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Fachliche Stellungnahme des BfS zu den Ergebnissen der NTP-Studie
- Bei der sogenannten NTP-Studie handelt es sich um eine Langzeitstudie an Mäusen und Ratten des National Toxicology Program (NTP) zur Identifikation möglicher Gefahren einer hohen Ganzkörperexposition mit Mobilfunkfeldern.
- Nach Meinung der NTP-Autoren liegt eine expositionsbedingte klare Evidenz für das Auftreten von Herztumoren und eine mäßige Evidenz für das Auftreten von Hirntumoren und Erkrankungen des Nebennierenmarks bei männlichen Ratten vor.
- Im Gegensatz dazu sieht das BfS nach sorgfältiger Analyse der vielfältigen Ergebnisse zwar Hinweise, aber keine klare oder mäßige Evidenz für eine karzinogene Wirkung bei hohen Ganzkörperexpositionen - deutlich oberhalb der Grenzwerte. Methodische Schwächen und Inkonsistenzen in den Studienergebnissen limitieren die Aussagekraft der Studie deutlich.
Zusammenfassung der BfS-Bewertung
Bei der sogenannten NTP-Studie handelt es sich um eine Langzeitstudie an Mäusen und Ratten des National Toxicology Program (NTP) zur Identifikation möglicher Gefahren einer hohen Ganzkörperexposition mit Mobilfunkfeldern. In der Studie wurde nach standardisierten toxikologischen Protokollen vorgegangen. Die NTP-Autoren ziehen den Schluss, dass eine expositionsbedingte klare Evidenz (höchste Evidenzstufe) für das Auftreten von Herztumoren und eine mäßige Evidenz für das Auftreten von Hirntumoren und Erkrankungen des Nebennierenmarks bei männlichen Ratten vorliegt.
Im Gegensatz dazu sieht das BfS nach sorgfältiger Analyse der vielfältigen Ergebnisse zwar Hinweise, aber keine klare oder mäßige Evidenz für eine karzinogene Wirkung bei hohen Ganzkörperexpositionen - deutlich oberhalb der Grenzwerte. Methodische Schwächen und Inkonsistenzen in den Studienergebnissen limitieren die Aussagekraft der Studie deutlich. Die karzinogene Wirkung war auf männliche Ratten beschränkt (fehlte bei weiblichen Ratten und bei beiden Geschlechtern der Mäuse). Die Inzidenzen der im Vergleich zu den beobachteten Krebserkrankungen zu erwartenden Krebsvorstufen lagen zu niedrig, um mit den gängigen Modellen der Tumorentstehung übereinzustimmen. Eine besondere Auffälligkeit der Studie war die hohe Sterblichkeit der Kontrolltiere im Vergleich zu den exponierten Tieren; dies erschwert den direkten Vergleich der im Alter auftretenden Tumore. Auch methodische Besonderheiten dieser toxikologischen Studie (keine Verblindung in der initialen pathologischen Begutachtung und keine Korrektur für multiples Testen) können zu verzerrten oder zufälligen Ergebnissen geführt haben. Hinzu kommt, dass die Körpertemperatur nicht gemessen wurde. Bei den hohen Ganzkörperexpositionen ist deshalb nicht auszuschließen, dass thermischer Stress – mit Körpertemperaturerhöhungen, die oberhalb der Grenzwerte auftreten und bekanntermaßen zu gesundheitlichen Effekten führen - zu den auffälligen Ergebnissen speziell bei männlichen Ratten geführt hat.
Bei den Tierexperimenten handelt es sich um Ganzkörperexpositionen, die ca. 20-fach und mehr über dem für die Allgemeinbevölkerung gültigen Grenzwert für Ganzkörperexpositionen liegen. Aus diesem Grunde sind sie nicht auf die im Lebensalltag des Menschen auftretenden Mobilfunkexpositionen übertragbar.
Das BfS geht deshalb weiterhin davon aus, dass bei Einhaltung der Grenzwerte keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen durch elektromagnetische Felder mit den vom Mobilfunk verwendeten Frequenzen zu erwarten sind.
Da – unabhängig von der NTP-Studie - verbleibende Unsicherheiten in der Bewertung möglicher Langzeitrisiken von intensiver Handynutzung bestehen, sind Vorsorgeempfehlungen ein probates Mittel, um mögliche, aber nicht nachgewiesene Risiken gering zu halten. Im Bereich des Mobilfunks konzentrieren sich die Vorsorgeempfehlungen des BfS auf die Endgeräte: Hersteller sollten ihre Produkte so konzipieren, dass Nutzer und Nutzerinnen möglichst niedrigen Feldstärken ausgesetzt werden. Nutzer und Nutzerinnen können durch die Auswahl von Geräten mit niedrigen angegebenen SAR-Werten und durch einfache Verhaltensmaßnahmen ihre persönliche Exposition gering halten. Das BfS gibt hierzu Vorsorgeempfehlungen.
Beschreibung der Studie und Ergebnisse
Studiendesign und MethodenEinklappen / Ausklappen
Die NTP-Studie [1 und 2] wurde in drei Phasen durchgeführt. In der 1. und 2. Phase wurden die für eine Ganzkörperexposition geeigneten (maximalen) spezifischen Absorptionsraten (SAR) bestimmt, die bei den Labornagern (Harlan Sprague-Dawley Ratten und B63F1 Mäuse) nicht bereits nach kurzer Zeit zu einer erhöhten Sterblichkeit oder übermäßiger Erwärmung (über 1 °C) führen. Entsprechend den Ergebnissen aus der 1. und 2. Phase wurden die Ganzkörper-SAR-Werte für die chronische Befeldung der Labornager in der 3. Phase, der eigentlichen Hauptstudie, festgelegt. (Detaillierte Informationen zu den drei Studienphasen sind in Anhang 1: Studiendesign und Ergebnisse der ersten und zweiten Studienphase und Anhang 2: Studiendesign und Ergebnisse der NTP-Hauptstudie zu finden)
In der Hauptstudie wurden die einzeln gehaltenen, frei beweglichen Tiere (90 Tiere/Gruppe) Ganzkörper-exponiert (für 18 h 20 min pro Tag, 10 min Feld aus/10 min Feld ein) mit GSM- und CDMA-modulierten 900 MHz (Ratten) und 1900 MHz-Signalen (Mäuse) bei SAR-Werten von 1,5, 3 und 6 W/kg für Ratten und 2,5, 5 und 10 W/kg für Mäuse. Die über den gesamten Körper der Tiere gemittelte SAR wurde mittels numerischer Computersimulationsrechnungen bestimmt und über die Studiendauer möglichst konstant gehalten. Als Vergleichsgruppe wurde eine scheinexponierte Kontrollgruppe für beide Modulationen (GSM, CDMA) verwendet. Zu Studienende nach 2 Jahren wurden folgende Endpunkte untersucht: Körpergewicht und Überlebensrate der Tiere, hämatologische und klinisch-chemische Variablen, sowie neoplastische und nicht-neoplastische Veränderungen in Organen und Geweben.
Ergebnisse der Hauptstudie Einklappen / Ausklappen
A) Ratten
- Überleben: Exponierte männliche Ratten lebten deutlich länger als die scheinexponierten Kontrolltiere (Anzahl der Tiere, die bis zum Studienende überlebten: GSM 25, 45*, 50*, 60* bzw. CDMA 25, 43*, 56*, 43 bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg)a . Exponierte weibliche Ratten lebten gleich lang wie die Kontrolltiere, mit Ausnahme der Tiere der 6 W/kg CDMA-exponierten Gruppe, die signifikant länger überlebten (Anzahl der Tiere, die bis zum Studienende überlebten: GSM 48, 53, 48, 57 bzw. CDMA 48, 46, 50, 61* bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg).
Herz: Bei männlichen Ratten erhöhte sich die Inzidenz maligner Schwannome des Herzens mit zunehmender GSM-Exposition (0, 2, 1, 5 Fälle bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg) und CDMA-Exposition (0, 2, 3, 6* Fälle bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg). Dieser Expositions-Wirkungs-Trend war statistisch signifikant für beide Modulationen und für CDMA in der höchsten Expositionsgruppe (6 W/kg) im Vergleich zur Scheinexposition. Bei weiblichen Ratten wurde weder ein Trend noch eine signifikant erhöhte Inzidenz für einzelne Expositionsstufen gefunden (GSM: 0, 0, 2, 0 Fälle und CDMA: 0, 2, 0, 2 Fälle bei jeweils 0, 1,5, 3 und 6 W/kg). Die Inzidenz von Schwannomen in anderen Teilen des Körpers war unauffällig.
Signifikant (*) erhöhte Inzidenzen für rechtsventrikuläre Kardiomyopathien traten in der höchsten CDMA- und den beiden höchsten GSM-Expositionsstufen bei männlichen Ratten (GSM: 54, 62, 72*, 74* Fälle und CDMA: 54, 45, 62, 74* Fälle bei 0, 1.5, 3 und 6 W/kg) sowie bei bei weiblichen Ratten (GSM: 4, 9, 14*, 15* Fälle bei 0, 1.5, 3 und 6 W/kg) im Vergleich zu scheinexponierten Kontrollen auf.
Erhöhungen der Inzidenzen von Schwann-Zell-Hyperplasien (mögliche Krebsvorstufe der Schwannome im Herzen) bei männlichen (GSM: 0, 1, 0, 2 Fälle bzw. CDMA: 0, 0, 0, 3 Fälle bei 0, 1.5, 3 und 6 W/kg) und weiblichen Ratten (nur bei CDMA: 0, 1, 1, 1 Fälle bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg) wurden im Vergleich zu Kontrollen beobachtet, diese waren jedoch nicht signifikant.
Gehirn: Bei männlichen Ratten wurden erhöhte Inzidenzen maligner Gliome in allen exponierten Gruppen im Vergleich zur Kontrolle bei GSM-Modulation (0, 3, 3, 2 Fälle bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg) und ein signifikanter Trend mit zunehmender Exposition bei CDMA-Modulation (0, 0, 0, 3 Fälle bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg) gefunden. Bei weiblichen Ratten traten nur in wenigen Expositionsstufen Erhöhungen der Inzidenzen maligner Gliome (GSM: 0, 3, 0, 0 Fälle und CDMA: 0, 0, 0, 1 Fälle bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg) auf, die alle nicht signifikant waren.
Erhöhte Inzidenzen einer Hyperplasie der Gliazellen (mögliche Krebsvorstufe des malignen Glioms) traten in den meisten exponierten Gruppen beiderlei Geschlechts auf, diese waren jedoch nicht signifikant.
- Nebennierenmark: Bei männlichen Ratten traten zum Teil signifikant erhöhte Inzidenzen benigner Phäochromozytome (GSM: 10, 23*, 25*, 14 Fälle bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg) sowie benigner, maligner und komplexer Phäochromozytome (GSM: 11, 24*, 28*, 14 Fälle bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg) auf, allerdings nur bei GSM-Modulation. Bei weiblichen Ratten zeigten sich überwiegend nur leicht erhöhte Inzidenzen benigner Phäochromozytome (GSM: 1, 3, 3, 2 Fälle und CDMA: 1, 7, 3, 4 Fälle bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg) sowie benigner, maligner und komplexer Phäochromozytome (CDMA: 1, 9*, 5, 4 bei 0, 1,5, 3 und 6 W/kg).
- Niere: In männlichen Ratten war der Schweregrad der chronisch progressiven Nephropathie in allen exponierten Gruppen (GSM und CDMA) niedriger als in der scheinexponierten Kontrollgruppe bei gleichen Inzidenzraten. Für eine Reihe von möglichen sekundären Begleiterscheinungen der chronisch progressiven Nephropathie zeigten sich signifikant verringerte Inzidenzraten in allen exponierten Gruppen männlicher Ratten (GSM und CDMA).
- Andere Organe: Vereinzelt signifikant erhöhte Inzidenzen von unklarer Bedeutung: u.a. für benigne oder maligne Granularzelltumore, Adenome und Karzinome der Prostata, Adenome der Hypophyse und Adenome oder Karzinome der Langerhans-Inseln (GSM) sowie für Adenome der Hypophyse und hepatozelluläre Adenome oder Karzinome der Leber (CDMA).
B) Mäuse
- Überleben: Die Überlebenswahrscheinlichkeit war in den meisten Gruppen männlicher und weiblicher Mäuse nicht signifikant unterschiedlich zur scheinexponierten Kontrollgruppe.
- Herz, Gehirn und Nebennierenmark: Im Gegensatz zu Ratten wurde für maligne Schwannome des Herzens, maligne Gliome und Erkrankungen des Nebennierenmarks bei Mäusen weder ein Trend mit zunehmender Exposition, noch signifikante erhöhte Inzidenzen in den einzelnen Expositionsstufen im Vergleich zu scheinexponierten Kontrollen beobachtet.
- Andere Organe: Vereinzelt (signifikant) erhöhte Inzidenzen oder Trends von unklarer Bedeutung: Lebertumoren, Hauttumoren und Lungentumoren in männlichen Mäusen, Maligne Lymphome in weiblichen Mäusen.
Eine detaillierte Auflistung weiterer Ergebnisse aus der Hauptstudie kann in Anhang 2: Studiendesign und Ergebnisse der NTP-Hauptstudie eingesehen werden.
LiteraturEinklappen / Ausklappen
[1] NTP TECHNICAL REPORT ON THE TOXICOLOGY AND CARCINOGENESIS STUDIES IN Hsd:SPRAGUE DAWLEY SD RATS EXPOSED TO WHOLE-BODY RADIO FREQUENCY RADIATION AT A FREQUENCY (900 MHz) AND MODULATIONS (GSM AND CDMA) USED BY CELL PHONES; NTP TR 595, November 2018
[2] NTP TECHNICAL REPORT ON THE TOXICOLOGY AND CARCINOGENESIS STUDIES IN B6C3F1/N MICE EXPOSED TO WHOLE-BODY RADIO FREQUENCY RADIATION AT A FREQUENCY (1,900 MHz) AND MODULATIONS (GSM AND CDMA) USED BY CELL PHONES; NTP TR 596, November 2018
Bewertung durch die Autoren und durch das BfS
Bewertung der Ergebnisse durch das NTP-TeamEinklappen / Ausklappen
Die abschließende Bewertung durch das 19 köpfige NTP-Team erfolgte nach einem 3-tägigen Peer Review Prozess einer Vorabveröffentlichung im März 2018, an dem sowohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch Personen der Öffentlichkeit teilnahmen und über die Ergebnisse diskutierten.
NTP sieht nach ihren spezifischen toxikologischen Einstufungskriterien
- eine klare Evidenz ("clear evidence") für das Auftreten von Herztumoren (maligne Schwannome) (GSM und CDMA-Modulation) in männlichen Ratten
- eine mäßige Evidenz ("some evidence") für das Auftreten von Hirntumoren (Gliome) (GSM- und CDMA-Modulation) und Erkrankungen des Nebennierenmarks (GSM-Modulation) in männlichen Ratten
- eine fragwürdige, uneindeutige Evidenz ("equivocal evidence") für einzelne neoplastische und nicht-neoplastische Veränderungen bei männlichen und weiblichen Ratten und Mäusen.
Bewertung der Ergebnisse durch das BfSEinklappen / Ausklappen
Das BfS sieht in den umfangreichen Daten zwar Hinweise, aber keinen Nachweis dafür, dass die in männlichen Ratten aufgetretenen Herztumoren eine Folge der Ganzkörperexposition unter den toxikologischen Versuchsbedingungen (z.T. extrem) hoher und langandauernder Exposition sein können. Dies liegt an einer Reihe von methodischen Schwächen und Inkonsistenzen in den Studienergebnissen sowie Besonderheiten im toxikologischen Studiendesign, die im Folgenden dargelegt werden:
Geschlechtsspezifität
Ein signifikant erhöhtes Auftreten maligner Schwannome am Herzen wurde nur in männlichen Ratten gefunden. Dieses Ergebnis ist damit nicht konsistent zu den Ergebnissen bei weiblichen Ratten oder Mäusen innerhalb der NTP-Studie, aber zu einer weiteren Tierstudie, die kürzlich von Falcioni et al. [3] publiziert wurde. Jedoch werden Geschlechtsunterschiede bei der Tumorinzidenz häufig in Karzinogenitätsstudien des NTP beobachtet. Dabei treten, möglicherweise studienbedingt, zumeist vermehrt Tumoren in männlichen Ratten auf [4].
Niedrige Zahl von Krebsvorstufen
Die Anzahl an möglichen Krebsvorstufen sowohl in den exponierten als auch in den nicht exponierten Kontrolltieren war in fast allen Gruppen kleiner als die Tumorinzidenz. Aus den gängigen Modellen der Krebsentstehung wäre der umgekehrte Fall zu erwarten gewesen. Allerdings ist unklar, ob es sich bei den beobachteten Hyperplasien (Schwannzell- und Gliazellhyperplasie) tatsächlich um Krebsvorstufen der malignen Schwannome bzw. Gliome handelt, weshalb sie von den NTP-Autoren auch als „vermeintliche/mögliche“ Krebsvorstufen bezeichnet werden.
Unterschiede in den Überlebensraten
Bei den männlichen Ratten hatten die Kontrolltiere eine deutlich niedrigere Lebenserwartung als die exponierten Tiere (28 % Überlebensrate bei Kontrolltieren versus 50-68 % GSM und 48-62 % CDMA in den exponierten Gruppen). Die Kontrolltiere zeigten keine malignen Schwannome des Herzens oder maligne Gliome im Vergleich zu den exponierten Tieren. Dies liegt zwar im Bereich der Inzidenzen historischer Kontrollen (maligne Schwannome 0-2 %, maligne Gliome 0-4 % Inzidenz), trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Tiere starben bevor sie einen Tumor entwickelten. Dies kann zu einer Unterrepräsentation von spät auftretenden Schwannomen am Herzen bei Kontrolltieren geführt haben und damit zu einer Überschätzung des zugehörigen Risikos. Für die üblicherweise erst im hohen Tieralter auftretenden malignen Gliome könnte sich die geringe Lebenserwartung der Kontrolltiere noch stärker ausgewirkt haben. Die Unterschiede in den Überlebensraten wurden in der statistischen Auswertung durch entsprechende Korrekturen berücksichtigt. Ob die den Korrekturen zugrundeliegenden Annahmen auf die bisher wenig erforschten Schwannome des Herzens zutreffen, ist unklar.
Expositionsbedingungen und Dosimetrie
Frei bewegliche Tiere zu exponieren und gleichzeitig eine aussagekräftige Dosimetrie sicherzustellen, ist eine große Herausforderung. Hervorzuheben ist daher, dass es den Forschern gelang, die spezifische Absorptionsrate der Ganzkörperexposition über die gesamte Studiendauer pro Expositionsgruppe (zeitlich gemittelt) vergleichsweise konstant auf einem festgelegten Wert zu halten. In toxikologischen Langzeitstudien ist es von großer Wichtigkeit, dass die Dosis (hier die SAR) konstant gehalten wird. Allerdings ist die spezifische Absorptionsrate allein nicht repräsentativ für die zu erwartende Temperaturerhöhung der Tiere, die bei zu starker Erhöhung (> 1 °C) zu nachgewiesenen Gesundheitseffekten führt.
Fehlende Temperaturmessung
Eine große Schwäche der Studie liegt darin, dass die Körpertemperatur in der Hauptstudie nicht erfasst worden ist. Auch wurden keine Parameter erhoben, um den Metabolismus der Tiere zu erfassen (Wasserkonsum, CO2-Produktion, etc.) und damit Hinweise auf erhöhte Körpertemperaturen zu erhalten. In der ersten Phase der Studie (siehe Anhang 1) wurden bei erwachsenen männlichen Ratten signifikante Körpertemperaturerhöhungen (bei einigen Messungen signifikant >1 °C) ab einem Ganzkörper-SAR-Wert von 6 W/kg festgestellt. Auch zeigte sich eine klare Korrelation zwischen Körpergewicht und Temperaturerhöhung. Dies ist dadurch erklärbar, dass große, schwere Tiere aufgrund ihrer im Verhältnis zur Körpermasse geringen Oberfläche eine geringere thermische Abstrahlleistung (Kühleffekt) aufweisen als kleine Tiere. Dies ist auch vereinbar mit den in Phase 2 gemessenen geringen Temperaturerhöhungen in jungen und damit leichteren männlichen Ratten. Aufgrund der fehlenden Temperaturmessung in der Hauptstudie kann nicht ausgeschlossen werden, dass es in männlichen (älteren und schwereren) Ratten zu einer übermäßigen Erwärmung von >1 °C kam. Dies sind Körpertemperaturerhöhungen, die oberhalb der Grenzwerte auftreten und bekanntermaßen zu gesundheitlichen Effekten führen. Aufgrund dessen ist es möglich, dass die beobachteten erhöhten Tumorinzidenzen in männlichen Ratten die Folge von thermischem Stress waren (eine ausführliche Diskussion zur Temperaturregelung und zu einer nicht geplanten aber möglicherweise übermäßigen Temperaturerhöhung in männlichen Ratten findet sich in Anhang 3: Thermischer Stress als mögliche Ursache für Befunde der NTP-Hauptstudie).
Multiples Testen
Statistische Tests wurden für eine Reihe von Endpunkten, getrennt für männliche und weibliche Tiere, GSM und CDMA, Zwischenergebnisse und 2-Jahresstudie sowie drei Expositionsgruppen, durchgeführt. Durch die Vielzahl von Tests sind signifikante Ergebnisse, die rein zufälliger Natur sind, zu erwarten. Für stetige Variablen (z.B. Körpergewicht) wurde durch die Forscher daher eine Korrektur für multiples Testen durchgeführt. Diskrete Variablen, wie beispielsweise Inzidenzen von Tumoren wurden jedoch gemäß standardisierten NTP-Protokollen nicht für multiples Testen korrigiert, sodass hierfür eine höhere Wahrscheinlichkeit für falsch positive Ergebnisse besteht. Im statistischen Sinne kann daher keines der signifikanten Ergebnisse einzeln als tatsächlich "signifikant", also überzufällig, gewertet werden.
Verblindung
Die histopathologischen Untersuchungen wurden in einem mehrstufigen Prozess von mehreren Pathologen durchgeführt. Die initiale Begutachtung der Gewebeschnitte zur Identifizierung möglicher Läsionen in Mäusen und Ratten verlief allerdings in unverblindeter Weise. Das heißt, den Pathologen in der initialen Begutachtung war zu jeder Zeit bewusst, ob der zu begutachtende Gewebeschnitt von einer exponierten oder von einer scheinexponierten Maus bzw. Ratte stammte. Dies ist in der wissenschaftlichen Forschung unüblich, entspricht aber den Empfehlungen der amerikanischen Gesellschaft für toxikologische Untersuchungen [5]. Eine fehlende Verblindung kann eine Verzerrung der Ergebnisse bewirken, da individuelle - auch unbewusste - Erwartungshaltungen der analysierenden Wissenschaftler Einfluss auf die Anzahl und Schwere der gefundenen Gewebeveränderungen in den jeweiligen Gruppen haben können.
Einordnung der Ergebnisse in den aktuellen KenntnisstandEinklappen / Ausklappen
Maligne Herztumore sind beim Menschen äußerst selten. Die Ergebnisse der NTP-Studie sind aber insofern von Relevanz, da die beim Menschen häufigeren gutartigen Akustikusneurinome (Tumore des Hörnervs) zu den Schwannomen gehören und in epidemiologischen Studien vereinzelt Hinweise für einen möglichen Zusammenhang von Akustikusneurinomen und Handynutzung gefunden wurden. In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass bezogen auf die Gesamtheit der Schwannome aller untersuchten Organe sich auch in der NTP-Studie keine signifikant erhöhten Inzidenzraten zeigten. Eine histopathologische Untersuchung auf Akustikusneurinome wurde in der NTP-Studie allerdings nicht durchgeführt.
Bisherige Tierstudien, wie z.B. die im Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramm (DMF) durchgeführten Mehrgenerationsstudien, hatten zum Ziel, die bestehenden Grenzwerte zu überprüfen und wurden daher bei niedrigeren Strahlungsintensitäten durchgeführt. Eine karzinogene Wirkung von hochfrequenten Feldern mit Mobilfunk-relevanten Frequenzen und Modulationen wurde (bei Einhaltung bestehender Grenzwerte) in den DMF-Studien und einigen anderen Tierstudien mehrheitlich nicht gesehen [6] (Ausnahme: Falcioni et al. (2018)[3]).
Die Ergebnisse der NTP-Studie unterscheiden sich somit von bisherigen Studienergebnissen und werfen die Frage auf, ob möglicherweise thermischer Stress zu den beobachteten Befunden geführt hat. Dies zu klären sollte Gegenstand zukünftiger Forschung sein.
Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den MenschenEinklappen / Ausklappen
Die SAR-Verteilungen in den Geweben von Menschen und Versuchstieren weisen große Unterschiede auf: Erhebliche Differenzen bestehen bezüglich der Körpergrößen, der Organgrößen und der Organanordnungen, die sich jeweils auf die SAR-Verteilungen auswirken. Bei Mäusen und Ratten werden innere Organe stärker von außen einwirkenden hochfrequenten elektromagnetischen Feldern erreicht als beim Menschen.
Die in der Hauptstudie angewendeten Ganzkörper-SAR-Werte (≥1,5 W/kg) liegen deutlich (zumindest ca. 20fach) über dem für die Allgemeinbevölkerung zum Schutz vor nachgewiesenen Gesundheitswirkungen national und international empfohlenen Grenzwert für Ganzkörperexpositionen von 0,08 W/kg. Von diesem Wert leiten sich die in Deutschland geltenden Grenzwerte für ortsfeste Hochfrequenzanlagen ab, die in Alltagssituationen bei weitem nicht ausgeschöpft werden. So wurden zum Beispiel in Untersuchungen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms (DMF) in der Umgebung von GSM- und UMTS-Basisstationen Ausschöpfungen des Grenzwertes für die elektrische Feldstärke von maximal bis zu etwa 10 % gefunden. Unter diesen Bedingungen kann abgeschätzt werden, dass die im menschlichen Körper hervorgerufenen Ganzkörper-SAR-Werte die Größenordnung von jeweils 0,001 W/kg nicht übersteigen und damit mindestens drei Größenordnungen (Faktor 1000) unter den Ganzkörper-SAR-Werten der exponierten Ratten in der NTP-Studie liegen.
Nur die niedrigste für Ratten verwendete Expositionsstufe (1,5 W/kg) liegt unterhalb des empfohlenen Grenzwertes für lokale Expositionen (für die Allgemeinbevölkerung liegt der empfohlene SAR-Grenzwert für lokale Expositionen von Kopf oder Rumpf bei 2 W/kg). Die von den Autoren auf Organebene durchgeführten dosimetrischen Analysen [7] zeigen allerdings, dass die Expositionen der in den histopathologischen Untersuchungen auffälligen Herzen der männlichen Ratten im Mittel um einen Faktor 1,9 höher waren als im Körperdurchschnitt, also in der am niedrigsten exponierten Gruppe bei 2,8 W/kg und damit bereits über dem empfohlenen Grenzwert für Kopf und Rumpf.
LiteraturEinklappen / Ausklappen
[3] Falcioni, L., et al., Report of final results regarding brain and heart tumors in Sprague-Dawley rats exposed from prenatal life until natural death to mobile phone radiofrequency field representative of a 1.8GHz GSM base station environmental emission. Environ Res, 2018. 165: p. 496-503.
[4] Kadekar, S., et al., Gender differences in chemical carcinogenesis in National Toxicology Program 2-year bioassays. Toxicol Pathol, 2012. 40(8): p. 1160-8.
[5] Crissman, J.W., et al., Best practices guideline: toxicologic histopathology. Toxicologic Pathology, 2004. 32(1): p. 126-131.
[6] SCENIHR 2015. Potential health effects of exposure to electromagnetic fields (EMF). 27 January 2015.
[7] Gong, Y., et al., Life-Time Dosimetric Assessment for Mice and Rats Exposed in Reverberation Chambers for the Two-Year NTP Cancer Bioassay Study on Cell Phone Radiation. IEEE transactions on electromagnetic compatibility, 2017. 59(6): p. 1798-1808.
Stand: 14.04.2021