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Nieder- und zwischenfrequente Felder – Einordnung der SCHEER-Stellungnahme 2024
- Auf Basis aller berücksichtigten Studien sieht SCHEER für die Allgemeinbevölkerung keine mäßige oder starke Evidenz für gesundheitsschädliche Wirkungen durch nieder- und zwischenfrequente Felder.
- Es wird eine Reihe von möglichen Wirkmechanismen diskutiert, wie niederfrequente Felder mit Organismen interagieren könnten. Die Studienlage ist in vielen Fällen jedoch nicht geeignet, um die Evidenz zu bewerten.
- Es werden weiterführende Untersuchungen zu einem möglichen Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und Leukämie im Kindesalter empfohlen.
- SCHEER sieht weiteren Forschungsbedarf insbesondere zu zwischenfrequenten Feldern.
- Das BfS vertritt hinsichtlich möglicher Risiken der Felder für die Allgemeinbevölkerung und des Forschungsbedarfs grundsätzlich eine ähnliche Position wie SCHEER und verweist auf sein Forschungsprogramm „Strahlenschutz beim Stromnetzausbau“.
SCHEER – wissenschaftliche Beratung der EU-Kommission
Das Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks (SCHEER) ist eines von zwei unabhängigen wissenschaftlichen Komitees, die die Europäische Kommission in Sachen Verbrauchersicherheit, öffentliche Gesundheit und Umwelt beraten. Auf Anfrage der Kommission nimmt SCHEER Stellung zu Fragen im Zusammenhang mit Gesundheits-, Umwelt- und neu auftretenden Risiken. Der Stellungnahme wird vorangestellt, dass die darin enthaltenen Ansichten nicht zwangsläufig die der Europäischen Kommission widerspiegeln, auch wenn diese der offizielle Auftraggeber ist:
"The Opinions of the Scientific Committees present the views of the independent scientists who are members of the committees. They do not necessarily reflect the views of the European Commission."
Im Juni 2021 wurde SCHEER durch die EU-Kommission damit beauftragt, eine Stellungnahme vom Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks (SCENIHR) aus dem Jahr 2015 zu aktualisieren (der Ausschuss SCENIHR ist der Vorgänger von SCHEER). Dies sollte in Anbetracht der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in Bezug auf Frequenzen zwischen 1 Hertz (Hz) und 100 Kilohertz (kHz) erfolgen. Dieser Frequenzbereich umfasst die niederfrequenten Felder, die bspw. bei der Nutzung und Übertragung von elektrischem Strom entstehen, sowie die zwischenfrequenten Felder, die bei Induktionskochherden oder beim Laden von Elektrofahrzeugen auftreten.
Expertengruppe analysiert für die Stellungnahme die Fachliteratur
Die Stellungnahme erstellte eine Arbeitsgruppe aus SCHEER-Mitgliedern und externen Expert*innen. Diese wurden in einem transparenten Verfahren ausgewählt, das in der Geschäftsordnung von SCHEER beschrieben ist.
Auf Basis der SCENIHR Opinion 2015 analysierte die SCHEER-Gruppe die seither neu erschienene wissenschaftliche Literatur daraufhin, ob neue Erkenntnisse zu möglichen Auswirkungen einer Exposition (Ausgesetztsein) gegenüber nieder- und zwischenfrequenten elektrischen und magnetischen Feldern auf die menschliche Gesundheit oder auf Tiere und Pflanzen bestehen. Es sollte herausgefunden werden, in welchem Maße die Bevölkerung solchen Feldern ausgesetzt ist. Für die Bewertung wurden hauptsächlich systematische Reviews (umfangreiche, qualitativ hochwertige Übersichtsarbeiten) und Meta-Analysen berücksichtigt. Fehlten diese, wurden andere Studienformen, narrative Reviews und Scoping Reviews, herangezogen. Einzelne Studien wurden nur in Ausnahmefällen einbezogen. SCHEER berücksichtigte keine Literatur zu existierenden oder neu auftauchenden medizinischen Anwendungen in der klinischen Praxis, wie etwa kurzzeitige Elektroimpulse oder gepulste elektromagnetische Felder (PEMF).
Für die Bewertung der Evidenz für gesundheitsschädliche Wirkungen beruft sich SCHEER auf das Dokument "Memorandum on weight of evidence and uncertainties. Revision 2018" (SCHEER, 2018). Mit Evidenz ist dabei gemeint, wie deutlich die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien (in der Gesamtschau) für oder gegen eine bestimmte Annahme sprechen. In dem Dokument wird ein Klassifizierungsschema näher erläutert, das die vorhandenen wissenschaftlichen Daten unterschiedlicher Studientypen anhand ihrer Beweiskraft (engl. weight of evidence) in fünf verschiedene Gruppen einordnet. Die Evidenz kann stark, mäßig, schwach oder unklar sein. Wenn keine geeigneten Hinweise aus der Literatur vorliegen, kann SCHEER die Evidenz nicht bewerten (fünfte Gruppe).
Was SCHEER inhaltlich zu Exposition und Gesundheit feststellt
SCHEER hat für die Stellungnahme Reviews und Einzelstudien zu Exposition, zu Wirkmechanismen, zu gesundheitlichen Wirkungen und zu Effekten auf Pflanzen und Tiere bewertet. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse aus Sicht von SCHEER finden Sie im Folgenden.
Exposition Einklappen / Ausklappen
Informationen zu Feldstärken und dem Ausgesetztsein gegenüber zwischen- und niederfrequenten elektrischen und magnetischen Feldern in Haushalten, Elektrofahrzeugen, medizinischen Einrichtungen und städtischen Gebieten entnimmt SCHEER mangels systematischer Reviews vor allem ausgewählten Einzelstudien.
Die vorgestellten Daten betreffen
- Haushaltsgeräte,
- drahtlose Ladevorrichtungen für Elektrofahrzeuge,
- die „Powerline Communication“-Technologie (also die Übertragung von Daten über Stromleitungen),
- die elektrische Versorgungsinfrastruktur und
- elektrische Fußbodenheizungen.
In einer der zitierten Studien werden demnach mögliche Basiswertüberschreitungen (Überschreitung des empfohlenen Grenzwertes für die im Körper induzierte elektrische Feldstärke) beim drahtlosen Laden von Elektrofahrzeugen berichtet. SCHEER weist darauf hin, dass neuere internationale Richtlinien zur Expositionsbegrenzung auf Untersuchungen mit detaillierteren Modellen des menschlichen Körpers beruhen. Dabei werden zur Begrenzung der Exposition im Körper andere physikalische Größen herangezogen. Der Referenzwert für die magnetische Flussdichte bei der Frequenz 50 Hz ist zudem von vormals 100 Mikrotesla (µT) auf nunmehr 200 µT angehoben worden. Währenddessen sind die Referenzwerte für elektrische Felder grundsätzlich gleich geblieben.
Wirkmechanismen Einklappen / Ausklappen
In diesem Abschnitt diskutieren die Autor*innen, durch welche Mechanismen niederfrequente elektrische und magnetische Felder mit Organismen (also beispielsweise Menschen oder Tieren) interagieren könnten. Aus Sicht von SCHEER ist die Stimulation von Nerven- oder Muskelgewebe zweifelsfrei belegt:
- Bei Exposition gegenüber niederfrequenten Feldern werden im Körper elektrische Felder und Ströme erzeugt. Diese könnten ab einer körperinternen elektrischen Feldstärke von etwa 4–6 Volt pro Meter (V/m) Nervenimpulse hervorrufen.
- Unterhalb der Schwelle für direkte Nervenstimulation können Magnetfelder ab etwa 5 Millitesla (mT) bei einer Frequenz von 20 Hz visuelle Wahrnehmungen in der Netzhaut (Magnetophosphene) hervorrufen.
Solche Effekte werden bei Einhaltung der empfohlenen Grenzwerte für induzierte elektrische Felder im Körper vermieden.
Daneben werden weitere Wirkmechanismen diskutiert, darunter
- eine durch die Reduktion des Schlafhormons Melatonin ausgelöste Krebsentwicklung (Melatoninhypothese),
- der Einfluss auf Ionenkanäle und das Kalziumgleichgewicht im Körper,
- der sogenannte Radikalpaar-Mechanismus,
- genetische und epigenetische Effekte,
- Apoptose (programmierter Zelltod) und
- sogenannter oxidativer Stress.
Zu den meisten der Mechanismen liegen SCHEER nur narrative Reviews zur Bewertung vor. Die Ergebnisse aus narrativen Reviews zur Melatoninhypothese, zum Radikalpaar-Mechanismus und zu oxidativem Stress sind laut SCHEER nicht eindeutig und häufig widersprüchlich. Allerdings ist der Radikalpaar-Mechanismus eine favorisierte Hypothese dazu, wie niederfrequente Felder chemische Reaktionen beeinflussen könnten.
Daneben zeigt sich der Trend, dass niederfrequente Magnetfelder das oxidative Gleichgewicht beeinflussen könnten, dies aber nicht notwendigerweise zu Gesundheitseffekten führen muss. Weiterhin sieht SCHEER Hinweise, dass diese Felder mit epigenetischen Veränderungen assoziiert sein könnten. Der molekulare Mechanismus dahinter ist jedoch unbekannt.
Einzig zu Ionenkanälen und Kalziumhomöostase identifizierte SCHEER zwei systematische Reviews, für Apoptose eine Metaanalyse. Auch hier sind die Ergebnisse teils widersprüchlich, teils wird die Aussagekraft der Ergebnisse aufgrund qualitativer Mängel in den berücksichtigten Studien geschwächt.
SCHEER schätzt auf dieser Basis die Evidenz für oxidativen Stress und genetische und epigenetische Effekte als mögliche Wirkmechanismen niederfrequenter Magnetfelder als schwach ein. Für die weiteren potenziellen Wirkmechanismen nimmt SCHEER keine Einstufung der Evidenz vor. Insgesamt ist laut SCHEER weitere Forschung zu den möglichen Wirkmechanismen erforderlich.
Gesundheitliche Wirkungen durch niederfrequente Felder Einklappen / Ausklappen
Krebs
SCHEER identifiziert für seine Bewertung eine Reihe von systematischen Reviews, Metaanalysen und narrativen Reviews basierend auf epidemiologischen Studien sowie drei Tierstudien. Einige epidemiologische Studien zeigen einen kleinen Anstieg des Risikos, im Kindesalter an Leukämie zu erkranken, wenn die Stärke der Magnetfeldexposition über 0,3 bis 0,4 µT liegt. In der aktuellsten Metaanalyse zu niederfrequenten Magnetfeldern und Leukämie im Kindesalter, basierend auf Studien, die nach 2010 veröffentlicht wurden, zeigt sich kein erhöhtes Risiko bei einer Exposition von ≥0,4 μT im Vergleich zur Kontrollgruppe mit <0,1 μT. In einer weiteren Metaanalyse des Niederländischen Gesundheitsrats wird darüber hinaus bei Expositionen über 0,3 bis 0,4 µT ein erhöhtes Risiko für Gehirntumoren bei Kindern beobachtet. Allerdings ist dieses Ergebnis nicht statistisch signifikant.
In den zitierten Tierstudien weist die Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern alleine keine Effekte auf die Tumorhäufigkeit auf. Werden die Tiere zusätzlich mit einem Karzinogen, d.h. einem krebserzeugenden Stoff, behandelt, zeigt sich hingegen eine Erhöhung der Tumorhäufigkeit im Vergleich zu den Tieren, die nur mit dem Karzinogen behandelt werden.
SCHEER bewertet die Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Leukämie im Kindesalter und niederfrequenten Magnetfeldern insgesamt als schwach. Grund für die Einstufung sind methodische Schwächen und das Fehlen einer Dosis-Wirkungs-Beziehung in epidemiologischen Studien, die Nutzung von für Leukämie ungeeigneten Tiermodellen sowie eine nur schwache Evidenz aus mechanistischen Studien. Für andere Tumorerkrankungen stuft SCHEER die Evidenz als unklar ein.
Neurodegenerative Erkrankungen
Neurogenerative Erkrankungen sind Erkrankungen, die auf Entwicklungs- bzw. Funktionsstörungen des Zentralnervensystems zurückzuführen sind. Zu diesen kann SCHEER systematische Reviews und sogenannte Umbrella Reviews (nach systematischen Methoden durchgeführtes Review von systematischen Reviews und Metaanalysen) von epidemiologischen Studien sowie narrative Reviews von Tier- und Zellkulturstudien identifizieren. In der Bewertung von SCHEER werden insbesondere die neurodegenerativen Erkrankungen Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Alzheimer-Demenz, Parkinson und Multiple Sklerose betrachtet.
Mehrere der zitierten epidemiologischen Studien deuten auf ein potenziell leicht erhöhtes Risiko für ALS und Alzheimer-Demenz bei Menschen hin, die in ihrem Beruf niederfrequenten Magnetfeldern ausgesetzt sind. Im Gegensatz dazu sprechen die meisten zitierten Studien eher nicht für einen Zusammenhang mit ALS und Alzheimer-Demenz bei einer Exposition zuhause. Für Parkinson und Multiple Sklerose wird kein Zusammenhang sowohl für häusliche als auch berufliche Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern in den gelisteten Studien identifiziert.
Die berücksichtigten Tier- und Zellkulturstudien zeigen für ALS keine Effekte. Für Alzheimer und Parkinson können aus den Tierstudien entweder keine Effekte, eine Verringerung der Krankheitssymptome oder eine Verbesserung kognitiver Funktionen abgeleitet werden. Die betrachteten Zellkulturstudien wiederum liefern widersprüchliche Ergebnisse.
SCHEER bewertet die Evidenz für einen Zusammenhang zwischen einer beruflichen Exposition mit Magnetfeldern und ALS als mäßig und für die Alzheimer-Demenz als schwach. Bei häuslicher Exposition sieht SCHEER bei diesen Erkrankungen eine unklare bis schwache Evidenz für einen Zusammenhang mit niederfrequenten Feldern. Bei Parkinson oder multipler Sklerose kann SCHEER keinen Zusammenhang mit niederfrequenten Magnetfeldern herstellen.
Auswirkungen auf Fortpflanzung und Entwicklung
Zur Aktualisierung der Bewertung erfasst die SCHEER-Arbeitsgruppe zwei systematische Reviews, eine Metaanalyse und zwei narrative Reviews, die verschiedene Aspekte von Fortpflanzung und Entwicklungsstörungen beleuchten. Zwei dieser Übersichtsarbeiten weisen laut SCHEER methodische Mängel auf, während eine dritte Arbeit das gesamte elektromagnetische Spektrum analysiert und daher keine Schlüsse zur Wirkung von niederfrequenten Feldern zulässt. SCHEER folgert, dass die verfügbaren Arbeiten keinen Zusammenhang zwischen einer Exposition gegenüber niederfrequenten Feldern und Schwangerschaft oder Fortpflanzungsergebnissen zeigen. Eine Bewertung der Evidenz wird nicht vorgenommen.
Elektrohypersensibilität (EHS) und Symptome
Für die Bewertung kann SCHEER nur ein narratives Review identifizieren. Dies kommt zu dem Schluss, dass die meisten Studien keinen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und Elektrohypersensibilität (EHS) feststellen können. Allerdings übt der Autor Kritik an den Methoden einzelner Studien und schlägt weitere Forschung vor allem zu Biomarkern (d.h. zu charakteristischen biologischen Merkmalen, die auf EHS hinweisen können) vor. SCHEER merkt an, dass das narrative Review unter methodischen Schwächen leidet, und nimmt keine Bewertung der Evidenz vor.
Weitere gesundheitliche Wirkungen
SCHEER fasst die Literatur zu neurophysiologischen Effekten sowie Effekten auf das Immunsystem, auf den Melatoninspiegel (Schlafhormon), auf die Schilddrüse und auf den zirkadianen Rhythmus – also die Regelung des biologischen Rhythmus – zusammen. Für keinen dieser Aspekte liegen systematische Reviews oder Metaanalysen vor. Hinsichtlich des Melatoninspiegels wird eine Analyse hauptsächlich basierend auf zwei Reviews aus den Jahren 2010 und 2013 zitiert. Für keinen der genannten Effekte nimmt SCHEER eine Bewertung der Evidenz vor.
Gesundheitliche Wirkungen durch zwischenfrequente Felder Einklappen / Ausklappen
Es werden insgesamt zwei systematische Reviews berücksichtigt, die biologische Wirkungen zwischenfrequenter Felder in Studien an Menschen, Tieren und in Zellkulturen zusammenfassen. Laut SCHEER können in diesen systematischen Reviews keine Hinweise auf eine krebserregende Wirkung gefunden werden. Zu Fortpflanzung und Entwicklung, neurologischen und verhaltensneurologischen Wirkungen sowie zu Effekten auf den Kreislauf liegen indes widersprüchliche Ergebnisse aus den berücksichtigten Studien vor. Ergebnisse der Zellkulturstudien sprechen laut SCHEER gegen eine genotoxische Wirkung zwischenfrequenter Felder, während Hinweise auf andere Wirkungen auf Zellebene widersprüchlich sind. Eine Bewertung der Evidenz wird von SCHEER nicht vorgenommen.
Effekte auf Pflanzen und Tiere Einklappen / Ausklappen
Eine Bewertung möglicher Risiken für Tiere und Pflanzen ist nicht in dem Mandat der EU-Kommission enthalten und eine Bewertung der Evidenz wird von SCHEER nicht vorgenommen. Da Wirkungen von niederfrequenten Feldern auf Pflanzen und Tiere aber indirekt mit der menschlichen Gesundheit zusammenhängen, wird dieses Thema von SCHEER kurz betrachtet. Es werden einige narrative Reviews und einzelne Forschungsarbeiten, aber wenige systematische Übersichtsarbeiten erwähnt.
Demnach kann es in Pflanzen und Tieren andere Rezeptoren und Strukturen als im Menschen geben, weshalb die Möglichkeit besteht, dass spezies-spezifische Effekte existieren. Des Weiteren gibt es Hypothesen zu möglichen Wirkmechanismen, mit denen Tiere sich anhand des geomagnetischen Feldes der Erde orientieren könnten. Zudem gibt es Hinweise auf eine Beeinflussung von Insekten.
Anhand der zitierten Reviews kommt SCHEER zu dem Schluss, dass weitere Forschung notwendig ist und insbesondere qualitativ hochwertige Feldstudien zu land- und wasserlebenden Tieren benötigt werden.
Zusammenfassung der Ergebnisse und Empfehlungen von SCHEER
Die Autor*innen der SCHEER-Stellungnahme kommen zu folgenden Ergebnissen und Empfehlungen:
- Die Exposition der allgemeinen Bevölkerung in Europa bleibt unter den vom Rat der Europäischen Union empfohlenen Grenzwerten.
- Die Evidenz für oxidativen Stress und genetische und epigenetische Effekte als mögliche Wirkmechanismen niederfrequenter Magnetfelder wird als schwach eingestuft.
- Die Evidenz für einen Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und Leukämie im Kindesalter wird als schwach eingestuft.
- Die Evidenz für einen Zusammenhang zwischen beruflicher Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern und ALS wird als mäßig eingestuft, für Alzheimer als schwach.
- Die Evidenz für einen Zusammenhang, wenn jemand zuhause niederfrequenten Feldern ausgesetzt ist, und neurodegenerativen Erkrankungen wird als unklar bis schwach eingestuft.
- Aufgrund sich verändernder Charakteristiken des Ausgesetztseins, etwa durch Ladestationen von Elektroautos, werden Studien zur Erhebung tatsächlicher Expositionen empfohlen.
- Es gibt wenige Studien zu den gesundheitlichen Effekten durch zwischenfrequente Felder. Die Forschung in diesem Gebiet hat hohe Priorität.
- SCHEER stellt fest, dass weitere Forschung zu möglichen Wirkmechanismen niederfrequenter Felder notwendig ist.
- Hinsichtlich Leukämie im Kindesalter werden Studien mit geeigneten Tiermodellen empfohlen sowie hypothesenprüfende Studien zu möglichen Wirkmechanismen in Zellkulturstudien.
- Es sollen weitere epidemiologische Studien mit angemessener statistischer Aussagekraft zu anderen Krebserkrankungen durchgeführt werden.
- Es wird weitere Forschung zu möglichen Wirkungen auf Tiere und Pflanzen sowie zu neurodegenerativen Erkrankungen empfohlen.
- SCHEER betont die Wichtigkeit weiterer Untersuchungen zur Erfassung möglicher Einflüsse von niederfrequenten Feldern auf die öffentliche Gesundheit. Dabei sollen Alltagsdaten mit einbezogen werden.
Wie das BfS die SCHEER-Stellungnahme einordnet
Wie bereits in der Aktualisierung der SCENIHR-Bewertung von hochfrequenten Feldern im Jahr 2023 hat sich die SCHEER-Arbeitsgruppe bei der Aktualisierung zu nieder- und zwischenfrequenten Feldern an systematischen Reviews und Metaanalysen orientiert. In diesen Frequenzbereichen liegen jedoch ebenfalls nicht zu allen bewerteten möglichen Wirkungen und Wirkmechanismen Metaanalysen und systematische Reviews vor. Deshalb hat sich die SCHEER-Arbeitsgruppe auch auf narrative Reviews oder Einzelstudien für eine Bewertung gestützt.
In vielen der eingeschlossenen narrativen Reviews fehlen systematische Literaturrecherchen. Zudem werden Qualitätskriterien bei den einbezogenen Studien häufig nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund ist eine Bewertung möglicher gesundheitlicher Risiken allein auf Basis von narrativen Reviews in der Regel mit einer höheren Unsicherheit verbunden.
SCHEER stützt sich für die Bewertung der Evidenz gesundheitsschädlicher Wirkungen auf das Dokument "Memorandum on weight of evidence and uncertainties. Revision 2018". In der Stellungnahme selber lässt sich allerdings teilweise nicht ausreichend nachvollziehen, wie SCHEER zu seinen Bewertungen kommt. Für eine bessere Nachvollziehbarkeit wäre eine ausführlichere Begründung wünschenswert gewesen.
Gesundheitliche Wirkungen für die Allgemeinbevölkerung
SCHEER sieht auf Basis aller berücksichtigten Arbeiten sowohl im Nieder- als auch im Zwischenfrequenzbereich weder eine starke noch eine mäßige Evidenz für mögliche negative gesundheitliche Wirkungen für die Allgemeinbevölkerung. Das BfS kommt bei Betrachtung der Gesamtstudienlage zu einer ähnlichen Einschätzung. Den Empfehlungen von SCHEER hinsichtlich weiterer Forschung, insbesondere zu Leukämie im Kindesalter, schließt sich das BfS an. Durch das Forschungsprogramm „Strahlenschutz beim Stromnetzausbau“ werden vom BfS die meisten der Forschungsthemen im Niederfrequenzbereich, die von der SCHEER-Arbeitsgruppe empfohlen werden, bereits abgedeckt. Auch hinsichtlich des Zwischenfrequenzbereichs hat das BfS Forschung initiiert.
Berufliche Exposition
Bei Betrachtung der beruflichen Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern stuft SCHEER die Evidenz für einen Zusammenhang mit ALS als mäßig ein. Diese Einschätzung beruht hauptsächlich auf Ergebnissen aus epidemiologischen Studien. Aus der SCHEER-Stellungnahme geht nicht hervor, ob und inwiefern die Ergebnisse aus Tierstudien in diese Bewertung eingeflossen sind.
Dazu ist anzumerken, dass Tierstudien zu neurodegenerativen Erkrankungen die Beobachtungen aus den epidemiologischen Studien nicht unterstützen. Zusätzlich weist das BfS darauf hin, dass bei der Betrachtung der beruflichen Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern in epidemiologischen Studien häufig Untersuchungen in Elektroberufen (z.B. Elektriker*in, Telekommunikationstechniker*in, Schweißer*in) durchgeführt wurden. Diese Berufsgruppen wiederum haben ein höheres Risiko für Stromschläge. Stromschläge könnten zu einem progressiven Verlust von Motorneuronen führen und damit ein eigenständiger Risikofaktor für ALS sein. Aus diesen und anderen Gründen sieht das BfS in den vorhandenen wissenschaftlichen Daten keine mäßige oder starke Evidenz für einen unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang zwischen beruflicher Exposition gegenüber Magnetfeldern und ALS.
Oxidativer Stress
Hinsichtlich möglicher Wirkmechanismen niederfrequenter Magnetfelder sieht SCHEER eine schwache Evidenz für oxidativen Stress und für genetische und epigenetische Effekte. Diese Einschätzung beruht jedoch in beiden Fällen auf je einem narrativen Review. Für genetische und epigenetische Effekte wurden zudem insgesamt nur sehr wenige Einzelstudien durchgeführt.
Die Studienergebnisse zu beiden Aspekten sind uneindeutig und teils widersprüchlich. Aus Sicht des BfS ist die Gesamtstudienlage nicht ausreichend belastbar, um daraus eine schwache Evidenz ableiten zu können. Für eine fundierte Bewertung ist es zudem wichtig, die Qualität der Studien zu berücksichtigen. Für oxidativen Stress hat das BfS ein systematisches Review initiiert, um die sehr heterogene Studienlandschaft nach definierten Kriterien zusammenfassen und bewerten zu lassen.
Bewertung
Auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes sieht SCHEER für die Allgemeinbevölkerung keine mäßige oder starke Evidenz für nachteilige Wirkungen. Das deckt sich mit der Einschätzung des BfS, dass unterhalb der für den Schutz der allgemeinen Bevölkerung empfohlenen Grenzwerte keine negativen gesundheitlichen Wirkungen nachgewiesenen sind.
Insgesamt unterstützt das BfS die Empfehlungen von SCHEER, weitere Forschung durchzuführen, insbesondere hinsichtlich Wirkmechanismen, neurodegenerativen Erkrankungen und Leukämie im Kindesalter.
Zukünftige Entwicklungen
Die Internationale Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, um die Richtlinien zur Begrenzung der Exposition gegenüber nieder- und zwischenfrequenten elektrischen und magnetischen Feldern (≤10 Megahertz) aus dem Jahr 2010 zu aktualisieren. ICNIRP wird dabei aktuelle Forschungsergebnisse berücksichtigen.
Parallel dazu fördert das BfS die Forschung zu den Wirkungen niederfrequenter Felder durch das Forschungsprogramm „Strahlenschutz beim Stromnetzausbau“. Dieses deckt viele der von SCHEER empfohlenen Forschungsthemen im Niederfrequenzbereich ab.
Das im Jahr 2016 initiierte Forschungsprogramm wird voraussichtlich im Jahr 2026 abgeschlossen werden. Hierzu ist ein Fachgespräch mit Beteiligung externer Behörden und wissenschaftlicher Institutionen vorgesehen, um die Ergebnisse vorzustellen und zu diskutieren.
Das BfS wird auch weiterhin die aktuellen internationalen und wissenschaftlichen Entwicklungen auf diesem Gebiet verfolgen. Wo nötig, wird zusätzliche Forschung zu nieder- und zwischenfrequenten Feldern initiiert, um so die wissenschaftlichen Unsicherheiten weiter zu verringern.
Stand: 28.01.2025