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Vögel

Wenn Wildvögel im Zusammenhang mit der Stromversorgung erwähnt werden, geht es nicht um den Einfluss niederfrequenter elektrischer und magnetischer Felder. Vielmehr geht es darum, dass sie im Flug mit Windkrafträdern, Starkstromleitungen und deren Masten kollidieren und zu Tode kommen können. Gegen Vogelschlag an Stromleitungen werden seit Jahren sichtbare Vogelschutzmarkierungen an den Leiterseilen verwendet. Die Wirksamkeit wurde für viele Arten nachgewiesen [1].

Auf Mittelspannungsmasten mit geringen Abständen zwischen dem Mast und seinen Leitungsdrähten können vor allem große Vogelarten wie Greifvögel, Eulen und Störche leicht einen Kurzschluss auslösen und einen tödlichen Stromschlag erleiden. Andererseits nutzen Vögel Stromleitungen als sicheren Sitzplatz und viele Arten, unter anderem Störche und Greifvögel, nisten gern auf Strommasten. Dabei sind sie niederfrequenten Feldern ausgesetzt. Deren Auswirkungen wurden bisher im Freiland nur in einigen wenigen Studien untersucht.

Eine aktuelle Übersichtsarbeit [2] vergleicht negative und positive Einflüsse von Stromleitungen auf Vogelpopulationen. Die größte Gefahr droht durch Kollisionen und Stromschläge. Ihre Häufigkeit hängt von der Größe und dem Verhalten der jeweiligen Vogelart sowie vom Wetter und von technischen Parametern der Strommasten ab. Ein weiterer negativer Faktor ist ein reduzierter Bruterfolg. Dieser wird teilweise Magnetfeldern zugeschrieben, aber auch der Tatsache, dass Nester auf Strommasten häufig stärker Witterungseinflüssen (Starkregen, Wind, Sonne) ausgesetzt sind als Nester auf Bäumen im Wald. Ein weiterer negativer Faktor ist die Barrierefunktion infolge der Sichtbarkeit der Stromleitungen und der Entfernung der Vegetation unterhalb der Stromleitungen. Demgegenüber haben Stromleitungen auch positive Auswirkungen auf Vogelpopulationen. Vielen Arten dienen sie als Sitz- und Ruheplätze mit guter Übersicht, ob sich z.B. ein Feind nähert oder Nahrung sichtbar ist oder als Sammelstellen für Vogelschwärme. Viele Vogelarten brüten erfolgreich auf Strommasten. Stromleitungen können Vögeln auch als lineare Landmarken zur Orientierung dienen.

Eine weitere Übersichtsarbeit [3] beschreibt Änderungen im Verhalten, in der Reproduktion und im Wachstum bei einigen Arten von Greifvögeln und Singvögeln, die in der Nähe von Stromleitungen brüten. Die Effekte sind nicht einheitlich und bedeuten insgesamt keinen konsistenten negativen Einfluss der Stromleitungen auf den Bruterfolg.

Im Süden Portugals wurden in den Jahren 2003 – 2006 die Populationsdichte und das Brutverhalten von Zwergtrappen im Zusammenhang mit dem Landschaftsbild untersucht. Als wichtiger Einflussfaktor, der das Vorkommen der Trappen deutlich beeinträchtigt, erwiesen sich Starkstromleitungen. Ursächlich sind hier nicht Magnetfelder, sondern das Zerstückeln der sonst offenen Steppenlandschaft [4].

Eine Arbeit an Falken [5], die in Brutkästen an Starkstrommasten nisteten, zeigt, dass sich die Jungtiere in exponierten und nicht exponierten Nestern gleich gut entwickelten. Das Blutbild und die Konzentration des Hormons Melatonin waren ebenfalls durch die Magnetfelder nicht beeinflusst. Die magnetische Flussdichte in den exponierten Nestern wurde gemessen und betrug 1 bis 25 Mikrotesla.

Kohlmeisen [6], die unter Stromleitungen brüteten, legten mehr und größere Eier als nicht exponierte Meisen. Ob dies ursächlich am Magnetfeld oder am Habitat unter den Leitungen lag, bleibt unklar. Der Bruterfolg blieb unverändert. Die magnetische Flussdichte in Nestern unter Stromleitungen betrug etwa 0,2 Mikrotesla, in entfernten Nestern nur etwa 0,6 Nanotesla.

Eine weitere Arbeit zeigt, dass die Korridore unterhalb von Stromleitungen vor allem einigen Singvogelarten, wie zum Beispiel Grasmücken und Spatzen, besondere Habitate bieten, in denen die Artenvielfalt und die Anzahl der Individuen steigt [7].

Vögel können das Erdmagnetfeld wahrnehmen

Zugvögel und auch viele andere, möglicherweise alle Vogelarten können das statische Erdmagnetfeld wahrnehmen und sich danach orientieren. Die Forschung in diesem Bereich ist bei weitem nicht abgeschlossen. Nach dem aktuellen Stand des Wissens spricht aber vieles dafür, dass Vögel möglicherweise bis zu drei voneinander unabhängige Organe zur Wahrnehmung des Erdmagnetfeldes nutzen [8]. Spezielle Lichtrezeptoren (Cryptochrome) in der Netzhaut von Zugvögeln reagieren auf die Ausrichtung des Magnetfeldes. Die Grundlage ist der Einfluss des Magnetfeldes auf Radikalpaare [9]. Ein anderes Sinnesorgan, das Magnetit (Eisenoxid) enthält, befindet sich möglicherweise im Schnabel und reagiert auf die magnetische Flussdichte [10]. Die Funktionalität dieses Organs wird allerdings angezweifelt [11]. Kürzlich wurde ein dritter Magnetfeldrezeptor im Innenohr der Taube experimentell nachgewiesen und durch physikalische Berechnungen erklärt, dessen Wirkmechanismus auf elektromagnetischer Induktion beruht [12].

Gleichstromleitungen

Im Zuge des Stromnetzausbaus sind auch Gleichstromleitungen an Land geplant, die von statischen elektrischen und magnetischen Feldern umgeben sein werden. Es ist möglich, dass die Magnetfelder, falls ihre magnetische Flussdichte den Bereich des Erdmagnetfeldes (etwa 48 Mikrotesla) erreicht, von Vögeln wahrgenommen werden und das Verhalten in unmittelbarer Nähe der Leitungen beeinflussen.

Literatur

[1] Mercker M (2021) Wirksamkeit von Vogelschutzmarkierungen an Freileitungen - methodische Überlegungen zu Versuchsaufbau, Auswertung und Übertragbarkeit empirischer Feldstudien. Naturschutz und Landschaftsplanung. 53(9): 32-38.

[2] D'Amico M, Catry I, Martins RC, Ascensao F, Barrientos R, Moreira F (2018). Bird on the wire: Landscape planning considering costs and benefits for bird populations coexisting with power lines. Ambio.

[3] Fernie KJ, Reynolds SJ (2005) The effects of electromagnetic fields from power lines on avian reproductive biology and physiology: a review. J Toxicol Environ Health B Crit Rev. 8(2): 127 - 140.

[4] Silva JP, Santos M, Queirós L, Leitão D, Moreira F, Pinto M, Leqoc M, Cabral JA (2010) Estimating the influence of overhead transmission power lines and landscape context on the density of little bustard Tetrax tetrax breeding populations. Ecological Modelling, 221(16) : 1954–1963.

[5] Dell'Omo G, Costantini D, Lucini V, Antonucci G, Nonno R, Polichetti A (2009) Magnetic fields produced by power lines do not affect growth, serum melatonin, leukocytes and fledging success in wild kestrels. Comp. Biochem. Physiol. C Toxicol. Pharmacol. 150(3):372 - 376.

[6] Tomás G, Barba E, Merino S, Martínez J (2012) Clutch size and egg volume in great tits (Parus major) increase under low intensity electromagnetic fields: A long-term field study. Environ. Res. 118(1): 40 - 46.

[7] Hrouda J, Brlik V (2021) Birds in power-line corridors: Effects of vegetation mowing on avian diversity and abundance. J Vertebr Biol 70(2): 21027.21021-21027.

[8] O'Neill P (2013) Magnetoreception and baroreception in birds. Dev. Growth. Differ. 55(1): 188 - 197.

[9] Hore PJ, Mouritsen H (2016) The radical-pair mechanism of magnetoreception. Annual review of biophysics 45: 299-344.

[10] Fleissner G., Stahl B., Thala, P, Falkenberg G, Fleissner G (2007) A novel concept of Fe-mineral-based magnetoreception: Histological and physicochemical data from the upper beak of homing pigeons. Naturwissenschaften 94, 631 - 642.

[11] Treiber CD, Salzer MC, Riegler J, Edelman N, Sugar C, Breuss M, Pichler P, Cadiou H, Saunders M, Lythgoe M, Shaw J, Keays DA (2012) Clusters of iron-rich cells in the upper beak of pigeons are macrophages not magnetosensitive neurons. Nature 484 (7394): 367 - 370.

[12] Nimpf, S, Nordmann, GC, Kagerbauer, D, Malkemper, EP, Landler, L, Papadaki-Anastasopoulou, A, Ushakova, L, Wenninger-Weinzierl, A, Novatchkova, M, Vincent, P, Lendl, T, Colombini, M, Mason, MJ, Keays, DA (2019). A putative mechanism for magnetoreception by electromagnetic induction in the pigeon inner ear. Curr Biol 29(23): 4052-4059 e4054.

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