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COSMOS-Studie spricht nicht für eine Erhöhung des Hirntumor-Risikos durch Mobiltelefone
Kein Zusammenhang zwischen langjähriger und intensiver kopfnaher Nutzung von Mobiltelefonen und Hirntumor-Risiko
- COSMOS (The Cohort Study on Mobile Phones and Health) ist eine internationale Langzeitstudie zur Untersuchung gesundheitlicher Auswirkungen von Mobiltelefonnutzung. Mit über 260.000 Teilnehmer*innen ist COSMOS die größte prospektive Kohortenstudie, die speziell zu dieser Fragestellung initiiert wurde. Sie umfasst Daten aus Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Schweden und dem Vereinigten Königreich.
- In der vorliegenden Veröffentlichung wurde das Auftreten von Hirntumoren (Gliome, Meningeome und Akustikusneurinome) im Zusammenhang mit Mobiltelefonnutzung untersucht. Dabei wurde kein Zusammenhang zwischen Nutzungsdauer oder -intensität von Mobiltelefonen und dem Auftreten dieser Hirntumorarten gefunden.
- Die Ergebnisse des ersten Follow-Up sprechen dafür, dass eine langjährige und intensive kopfnahe Nutzung von Mobiltelefonen das Risiko für Hirntumoren bei Erwachsenen nicht erhöht.
- Wesentliche Verzerrungsquellen von Fall-Kontroll-Studien wurden im Studiendesign von COSMOS vermieden („Recall Bias“ Erinnerungsverzerrung) bzw. reduziert (nicht-differentielle Fehlklassifikation des Expositionsstatus).
- Für Akustikusneurinome und zu einem gewissen Grad für Meningeome ist die Aussagekraft jedoch durch eine geringe Fallzahl eingeschränkt.
- Die Ergebnisse der COSMOS-Studie untermauern den aktuellen wissenschaftlichen Stand, dass es keine belastbaren wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass von Mobiltelefonen hervorgerufene elektromagnetische Felder das Risiko für Hirntumoren beim Menschen erhöhen.
Hintergrund
Die Nutzung von Technologie, die hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) aussendet, hat seit den 1950er Jahren stetig zugenommen und umfasst Anwendungen in der Medizin, der Industrie, im Haushalt, beim Militär und insbesondere in der Telekommunikation. Seit den späten 1990er und frühen 2000er Jahren, als sich die Nutzung von Mobiltelefonen in der Öffentlichkeit stark verbreitete, gab es Bedenken über mögliche gesundheitliche Auswirkungen der Mobilfunktechnologie. Ohne Freisprecheinrichtung war das Telefonieren damals mit vergleichsweise hohen Expositionen des Kopfes verbunden. Im Fokus des wissenschaftlichen Interesses stand daher insbesondere ein möglicher Zusammenhang mit Tumoren des Kopfes (u.a. Gliome, Meningeome und Akustikusneurinome). Im Zuge dessen wurden eine Reihe von epidemiologischen Studien angestoßen, um die möglichen langfristigen Wirkungen von Mobiltelefonen auf das Risiko für Hirntumoren zu untersuchen.
INTERPHONE – Fall-Kontroll-Studie zu Mobiltelefonen und HirntumorenEinklappen / Ausklappen
Die International Agency for Research on Cancer (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) initiierte 2000 die INTERPHONE Studie. INTERPHONE ist die größte Fall-Kontroll-Studie zur Nutzung von Mobiltelefonen und Hirntumoren. In dieser Studie wurden epidemiologische Daten und Informationen zur Nutzung von Mobiltelefonen aus 13 Ländern (Australien, Kanada, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Israel, Italien, Japan, Neuseeland, Norwegen, Schweden und Großbritannien) erfasst und ausgewertet.
Die Studienteilnehmer*innen der INTERPHONE-Studie waren zwischen 30 und 59 Jahre alt. Die Studie umfasste 2.708 Fälle von Gliomen, 2.409 Meningeomen und 1.105 Akustikusneurinomen im Zeitraum 2000-2004 sowie eine gleiche Anzahl an gematchten gesunden Vergleichspersonen (Kontrollen). In Fall-Kontroll-Studien werden Fälle und entsprechende Kontrollen im Studiendesign so ausgewählt, dass sie für mögliche Störfaktoren wie für Alter und Geschlecht vergleichbar sind. Dieses Vorgehen bezeichnet man als Matching. In der Hauptanalyse zeigte sich insgesamt kein statistisch signifikant erhöhtes Risiko für diese Hirntumore, jedoch in einer Subgruppenanalyse ein erhöhtes Risiko für Gliome[1] und Akustikusneurinome[2] bei Personen mit einer sehr hohen Gesamtgesprächsdauer.
Retrospektive Kohortenstudien in Dänemark und GroßbritannienEinklappen / Ausklappen
Ungefähr zur gleichen Zeit wurde eine retrospektive Kohortenstudie zur gleichen Fragestellung in Dänemark aufgesetzt. Hierfür wurden Daten von dänischen Mobilfunkbetreibern mit Daten der dänischen Krebsregister verlinkt. Für die Beobachtungszeiträume 1996-2001 und 2002-2007 wurde bei mehr als 420.000 Nutzern von Mobiltelefonen kein erhöhtes Risiko für Hirntumore beobachtet[3, 4].
In einer weiteren Kohortenstudie aus dem Vereinigten Königreich (Million Women Cohort Study) konnte basierend auf Selbstangaben zur Nutzung von Mobiltelefonen ebenfalls kein erhöhtes Risiko für Gliome und Meningeome beobachtet werden[5]. Im ersten Follow-up dieser Studie wurde noch ein erhöhtes Risiko für Akustikusneurinome beobachtet[5], welches sich aber in einer weiteren Untersuchung basierend auf einer längeren Nachbeobachtung nicht mehr zeigte[6]. Dies bestätigte sich ebenfalls im aktuellsten Follow-up, zu dem Ergebnisse im Jahr 2022 veröffentlicht wurden[7].
Schwedische Fall-Kontroll-StudienEinklappen / Ausklappen
Im Gegensatz zu den Ergebnissen dieser Kohortenstudien, zeigten sich in Auswertungen von schwedischen Fall-Kontroll-Studien erhöhte Risiken für Gliome und Akustikusneurinome bereits nach wenigen Stunden kumulativer Nutzung des Mobiltelefons und nach kurzer Zeit nach der erstmaligen Nutzung des Mobiltelefons[8, 9, 10]. International werden die Ergebnisse der schwedischen Fall-Kontroll-Studien zu Hirntumoren kritisch diskutiert, insbesondere im Hinblick auf eine Reihe von methodischen Schwächen, die die Aussagekraft limitieren[11].
Die IARC stufte hochfrequente elektromagnetische Felder 2011 unter expliziter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Fall-Kontroll-Studien aus Schweden[8, 9, 10] und INTERPHONE[1, 2] als „möglicherweise krebserregend“ (Gruppe 2b) ein. Die Einstufung bedeutet, dass die Möglichkeit eines solchen Risikos zwar nicht wahrscheinlich ist, aber wegen Einzelhinweisen auch nicht ausgeschlossen werden kann.
Einschränkungen vorheriger epidemiologischer Studien
Das Design von Fall-Kontroll-Studien mit einer retrospektiven Expositionserfassung über Selbstangaben in einem Fragebogen, kann zu einem sog. „Recall Bias“ (Erinnerungsverzerrung) und damit zu einer Verzerrung des beobachteten Risikos führen. Des Weiteren können die Ergebnisse einer Fall-Kontroll-Studie durch einen „Selection Bias“ (Stichprobenverzerrung) beeinflusst werden[12, 13, 14]. Aufgrund der vergleichsweise kurzen Nutzungsdauer dieser Technologie in vorherigen Studien wie INTERPHONE oder der dänischen Kohortenstudie[3, 15, 16] war es zudem nicht möglich, eine belastbare Aussage zum Krebsrisiko nach mehr als 15 Jahren Handynutzung zu treffen.
Prospektive Kohortenstudie COSMOS
Um die beschriebenen methodischen Limitationen zu adressieren und verbliebene Unsicherheiten eines möglichen Hirntumorrisikos auch nach langjähriger und intensiver Nutzung auszuräumen, wurde 2007 die COSMOS-Studie (The Cohort Study on Mobile Phones and Health) initiiert. COSMOS ist eine internationale prospektive Kohortenstudie, die zur Untersuchung eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und gesundheitlichen Auswirkungen aufgesetzt wurde. Einer solchen Studie wurde durch die WHO und die Europäische Kommission ein hoher Stellenwert beigemessen[17]. Im Folgenden wird das Studiendesign der COSMOS-Studie beschrieben, wesentliche Ergebnisse zu Hirntumoren und Nutzung von Mobiltelefonen vorgestellt und eine Bewertung der Ergebnisse aus Sicht des BfS vorgenommen.
StudiendesignEinklappen / Ausklappen
Für die internationale prospektive Kohortenstudie COSMOS wurden Teilnehmer*innen im Alter von 18 Jahren und älter aus Dänemark, Finnland, Schweden, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich rekrutiert. Die Rekrutierungsstrategie variierte je nach Land, z.B. über Listen von Mobilfunknetzbetreibern, Wahllisten oder bereits bestehenden Kohortenstudien.
Alle Studienteilnehmer*innen füllten einen Baseline-Fragebogen zwischen 2007 und 2012 aus. Dieser beinhaltete Fragen zur Mobiltelefonnutzung, einschließlich des Beginns der regelmäßigen Nutzung (≥ 1 Anruf pro Woche), der durchschnittlichen Nutzung pro Woche (Anzahl Anrufe und Dauer) sowie dem Anteil an Anrufen mit Freisprecheinrichtung über einen Zeitraum von drei Monaten. Bei Vorliegen einer Einwilligung der Teilnehmer*innen wurden zusätzlich die Daten von Mobilfunknetzbetreibern zu Anzahl und Dauer von Anrufen für den gleichen Zeitraum abgefragt. Darüber hinaus wurden die Teilnehmer*innen nach ihrer vergangenen Mobiltelefon- und Freisprechgerätenutzung ab 1985 (für Zeiträume von fünf Jahren) befragt, um Änderungen im Nutzungsverhalten im Laufe der Zeit zu erfassen.
Um Daten zum Auftreten eines Hirntumors bei den Studienteilnehmer*innen zu gewinnen, wurden die personenidentifizierenden Daten der Kohortenmitglieder mit den in den nationalen Krebsregistern gespeicherten Informationen über aufgetretene Krebserkrankungen verglichen (sogenannter Abgleich mit Krebsregisterdaten). Für die vorliegenden Auswertungen wurde das Auftreten von Gliomen, Meningeomen und Akustikusneurinomen betrachtet.
Statistische AnalyseEinklappen / Ausklappen
Es wurden Hazard Ratios (HR) und zugehörige 95 % Konfidenzintervalle (KI) berechnet, um einen möglichen Zusammenhang zwischen Gliomen, Meningeomen und Akustikusneurinomen und der Nutzung von Mobiltelefonen zu bewerten.
Ein HR von 1 bedeutet, dass das Risiko einen Hirntumor zu entwickeln in zwei sich bezüglich ihrer Nutzungsdauer oder Nutzungsintensität verschiedenen Gruppen von Mobiltelefonnutzern über die Zeit des Follow up gleich groß ist, also unabhängig davon, wie viele Jahre oder wie intensiv das Mobiltelefon genutzt wird.
Ein HR > 1 oder < 1 bedeutet hingegen, dass das Risiko einen Hirntumor zu entwickeln in der Untersuchungsgruppe höher oder niedriger als in der Referenzgruppe ist.
Die HR wurden mittels Cox Regressionsmodellen berechnet und für Land, Geschlecht, Bildungsniveau und Familienstand adjustiert. Die Daten aus Dänemark, Finnland, den Niederlanden und Schweden wurden gemeinsam analysiert. Aufgrund rechtlicher Beschränkungen, die die Weitergabe von Daten aus dem Vereinigten Königreich außerhalb des Landes verhinderten, wurden die Daten aus dem Vereinigten Königreich separat analysiert und dann mit den Ergebnissen aus den anderen vier Ländern mittels einer Meta-Analyse kombiniert.
Der Beobachtungszeitraum (Follow-up Zeitraum) definierte sich aus Datum der Basiserhebung plus 6 Monate bis zum ersten Zeitpunkt entweder einer Hirntumordiagnose, Tod, Auswanderung oder Stichtag des Krebsregisterabgleichs (zwischen Ende 2014 oder 2017, je nach beteiligtem Land).
Risikoanalyse: Kumulative Nutzungsdauer und kumulative Gesprächszeit
In den Risikoanalysen wurde die kumulative Nutzungsdauer von Mobiltelefonen in Jahren betrachtet. Diese berechnete sich vom Jahr seit Beginn der regelmäßigen Nutzung bis zum Zeitpunkt der ersten Basiserhebung. Diese Jahre wurden in drei Gruppen eingeteilt: ≤ 9 Jahre, 10 - 14 Jahre und ≥ 15 Jahre.
Davon abweichend wurden für Akustikusneurinome die Jahre seit Beginn der regelmäßigen Nutzung in die Gruppen < 15 Jahre und ≥ 15 Jahre eingeteilt, weil die Fallzahlen geringer waren als beispielsweise für Gliome.
Darüber hinaus umfasste die Analyse die Untersuchung der kumulativen Gesprächszeit, die bis zum Studienbeginn mit dem Mobiltelefon telefoniert wurde, sowohl als kontinuierliche als auch als kategoriale Variable.
Die Kategorien der Anrufzeit wurde anhand der Verteilung der Kohorte in Gruppen unterhalb des Medians (Referenzkategorie), 50. - < 75. Perzentil und ≥ 75. Perzentil eingeteilt. Speziell für Gliome wurde eine Analyse mit dem 90. Perzentil durchgeführt, um die besonders intensive Nutzung zu berücksichtigen. Aufgrund unzureichender Fallzahlen waren detaillierte Analysen für andere Tumorarten als Gliome nicht möglich.
Reduktion von Messfehlern
Zur Reduzierung von Messfehlern bei der Schätzung der kumulativen Gesprächszeit wurden in Simulationsstudien basierend auf Selbstangaben der Studienteilnehmer*innen in Kombination mit objektiven Angaben der Mobilfunkbetreiber verschiedene Ansätze im Rahmen von COSMOS geprüft und die einfache Regressionskalibrierungsmethode zur Anwendung ausgewählt[18]. Informationen über die Nutzung von Freisprecheinrichtungen beim Telefonieren wurden berücksichtigt und von der für die Auswertungen relevanten Nutzungsdauer abgezogen. Die Nutzung von Mobiltelefonen für andere Zwecke wie das Schreiben von Textnachrichten wurde nicht in die Expositionsschätzung einbezogen. Laut den Autoren sei die Exposition gegenüber dem Kopf bei dieser Verwendung des Mobiltelefons vernachlässigbar. Fehlende Werte für die Mobiltelefonnutzung in einem bestimmten Jahr wurden basierend auf den nächsten verfügbaren Jahren ersetzt (imputiert).
ErgebnisseEinklappen / Ausklappen
COSMOS umfasst 264.574 Studienteilnehmer*innen und 1,8 Millionen Personenjahre im ersten Follow-up, mit einer mittleren Beobachtungszeit von 7,12 Jahren. Von allen Studienteilnehmer*innen haben 30,5 % mindestens 15 Jahre vor der Basiserhebung mit der Nutzung von Mobiltelefonen begonnen. Es waren mit 64 % mehr Frauen als Männer in der Kohorte, wobei Männer tendenziell häufiger das Mobiltelefon nutzten. Während des Beobachtungszeitraums traten 149 Gliome, 89 Meningeome und 29 Akustikusneurinome auf.
Kein statistischer Zusammenhang Nutzung Mobiltelefon Entwicklung Hirntumor
Es wurde kein statistisch signifikanter Zusammenhang (also ein signifikanter Anstieg bzw. eine signifikante Erniedrigung) der Inzidenz der Hirntumoren in Abhängigkeit von der Nutzungsintensität von Mobiltelefonen und Hirntumoren beobachtet.
- Das HR je 100 Stunden kumulativer Gesprächszeit betrug
- 1,00 (95 % KI 0,98 - 1,02) für Gliome,
- 1,01 (95 % KI 0,96 - 1,06) für Meningeome und
- 1,02 (95 % KI 0,99 - 1,06) für Akustikusneurinome.
In der kategorialen Auswertung zeigte sich ebenfalls kein statistisch signifikanter Zusammenhang für alle drei Endpunkte beim Vergleich von Teilnehmer*innen mit einer hohen kumulativen Anrufzeit gegenüber Personen mit niedriger kumulativer Anrufzeit (für Gliome beispielsweise ≥ 1.062 Stunden vs. < 464 Stunden). Analysen unter Verwendung von länderspezifischen Expositionskategorien zur kumulativen Gesprächszeit ergaben keine unterschiedlichen Ergebnisse.
Die Analysen zur kumulativen Nutzungsdauer von Mobiltelefonen und Hirntumoren zeigten ebenfalls keine statistisch signifikant erhöhten Risikoschätzer.
Das HR für Gliome nach ≥ 15 Jahren Nutzungsdauer im Vergleich zu ≤ 9 Nutzungsjahren seit Beginn der regelmäßigen Mobiltelefonnutzung ist 0,97 (95 % KI 0,62 - 1,52) und 1,24 (95 % CI 0,60 - 2,59) für Meningeome. Beim Akustikusneurinom lag das HR für ≥ 15 Jahre seit der ersten Nutzung bei 0,76 (95 % KI 0,33 - 1,73), basierend auf 10 Fällen in der hohen Expositionskategorie im Vergleich zu 18 Fällen in der Referenzkategorie (< 15 Jahre Nutzungsdauer).
BewertungEinklappen / Ausklappen
Stärken
Die COSMOS-Studie hat eine Reihe von Stärken. Zum einen ist COSMOS mit über 260.000 Studienteilnehmer*innen und über 1,8 Millionen Personenjahren eine große Kohortenstudie mit langem Follow-up. Dies ermöglicht eine robuste Analyse eines potentiellen Zusammenhangs zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und dem Auftreten von Hirntumoren. Der große Anteil an Personen mit einer langen Nutzungsdauer von ≥ 15 Jahren (30,5 %) sowie Personen mit intensiver Nutzung (≥ 1.062 Stunden kumulative Gesprächsdauer mit am Kopf gehaltenen Telefon, 25 %) ermöglichen insbesondere für diese Personengruppen belastbare Auswertungen. Dies war in vorherigen Studien nur eingeschränkt möglich, wodurch wissenschaftliche Unsicherheiten in der Bewertung von Langzeit- und Vieltelefonieren bestanden. Die neuen Befunde der COSMOS-Studie tragen wesentlich zur Reduzierung dieser Unsicherheiten bei, insbesondere für Gliome mit Auswertungen basierend auf 149 Fällen. Für Meningeome und Akustikusneurinome waren die Fallzahlen geringer, was die Aussagekraft für diese Ergebnisse im Vergleich etwas limitiert.
Eine weitere Stärke von COSMOS ist das prospektive Design der Studie. Die Exposition wurde zeitlich klar vor dem Auftreten der Erkrankung ermittelt. Im Vergleich zu retrospektiven Fall-Kontroll-Studien ist COSMOS dadurch weniger anfällig für einen Recall Bias, welcher systematisch zu einer Fehlklassifikation der Exposition von Fällen im Vergleich zu Kontrollen führen kann. Dies wiederum kann den Effektschätzer beeinflussen und damit die Aussagekraft der Ergebnisse erheblich limitieren. Auch die umfangreiche fragebogenbasierte Datengewinnung zur Dauer seit Beginn der ersten regelmäßigen Nutzung von Mobiltelefonen, zur Nutzungsdauer und zur Nutzung von Freisprecheinrichtungen und die Validierung durch eine Kombination mit den objektiven Angaben der Mobilfunkbetreiber trägt zu einer stärkeren Verlässlichkeit der erhobenen Expositionsdaten bei. Durch Abfrage des Nutzungsverhaltens in den Jahren vor der Basiserhebung wurden auch Änderungen im Nutzungsverhalten über die Jahre berücksichtigt, was als positiv zu bewerten ist.
Zusätzlich konnte durch Methoden der Regressionskalibierung das Risiko für nicht-differentielle Fehlklassifikation des Expositionsstatus reduziert werden. Gleichwohl geben die Autoren an, dass bei Nutzung von Eigenangaben ein gewisser Grad an nicht-differentieller Fehlklassifikation nicht ausgeschlossen werden kann.
Positiv hervorzuheben sind auch Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Auswertung durch die Mitveröffentlichung des gesamten Auswerteplans im Appendix der Publikation und eine umfangreiche Berücksichtigung von relevanten Confoundern („Störvariablen“) in den Risikoanalysen wie beispielsweise dem sozioökonomischen Status der teilnehmenden Personen.
Limitationen
Zu den Limitationen dieser Studie gehören die bereits erwähnte begrenzte statistische Power durch die geringen Fallzahlen bei Meningeomen und Akustikusneurinomen im Vergleich zu Gliomen. Dies führt zu einer Unsicherheit für diese Teilergebnisse.
Ebenso besteht das Risiko für eine nicht-differentielle Fehlklassifikation des Expositionsstatus durch die Selbstangaben zur Nutzung. Trotz umfangreicher Bemühungen der Autoren zur Korrektur verbleiben weitere Limitationen in der Expositionserfassung, welche durch die Autoren selbst kritisch diskutiert werden. Zum einen beschränkt sich die betrachtete Erfassung der kumulativen Gesprächsdauer auf das Nutzungsverhalten bis zum Zeitpunkt der Basiserhebung. Die Exposition danach wird zum aktuellen Zeitpunkt nicht erfasst, wird aber in zukünftigen Follow-Ups erfasst werden. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass durch die lange Latenzzeit bei Hirntumoren aktuellere Expositionen einen geringeren Einfluss haben könnten.
Unsicherheiten bei der Expositionsschätzung
Zusätzlich ist das Expositionsmaß der kumulativen Gesprächsdauer nur ein recht grobes Maß für die tatsächliche HF-EMF-Exposition im Kopf, weil diese von vielen anderen Einflussgrößen abhängt (u.a. Telefontyp, verwendeter Mobilfunkstandard, Art der Haltung des Telefons am Kopf, Empfangsbedingungen).
Während bei vielen 2G-Telefonaten noch eine vergleichsweise hohe Exposition des Kopfes zu erwarten ist, ist die Sendeleistung von Mobiltelefonen, die in neueren Mobilfunkstandards Telefonate abwickeln, in vielen Fällen deutlich geringer. Damit geht bei Telefonaten mit aktuelleren bzw. heutigen Mobilfunkgenerationen eine geringere durchschnittliche Kopfexposition einher als dies zum Zeitpunkt der Rekrutierung der COSMOS-Studie der Fall war.
Zum anderen können Expositionsvariationen durch den genutzten Ansatz nicht dargestellt werden. Die Schwankungen in der aufgenommenen Energie im Gehirn durch HF-EMF-Exposition während Mobiltelefonanrufen, die durch die Verbindungsqualität zwischen dem Telefon und der Basisstation beeinflusst werden, stellen eine Herausforderung dar, die in großen epidemiologischen Studien schwer zu messen ist und nicht zwangsläufig durch die kumulative Anrufzeit abgebildet wird.
COSMOS-Studie: Ergebnisse stützen mehrheitlich Ergebnisse anderer epidemiologischer Studien
Die Ergebnisse der COSMOS-Studie stützen mehrheitlich die Ergebnisse anderer epidemiologischer Studien zum Risiko zu Hirntumoren und Nutzung von Mobiltelefonen. Die Befunde decken sich mit Ergebnissen aus zwei früheren Kohortenstudien aus Dänemark und dem Vereinigten Königreich[3, 4, 7], in welchen ebenfalls kein Zusammenhang von der Nutzung von Mobiltelefonen und Krebs beobachtet wurde. Die Autor*innen von COSMOS haben zusätzlich die Daten von COSMOS mit den Daten von zwei früheren Kohortenstudien kombiniert und gemeinsam bezüglich Gliomrisiko ausgewertet.
Basierend auf insgesamt 764 Fällen mit einer Nutzungsdauer von ≥10 Jahren zeigte sich ein relatives Risiko von 0,94 (95 % CI 0,84-1,04) und somit ebenfalls kein erhöhtes Gliomrisiko. In weiten Teilen sind die Ergebnisse der COSMOS-Studie kongruent mit den Ergebnissen der größten Fall-Kontroll-Studie INTERPHONE[1, 2].
Die Ergebnisse der INTERPHONE-Studie zeigen jedoch ein erhöhtes Risiko für Gliome und Akustikusneurinome bei Personen mit einer selbstberichteten kumulativen Gesprächszeit von ≥1.640 Stunden. In der INTERPHONE-Studie wurde das Ausmaß der Mobiltelefonnutzung retrospektiv durch Interviews, die nach der Diagnose eines Hirntumors durchgeführt wurden, erfasst. Diese Vorgehensweise ist anfällig für einen Recall Bias, insbesondere da der Tumor und seine Behandlung das Gedächtnis und die Kognition beeinflussen können. Des Weiteren deuten Validierungsstudien darauf hin, dass gesunde Kontrollen dazu neigen, die Dauer ihrer Telefonate zu überschätzen. Zusätzlich wurde beobachtet, dass Personen mit intensiver Nutzung zur Überschätzung und Personen mit weniger intensiver Nutzung zur Unterschätzung tendieren[13]. Eine solche Überberichterstattung wurde in COSMOS nicht beobachtet.
Die Inkonsistenz zwischen den Ergebnissen von Intensivnutzern in der INTERPHONE-Studie und den COSMOS-Ergebnissen stärken die Vermutung, dass das bereits von den Autor*innen der INTERPHONE-Studie kritisch diskutierte geringfügig erhöhte Risiko in der Gruppe der intensivsten Mobiltelefonnutzer*innen in der INTERPHONE-Studie auf einen Informationsbias zurückzuführen sein könnte.
Fazit
Die COSMOS-Studie ist die aktuell größte internationale prospektive Kohortenstudie, die spezifisch zur Untersuchung eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und möglichen gesundheitlichen Auswirkungen initiiert wurde. Die veröffentlichten Ergebnisse des ersten Follow-ups geben keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen langjähriger oder intensiver Nutzung von Mobiltelefonen und einem erhöhten Risiko für Gliome, Meningeome oder Akustikusneurinome.
Die Aussagekraft der Ergebnisse für Meningeome und Akustikusneurinome ist zwar durch die geringe Fallzahl limitiert, die Befunde zu diesen zwei Hirntumorarten stimmen aber mit den vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen überein, die keinen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und der Entwicklung dieser Tumore nahelegen. Damit haben sich die bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten in dieser Fragestellung deutlich verringert.
Literatur
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Stand: 18.03.2025