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Langzeitstudie an Mäusen und Ratten zu Ganzkörperexposition mit Mobilfunkfeldern (NTP-Studie)

Anhang 2: Studiendesign und Ergebnisse der NTP-Hauptstudie

Studiendesign

Die Gruppengröße betrug zu Beginn der Hauptstudie jeweils 105 Tiere pro Expositionsstufe und Kontrollgruppe für jeweils beide Tierarten (Mäuse und Ratten), für GSM und CDMA-Modulation (Ausnahme: hier eine gemeinsame Kontrollgruppe) und für beide Geschlechter. Insgesamt wurden fast 1900 Ratten und 1500 Mäuse in der Studie eingesetzt. Bei den Ratten wurden die Muttertiere ab dem fünften Trächtigkeitstag exponiert, die Mäuse wurden ab einem Alter von 5-6 Wochen exponiert.

Die frei beweglichen Tiere wurden einzeln unter genau bekannten Laborbedingungen gehalten, die sich nur durch die Exposition unterschieden, die Kontrollgruppe wurde scheinexponiert. Begleiteffekte der Exposition (z.B. Geräusche) wurden identifiziert und im Versuch zwischen den Expositionsgruppen angeglichen, um eine gute Vergleichbarkeit zwischen befeldeten und nicht befeldeten Tieren sicherzustellen. Die intermittierende Ganzkörperexposition (10 Minuten an/10 Minuten aus) der Tiere betrug täglich insgesamt 18 h 20 min, was in einer Gesamtexpositionsdauer pro Tag von 9 h 10 min resultierte.

Zwischenanalyse

Vierzehn Wochen nach Beginn der Studie erfolgte eine Zwischenanalyse. Es wurden 10 weibliche und 10 männliche Ratten bzw. Mäuse pro Gruppe eingeschläfert, seziert und auf verschiedene Endpunkte (u.a. Gewicht der Organe, mikroskopische Begutachtung der Hauptgewebe, Spermienbeweglichkeit und –konzentration, Vaginalzytologie) untersucht. Von 5 männlichen und 5 weiblichen Ratten und Mäusen pro Gruppe wurden Blut- und Gewebeproben zur Untersuchung der Genotoxizität entnommen.

Studienende

Damit verblieben 90 Tiere pro chronisch Langzeit-befeldeter Expositionsgruppe und Kontrollgruppe. Nach 2 Jahren (das entspricht ungefähr der durchschnittlichen Lebenserwartung von Ratten und Mäusen) wurden alle noch lebenden Tiere eingeschläfert. Alle Tiere, auch diejenigen, die im Laufe der Studie tot aufgefunden wurden oder wegen Erkrankungen eingeschläfert werden mussten, wurden seziert und untersucht.

Statistische Tests

Um zu prüfen, ob schein-exponierte und exponierte Tiere sich hinsichtlich möglicher Langzeiteffekte unterscheiden, wurden für oben genannte Endpunkte (Zwischenanalyse und Studien-Ende) zwei Arten von statistischen Tests (getrennt für Mäuse und Ratten, männliche und weibliche Tiere und GSM und CDMA-Modulation) durchgeführt. Im ersten Test wurde jeweils eine der drei Expositionsgruppen mit der Kontrollgruppe verglichen (paarweiser Vergleich), im zweiten Test wurde geprüft, ob ein Trend mit zunehmender Expositionsintensität vorliegt. Als Signifikanzniveau für die statistischen Tests wurde 0,05 (Pathologie) gewählt.

Ergebnisse

Untersuchungen an RattenEinklappen / Ausklappen

1. Ergebnisse der Exposition der Muttertiere
  • Körpergewichte der exponierten Muttertiere: Kein Unterschied zur scheinexponierten Kontrollgruppe. Die Gewichtszunahme war jedoch zwischen dem 6. und 21. Tag nach Empfängnis in der 6 W/kg GSM-exponierten Gruppe signifikant um 7 % verringert im Vergleich zur scheinexponierten Kontrollgruppe.
  • Wurfgröße: Keine Beeinträchtigung durch die Exposition.
  • Sterblichkeits- oder Überlebensrate: Bei GSM-exponierten Jungtieren zeigten sich keine Effekte. Bei den 6 W/kg CDMA-exponierten Ratten wurde eine signifikant erhöhte Sterblichkeitsrate der Jungtiere im Vergleich zu den scheinexponierten Kontrolltieren zwischen Tag 4 und 21 nach Geburt beobachtet.
  • Körpergewichte während der Laktationsperiode: Bei Muttertieren signifikant geringer in den 3 und 6 W/kg CDMA- und GSM-exponierten Gruppen im Vergleich zur scheinexponierten Kontrollgruppe. Körpergewichte der weiblichen und männlichen Jungtiere waren 4 Tage nach der Geburt (CDMA) bzw. zu den meisten Zeitpunkten (GSM) in der 3 W/kg und zu allen Zeitpunkten in der 6 W/kg (CDMA und GSM) exponierten Gruppe geringer im Vergleich zur scheinexponierten Kontrollgruppe.
2. Ergebnisse der Zwischenanalyse
  • Organgewichte: Leber und Niere zeigten in einigen Expositionsgruppen signifikant geringere Gewichte (in 1,5 und 6 W/kg GSM- und 6 W/kg CDMA-exponierten männlichen Ratten sowie in 6 W/kg CDMA- und 1,5, 3 und 6 W/kg GSM-exponierten weiblichen Ratten), die jedoch mit keinen histopathologischen Befunden assoziiert waren.
  • Hämatologische und klinisch-chemische Variablen: Leukozyten- und Lymphozytenlevel bei 3 W/kg GSM-exponierten weiblichen Ratten signifikant verringert. Cholesterol- und Triglyceridlevel bei 6 W/kg GSM-exponierten weiblichen Ratten verringert. Bei CDMA-Exposition zeigten sich keine entsprechenden Veränderungen hämatologischer und klinisch-chemischer Variablen.
  • Gewichte der Geschlechtsorgane, Spermienbeweglichkeit oder –konzentration: Keine Effekte durch GSM- oder CDMA-Exposition.
  • Vaginalzytologie: Aufgrund geringer diagnostischer Qualität der zytologischen Schnitte war keine Auswertung möglich.
  • Kardiomyopathie im rechten Herzventrikel: Erhöhte Inzidenzen in männlichen Ratten der 3 und 6 W/kg GSM-exponierten und in allen CDMA-exponierten Gruppen. Kardiomyopathie ist eine häufig beobachtete spontane Erkrankung in Ratten, die sich typischerweise nicht klinisch manifestiert.
  • DNA-Schäden: Im Comet-Assay signifikante Zunahme in den 6 W/kg CDMA-exponierten Männchen in Zellen des Hippocampus im Vergleich zur scheinexponierten Kontrollgruppe. Ein signifikant positiver Trend konnte für DNA-Schäden der Zellen des Hippocampus, der Zellen des Frontalcortex und in Leukozyten des Blutes (bei Auszählung von 150 Zellen) der CDMA-exponierten männlichen Ratten nachgewiesen werden.
3. Ergebnisse der Exposition der Ratten über 2 Jahre
  • Gewicht und Gewichtszunahme und Überleben

    • Die Überlebenswahrscheinlichkeit aller GSM- und CDMA-exponierten Gruppen war bei männlichen Ratten höher als die der scheinexponierten Kontrollgruppe. Dieser Effekt war signifikant in den 1,5 und 3 W/kg CDMA-exponierten und in allen GSM-exponierten Gruppen. Für den lebensverlängernden Effekt machen die Autoren den bei exponierten männlichen Ratten deutlich verringerten Schweregrad einer chronischen Nierenerkrankung (Nephropathie) verantwortlich. GSM-exponierte weibliche Ratten zeigten hingegen dieselbe Überlebenswahrscheinlichkeit wie weibliche Ratten in der scheinexponierten Kontrollgruppe während 6 W/kg CDMA-exponierte weibliche Ratten ein signifikant höheres Überleben aufzeigten.
    • Das Körpergewicht der 6 W/kg GSM-exponierten männlichen Ratten war 3-6 % niedriger bis zu Tag 401. Ab Tag 541 bis zur Tötung der Tiere zu Studienende war das mittlere Körpergewicht bis zu 7,2 % höher. Das Körpergewicht der 6 W/kg CDMA-exponierten männlichen Ratten war bis Tag 457 niedriger als das der scheinexponierten Tiere, zu Studienende glichen sich die Körpergewichte beider Gruppen jedoch wieder an. In den Weibchen zeigten sich keine Unterschiede im Körpergewicht zwischen exponierten und scheinexponierten Tieren bei beiden Modulationen.
  • Neoplastische und nicht-neoplastische Läsionen sind für Herz, Gehirn und Nebenniere bereits in der Stellungnahme aufgeführt, werden hier aber vollständigkeitshalber nochmal angegeben:

    • Herz: Erhöhte Inzidenzen maligner Schwannome in allen GSM- (0/2/1/5) und CDMA (0/2/3/6*) exponierten Gruppen männlicher Ratten. Beide Modulationen zeigen einen signifikant positiven Trend. In weiblichen Ratten erhöhte Inzidenzen nur in der 3 W/kg GSM- (GSM 0/0/2/0) und den 1,5 und 6 W/kg CDMA-exponierten Gruppen (0/2/0/2). Erhöhte Inzidenzen von Schwann-Zell-Hyperplasie (mögliche präneoplastische Schwannzellläsion) bei männlichen (GSM 0/1/0/2, bzw. CDMA 0/0/0/3) und weiblichen Ratten (nur bei CDMA 0/1/1/1).

      Erhöhte Inzidenzen für rechtsventrikuläre Kardiomyopathien in allen Gruppen männlicher (GSM 54/62/72*/74*, CDMA 54/45/62/74*) und weiblicher Ratten (GSM 4/9/14*/15*, CDMA 4/7/9/9).

    • Gehirn: Erhöhte Inzidenzen maligner Gliome in allen GSM-exponierten Gruppen männlicher Ratten (0/3/3/2) sowie in der 6 W/kg exponierten Gruppe weiblicher Ratten (0/0/0/1). Bei CDMA erhöhte Inzidenzen in männlichen (0/0/0/3, signifikant positiver Trend) und weiblichen Ratten (0/3/0/0).
      Erhöhte Inzidenzen einer Hyperplasie der Gliazellen (mögliche präneoplastische Läsion, die sich in ein malignes Gliom entwickeln kann) in den meisten exponierten Gruppen beiderlei Geschlechts, jedoch nicht signifikant.
    • Nebennierenmark: Signifikant erhöhte Inzidenzen benigner Phäochromozytome (GSM 10/23*/25*/14, CDMA keine) sowie benigner, maligner und komplexer Phäochromozytome in männlichen Ratten (GSM 11/24*/28*/14, CDMA keine). Bei weiblichen Ratten leicht erhöhte Inzidenzen benigner Phäochromozytome in allen Gruppen (GSM 1/3/3/2, CDMA 1/7/3/4), sowie erhöhte Inzidenzen benigner, maligner und komplexer Phäochromozytome in allen CDMA-exponierten Gruppen (1/9*/5/4).
    • Andere Organe: Läsionen in verschiedenen Organen, wie Tumore der Prostata, der Hypophyse oder des Pankreas, wurden beobachtet, es war jedoch nicht möglich zu beurteilen, ob diese eine Folge der Exposition oder zufällige Befunde waren. Die expositionsabhängige Verringerung des Schweregrads der chronischen Nephropathie in den männlichen Ratten äußerte sich in einer ebenfalls expositionsabhängigen Verringerung der Inzidenzen von Sekundärläsionen wie zum Beispiel Mineralablagerungen und chronischen Entzündungen in Blutgefäßen und Hyperplasie der Nebenschilddrüse.

Untersuchungen an MäusenEinklappen / Ausklappen

1. Ergebnisse der Zwischenanalyse
  • Hämatologische und klinisch-chemische Variablen: Keine Veränderungen die auf die GSM- oder CDMA modulierte Exposition zurückzuführen gewesen wären.
  • Organgewichte: Signifikant geringere Gewichte der Niere und Leber in den 5 und 10 W/kg GSM- und CDMA-exponierten Männchen im Vergleich zu den scheinexponierten Kontrollgruppen. Die Gewichtsveränderungen waren aber sehr klein und wurden nicht von expositionsbedingten histopathologischen Läsionen begleitet. Signifikant niedrigere Gewichte des Gehirns und der rechten Niere in den 10 W/kg GSM-exponierten Weibchen. Diese Veränderungen wurden als nicht toxikologisch wichtig erachtet. In CDMA-exponierten Weibchen zeigten sich keine Gewichtsveränderungen der Organe.
  • Gewichte der Geschlechtsorgane, Spermienbeweglichkeit oder –konzentration: Keine Effekte durch GSM- oder CDMA-Exposition in männlichen Mäusen.
  • Vaginalzytologie: Keine Effekte in Weibchen.
  • fokale Entzündungen in der Leber: Signifikant erhöhte Inzidenz in den 5 W/kg GSM-exponierten männlichen Mäusen und eine nicht signifikante Erhöhung in der 2,5 W/kg GSM-exponierten Gruppe. Fokale Entzündungen werden aber häufig in diesem Mäusestamm beobachtet und wurden in der Studie nicht als biologisch relevant betrachtet.
  • DNA-Schäden: Im Comet-Assay signifikante Zunahme bei männlichen Mäusen in Zellen des Frontalcortex bei beiden Modulationen (bei 5 und 10 W/kg CDMA und bei 10 W/kg GSM) im Vergleich zur scheinexponierten Kontrollgruppe sowie ein signifikant positiver Trend. Signifikant erhöhte DNA-Schäden in Leukozyten aus dem Blut bei CDMA-exponierten weiblichen Mäusen bei allen drei Expositionsstufen.
2. Ergebnisse der Exposition der Mäuse über 2 Jahre
  • Gewicht und Gewichtszunahme und Überleben

    • Überlebenswahrscheinlichkeit: Signifikant erhöht in 5 W/kg GSM-exponierten und 2,5 W/kg CDMA-exponierten männlichen Mäusen im Vergleich zur scheinexponierten Kontrollgruppe. Die Überlebenswahrscheinlichkeit männlicher und weiblicher Mäuse der anderen exponierten Gruppen war gleich der der scheinexponierten Kontrollgruppen.
    • Gewicht und Gewichtszunahme unterschieden sich nicht zwischen exponierten und scheinexponierten Mäusen bei beiden Modulationen.
  • Neoplastische und nicht-neoplastische Läsionen

    • Lebertumoren: Signifikant erhöhte Inzidenzen von hepatozellulären Adenomen bei 2,5 W/kg CDMA (52/66*/55/62) bzw. Hepatoblastomen bei 5 W/kg CDMA (6/6/16*/7) in männlichen Mäusen.
    • Hauttumoren: Erhöht, aber nicht signifikant bei 5 und 10 W/kg GSM in männlichen Mäusen (1/1/5/4).
    • Lungentumoren: Signifikanter Anstieg mit zunehmender Exposition in männlichen Mäusen bei GSM (23/24/32/34).
    • Maligne Lymphome: Erhöht bei allen GSM- (2/13*/9*/6) und CDMA (2/9*/6/7) exponierten weiblichen Mäusen.
    • Herz und Gehirn waren unauffällig.

Positiv ist die außerordentliche Transparenz des NTP hervorzuheben. So ist eine Vielzahl von Daten (z.B. Inzidenztabellen) auf den Servern des NTP frei verfügbar um u.a. die Validität der statistischen Auswertung überprüfbar zu machen. Auch die Gewebeschnitte können in den Archiven des NTP eingesehen werden.

Stand: 14.04.2021

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