen sowohl über Ausbreitung und Wirkung von Radioaktivität als auch über Schutzmöglichkeiten können Menschen verunsichern und zu ihrer psychischen Belastung beitragen.
Beispiel: Radiologische Folgen eines Unfalls im russischen Sewersk (Tomsk) 1993 für die dortige Bevölkerung
Ein Beispiel für einen Unfall in einer kerntechnischen Anlage, die kein Kernkraftwerk ist, ist ein Unfall in einer Wiederaufbereitungsanlage für Uran und Plutonium im russischen Sewersk (Tomsk) im April 1993. Bei dem Unfall wurden durch eine Explosion radioaktive Stoffe in die Umwelt freigesetzt, darunter laut der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA vor allem Ruthenium, Niob und Zirkonium, aber auch geringe Mengen Plutonium. Die Ausbreitung des radioaktiven Materials in die Umwelt erstreckte sich außerhalb des Anlagengeländes bis in etwa 20 Kilometer Entfernung in nordöstliche Richtung. In den angrenzenden Gebieten war keine messbare Kontamination festzustellen.
Es waren keine frühen Schutzmaßnahmen für die dort ansässige Bevölkerung erforderlich. Die von der Kontamination betroffene Fläche nahm im Laufe der Zeit aufgrund der Halbwertszeiten der vorhandenen Radionuklide rasch ab und sank bis Anfang 1994 auf ein vernachlässigbares Niveau.
Der Unfall führte zu einer Strahlenbelastung beim Personal der Wiederaufbereitungsanlage sowie bei den nach dem Unfall eingesetzten Feuerwehrleuten, jedoch zu keinen akuten (deterministischen) Gesundheits-Effekten. In einem kleinräumigen Gebiet in unmittelbarer Nähe zur verunfallten Anlage lag die zusätzliche Strahlendosis für die dort ansässige Bevölkerung unter 0,4 Millisievert pro Jahr.
Auf Deutschland hatte der Unfall keinerlei Auswirkungen.
Terroristischer oder anderweitig motivierter Anschlag Einklappen / Ausklappen
Wie weit sich freigesetzte radioaktive Stoffe räumlich verbreiten können und in welchem Maße sie sich auf die menschliche Gesundheit auswirken, hängt bei terroristischen oder anderweitig motivierten Anschlägen mit beispielsweise einer "Schmutzigen Bombe" vor allem von der Menge des verwendeten Sprengstoffes - und damit der Sprengwirkung - sowie von der Art und Menge des beigefügten radioaktiven Materials ab. Üblicherweise kommt es dabei zu einer eher kleinräumigen, lokalen Verbreitung freigesetzter radioaktiver Stoffe. Diese können von Menschen über die Atmung und/oder die Nahrung aufgenommen werden. Zudem kann die Strahlung radioaktiver Stoffe von außen auf Menschen einwirken.
Unmittelbar tödliche Gefahr besteht bei einer "Schmutzigen Bombe" nicht durch die radioaktiven Stoffe, aber in unmittelbarer Nähe durchaus durch die Wucht der Detonation. Ob und in welchem Maße akute (deterministische) Strahlenschäden und/oder mögliche (stochastische) Spätschäden auftreten können, ist stark abhängig von der Art der Strahlung, die durch die verwendeten radioaktiven Stoffe entsteht. So haben eingeatmete Alphastrahler in der Regel größere Auswirkungen als eingeatmete Beta- oder Gammastrahler.
Die radiologischen Gefahren einer "Schmutzigen Bombe" werden im Allgemeinen überschätzt. Gesundheitlich bedeutsam sind für die Bevölkerung vor allem die psychosozialen Folgen: Die Angst vor radioaktivem Material und das mangelnde Wissen sowohl über Ausbreitung und Wirkung von Radioaktivität als auch über Schutzmöglichkeiten können Menschen verunsichern und zu ihrer psychischen Belastung beitragen.
Einen Anschlag mit einer "Schmutzigen Bombe" gab es glücklicherweise bisher noch nie. Bei terroristisch oder anderweitig motivierten Anschlägen können radioaktive Stoffe aber auch direkt eingesetzt werden, um Einzelpersonen oder Menschengruppen zu schädigen, etwa durch Vergiftung von Nahrungsmitteln.
Beispiel: Anschlag mit radioaktivem Polonium auf Alexander Litwinenko 2006
Im November 2006 wurde der Exilrusse Alexander Litwinenko in London mit radioaktivem Polonium-210 tödlich vergiftet.
Polonium-210 gibt Alpha-Strahlung ab, die nur wenige Zentimeter wirksam ist und bereits durch ein Blatt Papier abgeschirmt werden kann. Für den Menschen gefährlich ist Polonium-210, wenn es in den Körper gelangt. Bereits eine aufgenommene Menge von 0,1 Mikrogramm führt innerhalb weniger Tage strahlungsbedingt zum Tode.
TransportunfallEinklappen / Ausklappen
Werden radioaktive Stoffe mit hohen Aktivitäten wie zum Beispiel abgebrannte Brennelemente aus Kernkraftwerken transportiert, müssen die Transportbehälter so beschaffen sein, dass sie auch bei schwersten Unfällen dicht bleiben.
Kommt es bei einem Transport radioaktiver Stoffe wie zum Beispiel radioaktiven Krankenhausabfällen oder Brennstäben für Kernkraftwerke (sogenannte "Castor-Transporte") auf der Straße und Schiene zu einem Unfall, sind die radiologischen Auswirkungen in der Regel sehr gering. Sie hängen davon ab, welche radioaktiven Stoffe transportiert und bei einem Unfall freigesetzt werden. Wird der Transportbehälter beschädigt, kann in einem relativ kleinen Bereich um die Unfallstelle Radioaktivität austreten und durch Einatmen oder ggf. durch kontaminierte Wunden in den Körper gelangen. Auch eine Bestrahlung des menschlichen Körpers von außen ist möglich.
Für die Bevölkerung droht mit ausreichendem Abstand zu verunglückten Transportbehältern und Fahrzeugen keine Gefahr. Psychosoziale Folgen können dennoch auftreten: Die Angst vor radioaktivem Material und das mangelnde Wissen über Ausbreitung und Wirkung von Radioaktivität können Menschen verunsichern und zu ihrer psychischen Belastung beitragen.
(Verkehrs-)Unfälle beim Transport radioaktiver Stoffe kommen in der Realität vereinzelt auch in Deutschland vor. Sie haben aber üblicherweise keine oder nur geringe radiologische Auswirkungen und sind in der Regel lokal begrenzt.
Herrenlose Strahlenquellen, offene radioaktive Stoffe Einklappen / Ausklappen
Werden herrenlose (nicht registrierte) radioaktiven Quellen gefunden oder kommt es zu Unfällen beim Umgang mit radioaktiven Stoffen oder zu deren versehentlichem Einschmelzen, sind üblicherweise nur kleinräumige radiologische Folgen durch die freigesetzten radioaktiven Stoffe zu erwarten.
- Ist eine radioaktive Quelle von einer abschirmenden Hülle umschlossen, können keine radioaktiven Stoffe daraus entweichen, die Umwelt kontaminieren und von Menschen eingeatmet oder mit der Nahrung aufgenommen werden. Von der umschlossenen radioaktiven Quelle kann jedoch Direktstrahlung in Form von Gamma- und Neutronenstrahlung ausgehen. Diese kann lokal in einem Umkreis von bis zu einigen Metern um das Objekt herum Menschen gefährden.
- Ist eine radioaktive Quelle offen, das heißt, ihre abschirmende Hülle wurde unabsichtlich oder mutwillig beschädigt oder geöffnet, besteht neben einer Gefährdung durch Direktstrahlung auch die Gefahr einer Kontamination der näheren Umgebung. Außerdem ist die Aufnahme der offenen radioaktiven Stoffe mit Atmung und Nahrung oder ggf. durch kontaminierte Wunden in den menschlichen Körper möglich. Das Gefahrenpotenzial ist stark abhängig von den freigesetzten radioaktiven Stoffen und der von ihnen ausgehenden Art der Strahlung. Wird die geöffnete und kontaminierte radioaktive Quelle weitergegeben, kann eine größere Anzahl von Orten und Menschen kontaminiert und gefährdet werden.
Bei ausreichendem Abstand zu herrenlosen radioaktiven Quellen und offenen radioaktiven Stoffen droht der Bevölkerung in der Regel keine Gefahr. Psychosoziale Folgen können dennoch auftreten: Die Angst vor radioaktivem Material und das mangelnde Wissen über Ausbreitung und Wirkung von Radioaktivität können Menschen verunsichern und zu ihrer psychischen Belastung beitragen.
Beispiel: Radiologische Folgen herrenloser offener radioaktiver Stoffe im brasilianischen Goiânia 1987
Ein Beispiel für radiologische Folgen einer herrenlosen Quelle und offener radioaktive Stoffe ist ein Vorfall im September 1987 in der brasilianischen Stadt Goiânia.
Bei einem Einbruch in eine stillgelegte Klinik stahlen Diebe ein medizinisches Gerät zur Strahlentherapie, öffneten den Abschirmbehälter aus Blei und verteilten das darin enthaltene Material an Freunde und Bekannte, weil es im Dunklen schön leuchtete – nicht wissend, dass es sich um radioaktives Cäsium-137 handelte.
Hunderte Menschen wurden durch Kontakt mit dem radioaktiven Material teilweise schwer radioaktiv kontaminiert. Vier Personen starben nachweislich binnen weniger Wochen, und weitere Todesfälle werden mit dem Unfall in Verbindung gebracht. Teile der Stadt Goiânia sind bis heute radioaktiv belastet.
SatellitenabsturzEinklappen / Ausklappen
Stürzt einer der etwa 50 Weltraum-Satelliten, die zur Energieversorgung nukleares oder radiologisch relevantes Material nutzen, über Land ab, ist es unwahrscheinlich, dass eine große Anzahl von Menschen erhöhter Strahlung ausgesetzt ist. Das gilt auch, wenn es beim Absturz von Satelliten mit Radionuklidbatterien durch das Verglühen bei Eintritt in die Atmosphäre zu einer großflächigen Verteilung der in den Batterien genutzten radioaktiven Stoffe kommen sollte. Diese Satelliten werden durch Bodenstationen laufend beobachtet, so dass bei einem Absturz das voraussichtliche Einschlaggebiet relativ genau eingegrenzt und die dort ansässige Bevölkerung rechtzeitig vor dem Absturz gewarnt werden kann.
Bruchstücke eines abgestürzten Satelliten mit einem kleinen Kernreaktor oder einer Radionuklidbatterie an Bord können Strahlung emittieren und Menschen, die sich unmittelbar nach Absturz in deren Nähe aufhalten, dieser Strahlung aussetzen. Gleiches gilt bei direktem Körperkontakt mit den Bruchstücken des abgestürzten Satelliten. Durch den Absturz freigesetzte radioaktive Stoffe können aber kaum mit der Atmung in den menschlichen Körper aufgenommen werden, da die meisten Teilchen aufgrund ihrer Größe nicht lungengängig sind.
Durch Abstürze von Satelliten mit einem kleinen Kernreaktor oder einer Radionuklidbatterie an Bord besteht in der Regel keine radiologische Gefahr für die Allgemeinbevölkerung: Die radiologischen gesundheitlichen Auswirkungen sind sehr gering.
Auch die Wahrscheinlichkeit für eine nicht-radiologische Gefährdung durch herabstürzende Trümmerteile, falls der Satellit bei Eintritt in die Atmosphäre nicht vollständig verglüht, ist sehr gering: Seit Beginn des Weltraumzeitalters 1957 gab es weltweit keine bestätigte Meldung über einen Personenschaden im Zusammenhang mit dem Wiedereintritt eines Weltraumgegenstands in die Erdatmosphäre.
Psychosoziale Folgen können dennoch auftreten: Die Angst vor radioaktivem Material und das mangelnde Wissen über Ausbreitung und Wirkung von Radioaktivität können Menschen verunsichern und zu ihrer psychischen Belastung beitragen.
Beispiel: Absturz eines reaktorbetriebenen Satelliten über Kanada 1978
Satellit (Illustration)
Quelle: Sasa Kadrijevic/stock.adobe.com
Ein Beispiel für radiologische Folgen eines Satellitenabsturzes ist der Aufprall eines russischen reaktorbetriebenen Satelliten (Kosmos-954) im Jahr 1978 über Kanada. Durch den Absturz wurden auf einem Gebiet von einigen 100.000 Quadratkilometern kleinere radioaktive Partikel verteilt. Diese stellten keine Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung dar, da sie winzig, spärlich auf einem sehr großen Gebiet verteilt und chemisch nicht löslich waren, so dass sie auch bei einer Aufnahme in den Körper zum Beispiel mit der Nahrung schnell wieder ausgeschieden wurden.
In der einige Kilometer breiten und mehrere hundert Kilometer langen Absturzschneise wurden rund 100 höher kontaminierte, größere Bruchstücke des Satelliten gefunden und fachmännisch geborgen. Die gemessene Ortsdosisleistung (Gammastrahlung) in einem Meter Abstand zu diesen Trümmerteilen betrug bis zu einige Millisievert pro Stunde. Die höchste Dosis, die beim (gut dosimetrisch überwachten) Bergungspersonal aufgetreten ist, lag bei 4,7 Millisievert und damit ungefähr doppelt so hoch wie die Dosis, die ein Mensch in Deutschland im Jahr durch natürliche Strahlung erhält.
Unklare SituationEinklappen / Ausklappen
Deuten Meldungen oder Gerüchte auf eine Freisetzung radioaktiver Stoffe zum Beispiel durch einen Unfall in einer kerntechnischen Anlage hin, ohne dass die Informationen bestätigt werden können, sind auch die radiologischen Folgen für Menschen in Deutschland schwer vorhersagbar.
In der Regel wird eine "unklare Situation" im Zeitverlauf klarer und lässt sich dann einem der anderen Notfallszenarien zuordnen.
Psychosoziale Folgen sind möglich: Die Angst vor radioaktivem Material und das mangelnde Wissen sowohl über Ausbreitung und Wirkung von Radioaktivität als auch über Schutzmöglichkeiten können Menschen verunsichern und zu ihrer psychischen Belastung beitragen.
Beispiel: Unklare Situation durch Messung von Ruthenium-106 2017
Messstellen, an denen im Zeitraum zwischen Ende September und Anfang Oktober 2017 Ruthenium-106 in der Luft nachgewiesen wurde
Ein Beispiel für eine unklare Situation ist die Messung von Ruthenium-106 an zahlreichen Messstellen in Europa Anfang Oktober 2017, ohne dass dessen Freisetzungsort bekannt war.
Eine radiologische Gefahr bestand für Menschen in Deutschland zu keiner Zeit, weil die gemessenen Werte zu gering für gesundheitliche Auswirkungen waren. Die Konzentration in Deutschland lag in einem sehr niedrigen Bereich zwischen wenigen Mikrobecquerel und wenigen Millibecquerel pro Kubikmeter. Sowohl akute (deterministische) Schäden als auch spätere (stochastische) Schäden als Folge dieser Konzentrationen sind ausgeschlossen.
Nuklearwaffen-ExplosionEinklappen / Ausklappen
Kommt es zur Explosion einer Nuklearwaffe, wird enorme Energie in Form einer Explosionswirkung freigesetzt. Sie besteht aus einem Lichtblitz mit anschließender Druck- und Hitzewelle, deren Wucht tödliche Folgen hat, sowie einem nuklear-elektromagnetischen Puls, der elektronische Geräte stören bzw. zerstören kann.
Radiologische Folgen für Menschen durch radioaktive Stoffe - hier: energiereiche ionisierende Strahlung - entstehen ebenfalls:
- Bei einer Explosion einer Nuklearwaffe breitet sich Sofortstrahlung mit Lichtgeschwindigkeit in alle Richtungen aus. Diese Strahlung erlischt binnen Sekunden und ist für Personen, die sich ungeschützt in einem Umkreis von einigen Kilometern um den Explosionsort aufhalten, in der Regel tödlich.
- Bei der Explosion entstehen zudem radioaktive Stoffe, die für Reststrahlung sorgen und sich je nach Bauart der Nuklearwaffe, der Explosionshöhe und den Wetterbedingungen unterschiedlich weit verteilen und nach und nach am Boden ablagern (Fallout). Die daraus entstehende Strahlenbelastung (genauer: die Dosisleistung) der Menschen ist direkt nach der Explosion deutlich höher als nach einem Unfall in einem Kernkraftwerk, nimmt dann überall aber sehr viel schneller ab: 48 Stunden nach einer Nuklearwaffen-Explosion ist aufgrund des hohen Anteils kurzlebiger Radionuklide nur noch etwa ein Prozent der ursprünglich freigesetzten radioaktiven Stoffe in der Umwelt vorhanden, darunter einige längerlebige, die zu einer langfristigen Kontamination der Umwelt und entsprechender Belastung von Menschen beitragen können.
Für Menschen in Deutschland sind Nuklearwaffen-Explosionen im grenzferneren Europa oder außerhalb Europas aus rein radiologischer Sicht deutlich weniger folgenreich als Nuklearwaffen-Explosionen im Inland oder grenznahen Ausland:
- Bei einer Nuklearwaffen-Explosion im Inland oder im grenznahen Ausland sind die radiologischen Folgen für Menschen stark abhängig davon, welche radioaktiven Stoffe freigesetzt wurden, wie weit der Unfallort von ihnen entfernt ist, wie lange sie sich im betroffenen Gebiet aufhalten und ob und in welchem Maße sie radioaktive Stoffe mit der Atmung und der Nahrung in den Körper aufnehmen: Akute (deterministische) Strahlenschäden können die Bevölkerung je nach Stärke der Nuklearwaffe und Wetterbedingungen im Extremfall in bis zu etwa 140 Kilometern Entfernung zum Explosionsort betreffen, falls die Bevölkerung der Strahlung ungeschützt ausgesetzt ist. Später auftretende, sogenannte stochastische Schäden wie etwa Krebserkrankungen können in Deutschland bei einer Nuklearwaffen-Explosion im Inland oder im grenznahen Ausland auch in weiterer Entfernung zum Explosionsort nicht ausgeschlossen werden.
- Nuklearwaffen-Explosionen im grenzferneren Europa und außerhalb Europas haben für Menschen in Deutschland aufgrund der großen Entfernung zum Explosionsort quasi keine radiologischen Folgen: Ein sehr großer Anteil der radioaktiven Stoffe würde während des Transports in der Atmosphäre bereits zerfallen, so dass nur noch ein sehr kleiner Anteil an radioaktiven Stoffen nach Deutschland gelangen würde. Dadurch wären weder akute (deterministische) noch später auftretende stochastische Schäden zu erwarten.
- Psychosoziale Folgen können in allen Fällen auftreten: Die Angst vor radioaktivem Material und das mangelnde Wissen über Ausbreitung und Wirkung von Radioaktivität können Menschen verunsichern und zu ihrer psychischen Belastung beitragen.
Beispiel: Hiroshima 1945
Friedensdenkmal in Hiroshima: Gedenkstätte für den ersten kriegerischen Einsatz einer Atombombe
Am 6. August 1945 wurde die japanische Stadt Hiroshima durch einen Bombenangriff mit einer Nuklearwaffe zu 80 Prozent zerstört. Etwa 20 Minuten nach der Explosion ging der radioaktive Fallout auf die Umgebung nieder.
Bis zu 80.000 der etwa 345.000 Einwohnerinnen und Einwohner wurden durch die Explosion direkt getötet. Da alle wichtigen Aufzeichnungen und Register in den Städten zerstört wurden, ist die genaue Anzahl der durch die Explosion getöteten Menschen bis heute unklar. Eine eindeutige Unterscheidung der Todesursachen nach Verbrennungen, Verletzungen oder Strahlung war unmöglich, da auch die Druck- und Hitzewellen eine wesentliche Rolle spielten.
Nach Schätzungen starben in Hiroshima durch die direkten Folgen der Explosion und in den ersten 4 Monaten danach 90.000-166.000 Menschen durch Verbrennungen, Verletzungen und akute Strahlenschäden. Jahre bis Jahrzehnte später traten bei den Überlebenden Spätschäden in Form von unter anderem Leukämie und Tumoren verschiedener Organe auf (stochastische Strahlenwirkungen). In einer 120.000 Personen umfassenden Gruppe von Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, die bis heute in einer wissenschaftlichen Studie untersucht werden, wird
- bei etwa 10 Prozent der Personen, die an einem bösartigen Tumor erkrankt sind, und
- bei knapp 50 Prozent der Personen, die an Leukämie erkrankt sind,
diese Erkrankung auf die Strahlenbelastung zurückgeführt. Selbst fast 80 Jahre nach dem Atombombenabwurf ist das Krebsrisiko der Überlebenden noch erhöht.
Empfehlungen zum Schutz bei einer Nuklearwaffen-Explosion
Die Internationale Strahlenschutz-Kommission (International Commission on Radiological Protection, ICRP) veröffentlicht Empfehlungen zum Verhalten bei einer Nuklearwaffen-Explosion in verschiedenen Sprachen:
Hinweise für die Öffentlichkeit zum Schutz im Falle einer nuklearen Explosion
Advice for the Public on Protection in Case of a Nuclear Detonation
Informationen der Strahlenschutzkommission
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Stand: 12.10.2023