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3. Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen einer Exposition mit niederfrequenten Magnetfeldern und Leukämien im Kindesalter
Niederfrequente Magnetfelder wurden bereits 2001 von der mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) assoziierten Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als "möglicherweise kanzerogen" (Gruppe 2b) eingestuft. Die Klassifizierung basiert auf der relativ konstant beobachteten statistischen Assoziation zwischen schwachen niederfrequenten Feldern und einem leicht erhöhten Risiko für Leukämien im Kindesalter. Zu diesem Thema initiierte das BfS seit 2008 mehrere internationale Workshops, teilweise in Kooperation mit der WHO, der Internationalen Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) und anderen nationalen Strahlenschutzbehörden oder Gremien. Die Erforschung eines möglichen Zusammenhangs zwischen Magnetfeldexposition und Leukämien im Kindesalter setzt Kenntnisse der Ursachen der Erkrankung voraus. Daher wurde im Jahr 2010 zusammen mit pädiatrischen Onkologen eine interdisziplinäre Forschungsagenda erarbeitet mit dem Ziel, die komplexen Ursachen von Leukämien im Kindesalter zu klären. Auf Basis der veröffentlichten Forschungsagenda wurden einige der Themenschwerpunkte aufgegriffen und entsprechende Pilotprojekte initiiert, deren Ergebnisse veröffentlicht sind. Im Rahmen dieses Forschungsprogramms sollen weitere Vorhaben durchgeführt werden, die dazu dienen, einen möglichen Zusammenhang zwischen Magnetfeldexposition und Leukämien im Kindesalter zu klären.
Forschungsprojekte
3.1. Pooling-Studie zur Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Leukämie im Kindesalter und der kombinierten Exposition gegenüber Magnetfeldern und schwacher ionisierender StrahlungEinklappen / Ausklappen
Zielsetzung
Epidemiologische Studien weisen darauf hin, dass die Entstehung von Leukämie im Kindesalter sowohl mit schwachen niederfrequenten Magnetfeldern in Zusammenhang stehen könnte als auch mit ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich, zum Beispiel aufgrund von medizinischen Untersuchungen oder der natürlichen Hintergrundstrahlung. Denkbar ist auch eine kombinatorische Wirkung beider Arten von Exposition. Es sollte daher geprüft werden, ob es epidemiologische Studien gibt, die das Zusammenwirken dieser beiden potentiellen Risikofaktoren untersuchen und bei Vorliegen einer ausreichenden Anzahl von geeigneten Studien eine Metaanalyse durchgeführt werden.
Bewertung der aktuellen Studienlage
Es liegen zwar zahlreiche Studien vor, die den Zusammenhang zwischen dem Risiko für Leukämie im Kindesalter und entweder der Exposition gegenüber Magnetfeldern oder der Exposition gegenüber schwacher ionisierender Strahlung betrachten, jedoch wurde nur eine Studie gefunden, die eine mögliche kombinatorische Wirkung dieser beiden Arten von Exposition untersucht (Pedersen et al. 2014).
In dieser Fall-Kontroll-Studie mit 879 Leukämie-Fällen und 1.621 bevölkerungsbasierten Kontrollen wurde der Effekt kombinierter Exposition gegenüber nicht-ionisierender Strahlung durch Hochspannungsleitungen und ionisierender Strahlung durch Radon in Wohngebäuden untersucht. Die EMF Exposition wurde über den Abstand von Wohnadresse zur nächstliegenden Hochspannungsüberleitung approximiert und in 3 Kategorien ausgewertet, (1–199 m, 200–599 m und > 600 m). Die häusliche Exposition gegenüber Radon wurde mit einem validierten Modell für die Wohnadresse der Probanden geschätzt und Expositionen < 42 Bq/m2 und ≥ 42 Bq/m2 betrachtet.
Die Autoren fanden schwache Hinweise auf eine Interaktion zwischen beiden Expositionen hinsichtlich des Risikos für Leukämie im Kindesalter: Im Vergleich zur Gruppe mit der geringsten Exposition (> 600 m Distanz und weniger als 42 Bq/m2) zeigte die Gruppe mit der größten Exposition (0–199 m, ≥ 42 Bq/m2) ein Odds Ratio (OR) von 2.88 (95 % - KI: 1.01–8.27). Außerdem wurde ein signifikant niedrigeres Risiko für Leukämie in der Subgruppe mit Abstand 200–599 m von der Hochspannungsüberleitung und Radonkonzentration < 42 Bq/m3 beobachtet (OR 0.24 (95 % - KI: 0.07–0.83)). Diese zwei Befunde basieren jedoch auf extrem niedrigen Probandenzahlen und können durch Zufall entstanden sein. Eine wiederholte Analyse mit einem anderen Schwellenwert der Radonkonzentration (basierend auf dem 75. Perzentil) lieferte keine Hinweise für die Interaktion. Daher schlussfolgerten die Autoren, dass es sich hierbei eher um einen Zufallsbefund handelt.
Da diese soweit die einzige epidemiologische Studie ist, welche sich mit der Interaktion zwischen ionisierender und nicht-ionisierender Strahlung auf das Risiko von Leukämie im Kindesalter beschäftigt, ist ein Vergleich der Ergebnisse mit anderen Studien nicht möglich. Die Stärken dieser Studie zeichnen sich durch Einschluss aller sich eignenden Krebsfälle und Nutzung einer bevölkerungsbasierten Kontrolle aus. Die Abschätzung der Radonkonzentration erfolgte mit einem validierten Modell, welches viele wichtige Parameter inkl. Stockwerk einschließt. Außerdem wurde in der Analyse für potentielle Störgrößen wie sozioökonomischer Status und Feinstaub/Abgase kontrolliert.
Zu den Limitationen der Studie gehört, dass die Exposition gegenüber nicht-ionisierender Strahlung nur als Abstand zur Hochspannungsüberleitung abgeschätzt wurde. Dabei werden andere wichtige häusliche Quellen der Magnetfeldexposition, zum Beispiel die Unterschiede zwischen verschiedenen Arten der Leitungen, welche sich auf die Exposition auswirken, nicht berücksichtigt. Die bislang größte gepoolte Analyse zu Leukämien bei Kindern in der Nähe zu Stromleitungen fand keine Assoziation zwischen Abstand zur Hochspannungsüberleitung und dem Leukämie-Risiko (Amoon et al. 2018). Außerdem wurden die Expositionen für die Adresse zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes berechnet, welche möglicherweise nicht der Adresse am Zeitpunkt der Erkrankung entsprach.
Da keine weiteren Studien vorliegen, ist die Durchführung einer Metaanalyse nicht möglich.
Die Ergebnisse aus tierexperimentellen Studien über die mögliche Interaktion zwischen ionisierender und nicht-ionisierender Strahlung auf das Risiko für Krebs sind gemischt. In einer Studie von Babbitt et al. aus dem Jahr 2000 zeigte sich kein kombinatorischer Effekt einer Exposition mit niederfrequenten Magnetfeldern und ionisierender Strahlung auf die Häufigkeit hämatologischer Neoplasien, während in der Studie von Soffritti et al. aus dem Jahr 2016 signifikant erhöhte Inzidenzraten für mehrere Tumorarten beobachtet wurden. Die Ergebnisse dieser Studie wurden noch nicht reproduziert.
Weiteres Vorgehen
Die geplante Metaanalyse wird fallen gelassen. Diese Entscheidung wurde in dem am 25.01.2021 durchgeführten Fachgespräch bezüglich epidemiologischer Studien zum Stromnetzausbau vorgestellt und von den anwesenden Experten mitgetragen. In dem Treffen herrschte Übereinstimmung, dass die wissenschaftliche Evidenz für eine mögliche Interaktion zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und ionisierender Strahlung, insbesondere bei Radon sehr gering ist. Dennoch besteht ein wissenschaftliches und öffentliches Interesse an der Untersuchung dieser Zusammenhänge. Aus diesem Grund wird die Verwendbarkeit von Originaldaten bezüglich Expositionen gegenüber Magnetfeldern und schwacher ionisierender Strahlung aus bestehenden Fall-Kontroll-Studien zu Leukämie im Kindesalter für eine Pooling-Studie derzeit geprüft.
Literatur
3.2. Gepoolte Analyse zu Leukämien im Kindesalter und MagnetfeldexpositionEinklappen / Ausklappen
Die gepoolten Studien von Greenland et al. (2000)[1] und Ahlbom et al. (2000)[2] zu Leukämien im Kindesalter und Magnetfeldexposition spielten bei der Klassifizierung von niederfrequenten magnetischen Feldern als "möglicherweise krebserregend" durch die IARC eine wichtige Rolle. Auch in zwei später durchgeführten gepoolten Studien wurden erhöhte Leukämierisiken bei Kindern festgestellt (Schüz et al., 2007 [3]; Kheifets et al., 2010 [4]). Da seither neue Einzelstudien durchgeführt worden sind, war eine Aktualisierung der gepoolten Studien als Forschungsvorhaben geplant. Im Mai 2018 erschien eine neue gepoolte Studie von Amoon et al.[5]. In dieser Analyse ergab sich insgesamt kein Zusammenhang zwischen dem Abstand zur nächsten Stromleitung und dem Leukämierisiko im Kindesalter. Nur bei einem Abstand des Wohnorts von weniger als 50 Metern zu einer Hochspannungsleitung mit mindestens 200 kV zeigte sich ein schwaches, jedoch nicht signifikant erhöhtes Leukämierisiko. Für Kinder, die bei Diagnose jünger als fünf Jahre alt waren und deren Wohnung innerhalb von 50 Metern von einer Hochspannungsleitung mit mindestens 200 kV lag, konnte eine kleine, statistisch signifikante Erhöhung beobachtet werden. Ob das beobachtete erhöhte Risiko in der Nähe von Hochspannungsleitungen auf die Magnetfeldexposition zurückzuführen war, konnte in der Studie nicht geklärt werden. Der Grund hierfür ist, dass die Stärke des Magnetfeldes nicht gemessen, sondern der Abstand der Wohnung zur nächsten Stromleitung als Ersatz verwendet wurde. Damit ist die Aussagekraft der Studie hinsichtlich eines Zusammenhangs zwischen Magnetfeldexposition und Leukämierisiko im Kindesalter stark eingeschränkt (zur vollständigen Stellungnahme des BfS zur Amoon-Studie).
Da eine Aktualisierung der gepoolten Studie somit vorliegt, wird die geplante Studie fallen gelassen. Diese Entscheidung wurde in dem am 25.01.2021 durchgeführten Fachgespräch bezüglich epidemiologischer Studien zum Stromnetzausbau vorgestellt und von den anwesenden Experten mitgetragen.
Literatur
[1] Greenland S, Sheppard AR, Kaune WT, Poole C, Kelsh MA. A pooled analysis of magnetic fields, wire codes, and childhood leukemia. Epidemiology 2000; 11:624-634.
[2] Ahlbom A, Day N, Feychting M, Roman E, Skinner J, Dockerty J, Linet M, McBride M, Michaelis J, Olsen JH, Tynes T, Verkasalo PK. A pooled analysis of magnetic fields and childhood leukaemia. Br J Cancer 2000; 83:692-698.
[3] Schüz J, Svendsen AL, Linet MS, McBride ML, Roman E, Feychting M, Kheifets L, Lightfoot T, Mezei G, Simpson J, Ahlbom A. Nighttime exposure to electromagnetic fields and childhood leukemia: an extended pooled analysis. Am J Epidemiol 2007; 166:263-269.
[4] Kheifets L, Ahlbom A, Crespi CM, Draper G, Hagihara J, Lowenthal RM, Mezei G, Oksuzyan S, Schüz J, Swanson J, Tittarelli A, Vinceti M, Wunsch-Filho V. Pooled analysis of recent studies on magnetic fields and childhood leukaemia. Br J Cancer 2010; 103:1128-1135.
[5] Amoon AT et al. Proximity to overhead power lines and childhood leukaemia: an international pooled analysis. Br J Cancer. 2018; 119:364-373. doi: 10.1038/s41416-018-0097-7.
3.3. Molekulargenetische Analyse ("deep sequencing") von B-Zell-ALL-PatientenEinklappen / Ausklappen
3.3a Interdisziplinäre Studie zur Untersuchung eines Zusammenhangs zwischen Umwelt-, genetischen Faktoren und Leukämie in B-Zell-ALL-Patienten – Machbarkeitsstudie
Forschungsnehmer: Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Beginn: 01.02.2021
Ende: 30.04.2022
Hintergrund
Leukämie ist die häufigste Krebserkrankung bei Kindern in Deutschland und weltweit. Trotz großer Anstrengungen in der Forschung sind die Ursachen für diese Erkrankung aber noch weitestgehend unbekannt.
Bis heute ist die ionisierende Strahlung einer der wenigen Faktoren, die nachweislich das Risiko an Leukämie zu erkranken erhöhen. Zwar gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die mit einem erhöhten Leukämierisiko im Kindesalter assoziiert wurden, die vorliegenden Hinweise sind jedoch zu schwach um einen ursächlichen Zusammenhang zu belegen.
Dazu zählen zum einen Umweltrisikofaktoren wie die extrem niederfrequenten Magnetfelder (ELF-MF), Luftverschmutzung und Pestizide. Hierzu zählen auch Lifestyle-Faktoren wie Alkohol oder Rauchen. Zum anderen gibt es verschiedene genetische Faktoren, die neu im Kind auftreten oder von den Eltern an das Kind vererbt und mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko assoziiert werden.
Angenommen wird, dass die Entstehung von Leukämie im Kindesalter ein multifaktorielles Geschehen ist, wobei genetische Faktoren sowie Umwelteinflüsse beteiligt sind. Ob und wie sich diese Faktoren gegenseitig beeinflussen, ist jedoch unklar.
Zielsetzung
In diesem Vorhaben wird die Machbarkeit einer interdisziplinären Hauptstudie untersucht, die die Frage beantworten soll, ob pädiatrische ALL(akute lymphatische Leukämie-)Patienten unterschiedlicher genetischer Subgruppen sich bezüglich vorangegangener (auch paternaler und maternaler) Expositionen gegenüber Umweltrisikofaktoren – hier speziell gegenüber ELF MF - unterscheiden. Dafür soll die Hauptstudie in eine laufende oder neu beginnende klinische pädiatrische Leukämie-Studie eingebettet und in deren Rahmen durchgeführt werden. Die vorliegende Machbarkeitsstudie soll die Möglichkeiten einer Einbindung sowie die Umsetzbarkeit und Aussagekraft einer solchen interdisziplinären Hauptstudie klären.
Durchführung
In einem ersten Schritt wird der relevante Stand von Wissenschaft und Technik aufbereitet um mögliche mit Leukämie im Kindesalter assoziierte Umwelt- und genetische Risikofaktoren zu erfassen und nach ihrer Relevanz zu bewerten. Die Bewertung der Relevanz erfolgt anhand des Grads der Evidenz, der Höhe des potentiellen Risikofaktors und dessen Prävalenz. Des Weiteren werden laufende und neu beginnende klinische ALL-Studien identifiziert und kontaktiert.
Liegt die Bereitschaft für eine Einbindung vor, erfolgt die Planung einer Pilotstudie unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher und ethischer Aspekte. Die Planung umfasst des Weiteren die Erstellung eines Fragebogens auf Basis der identifizierten und bewerteten Risikofaktoren, die Wahl einer geeigneten Messmethode, um die Exposition der ALL-Patienten gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern zu erfassen, sowie die Erstellung eines Konzepts zur Erfassung relevanter genetischer Faktoren in Kooperation mit einem wissenschaftlichen Berater.
Im letzten Schritt wird basierend auf den erzielten Erkenntnissen die Durchführbarkeit der Pilotstudie sowie der interdisziplinären Hauptstudie evaluiert. Es wird ein Abschlussbericht verfasst, der u.a. geeignete klinische pädiatrische ALL-Studien für die Einbettung, die Auflagen des Datenschutzes sowie der Ethikkommission, Zeit- und Kostenplan sowie potentielle Fallzahlen für die Hauptstudie listet und auf dieser Basis Empfehlungen zur Durchführung einer Pilotstudie und Hauptstudie ableitet.
3.3.b Interdisziplinäre Studie zur Untersuchung eines Zusammenhangs zwischen Umwelt-, genetischen Faktoren und Leukämie in B-Zell-ALL-Patienten – Pilotstudie
Um mögliche Zusammenhänge zwischen der Leukämieentstehung, Umwelt- und genetischen Faktoren in Patienten mit B-Zell-ALL zu untersuchen, soll eine interdisziplinäre Studie in eine klinische pädiatrische Leukämie-Studie eingebettet und in deren Rahmen durchgeführt werden. Die Machbarkeit einer solchen Studie wird aktuell im laufenden Projekt 3.3.a überprüft. Die weitere Vorgehensweise ist abhängig von den Ergebnissen und Empfehlungen dieser Machbarkeitsstudie.
3.4. Untersuchungen zum Auftreten von Leukämie bei geeigneten TiermodellenEinklappen / Ausklappen
Untersuchung zum Auftreten von Leukämie bei prädisponierten, Magnetfeld-exponierten Tiermodellen
Projektleitung: Fraunhofer ITEM, Hannover
Beginn: 01.08.2020
Ende: 31.07.2023
Hintergrund
Die häufigste Art der Leukämie bei Kindern ist die akute lymphatische Leukämie die am häufigsten von Vorläufer-B-Zellen ausgeht (präB-ALL). Die präB-ALL ist gekennzeichnet durch das Auftreten wiederkehrender chromosomaler Translokationen, wie der ETV6-RUNX Translokation. Diese Veränderungen scheinen der erste Anstoß ("first hit") zu sein, damit sich eine normale hämatopoietische Vorläufer- oder Stammzelle in eine prä-leukämische Zelle umwandelt, für eine Leukämieentwicklung sind sie aber nicht ausreichend. Hierfür sind sekundäre Mutationen notwendig, die möglicherweise spontan oder durch Umwelteinwirkungen entstehen könnten. Auf Grund konsistenter Ergebnisse epidemiologischer Studien werden niederfrequente Magnetfelder als ein möglicher Umweltfaktor diskutiert, der zu einem erhöhten Risiko für Leukämie im Kindesalter führen kann. Die epidemiologischen Ergebnisse konnten jedoch durch tierexperimentelle Arbeiten und Untersuchungen an Zelllinien bisher nicht bestätigt werden. Zur weiteren Aufklärung eines möglichen Zusammenhangs zwischen ELF MF und Leukämie im Kindesalter, startete das von der Europäischen Union geförderte Projekt "Advanced Research on Interaction Mechanisms of electromagnetic exposures with Organisms for Risk Assessment" (ARIMMORA) im Jahr 2011 [1]. Ein Ziel des ARIMMORA-Projekts war es, die Rolle extrem niederfrequenter Magnetfelder (ELF-MF) in einem transgenen prä-B-ALL Mausmodell zu untersuchen. Dafür kam ein Mausmodell zur Anwendung (Sca-1-ETV6-RUNX1 Mausmodell), in welchem die häufigste Translokation bei Leukämie in Kindern, die ETV6-RUNX1 Translokation, konstitutiv in hämatopoietischen Stamm/Vorläuferzellen exprimiert wird [2]. In einem ersten Versuch wurden Sca1-ETV6-RUNX1 Mäuse bereits in utero bis zu einem Alter von 3 Monaten gegenüber 1,5 mT ELF-MF exponiert und anschließend bis zu einem Alter von 2 Jahren auf eine Leukämieentstehung hin beobachtet. Dabei entwickelte eine von 30 exponierten, aber keine der insgesamt 65 nicht-exponierten Mäuse eine präB-ALL. Das Ergebnis war aber aufgrund der kleinen Gruppengröße statistisch nicht signifikant.
Zielsetzung
Die Ergebnisse aus dem ARIMMORA-Projekt sollen überprüft werden. Um statistisch aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, wird eine größere Anzahl an Mäusen gegenüber ELF MF exponiert und über einen Zeitraum von 2 Jahren der Gesundheitszustand der Tiere dokumentiert. Dabei wird dasselbe Mausmodell und dieselben Expositionsbedingungen wie im ARIMMORA-Projekt verwendet.
Durchführung
Für das Vorhaben werden je 204 Sca1-ETV6-RUNX1 Mäuse gegenüber 1,5 mT ELF MF beziehungsweise gegenüber 0 mT ELF MF (scheinexponierte Kontrollgruppe) exponiert. Die Exposition erfolgt verblindet in zwei von außen nicht unterscheidbaren Expositionsanlagen. Die Tiere werden bereits in utero bis zu einem Alter von 3 Monaten exponiert mit einer Dauer von 20 Stunden pro Tag. Nach der 3-monatigen Exposition werden die Mäuse bis zu einem Alter von 2 Jahren auf eine Leukämieentstehung hin beobachtet. Hierzu verbleiben die Mäuse in demselben Raum unter spezifisch Pathogen-freien Bedingungen. Die Verblindung wird weiter aufrechterhalten. Eine mögliche Leukämieentwicklung bei den Tieren wird regelmäßig u.a. über Blutkontrollen überprüft. Der Gesundheitszustand der Tiere wird über Messung des Körpergewichtes und Erfassung von klinischen Symptomen regelmäßig überprüft. Im Anschluss an die 2-jährige Beobachtungsphase werden die Tiere makroskopisch und histologisch untersucht. Zusätzlich werden hämatologische Tests durchgeführt und der Immunstatus überprüft. Auf diese Weise werden mögliche neoplastische Veränderungen erfasst.
Referenzen
[1] Schüz, J., et al., Extremely low-frequency magnetic fields and risk of childhood leukemia: A risk assessment by the ARIMMORA consortium. Bioelectromagnetics, 2016. 37(3): p. 183-189.
[2] Campos-Sanchez, E., et al., Novel ETV6-RUNX1 Mouse Model to Study the Role of ELF-MF in Childhood B-Acute Lymphoblastic Leukemia: a Pilot Study. Bioelectromagnetics, 2019. 40(5): p. 343-353.
3.5. Untersuchungen zum Immunstatus von Magnetfeld-exponierten TiermodellenEinklappen / Ausklappen
Leukämie im Kindesalter – Einfluss des Immunsystems auf die Entstehung der Erkrankung (experimentelle Studie an einem geeigneten Tiermodell)
Projektleitung: Fraunhofer ITEM, Hannover
Beginn: 01.12.2016
Ende: 30.09.2019
Hintergrund
Vom biophysikalischen Standpunkt aus betrachtet reicht die Energie von niederfrequenten magnetischen Feldern (ELF-MF) nicht aus, um direkt DNA-schädigend zu wirken und somit unmittelbar Krebserkrankungen wie zum Beispiel Leukämie zu verursachen. Allerdings zeigten drei unabhängige Untersuchungen an CD1-Mäusen bzw. einem transgenen Mausmodell übereinstimmend eine verminderte Zahl an Immunzellen im Blutbild der Jungtiere nach bis zu 90-tägiger ELF-MF Exposition. Das transgene Mausmodell bildet die Vorläufer-B-Zell-ALL ab, indem die häufige chromosomale Translokation ETV6/RUNX1 nachgestellt wird. Diese ist für die B-ALL (akute lymphoblastische (B-Zell-) Leukämie) spezifisch. B-ALL ist die häufigste Form von Leukämie im Kindesalter.
Zielsetzung
Bisher gibt es keinen Nachweis, dass die Verringerung der Immunzellen beim jungen sich entwickelnden Immunsystem ein zwingend notwendiger Schritt für die Manifestation einer B-ALL ist. Aufgrund der genannten Hinweise sollen im vorliegenden Projekt Veränderungen in Phänotyp und Funktion von Immunzellen an einem geeigneten Mausmodell für die B-ALL bei Kindern unter Magnetfeldexposition untersucht werden. Die Wirkung der prä- und postnatalen Exposition mit niederfrequenten Magnetfeldern in Jungtieren von Mäusen soll anhand von Blut- und Immunzelluntersuchungen im Vergleich mit sowohl scheinexponierten als auch Käfig-Kontrolltieren überprüft werden. Dabei wird der Fokus auf die Charakterisierung eines möglicherweise geschwächten oder mangelhaft ausgebildeten Immunsystems gelegt. Es werden Untersuchungen zur Hämatologie, Immunhistopathologie, Immunstatus und Immunphänotypisierung in verschiedenen Organen wie Blut, Milz, Knochenmark und Thymus durchgeführt.
Durchführung
Als Tiermodell kommen Sca1-ETV6-RUNX1 Mäuse, die die relativ häufige Leukämie-spezifische Veränderung ETV6/RUNX1 im Erbgut tragen, zum Einsatz. Je 20 männliche und 20 weibliche Jungtiere werden an den Zeitpunkten 7, 14 und 28 Tage nach Geburt gezielt auf Veränderungen ihres Immunstatus untersucht. Die Exposition mit 50 Hertz Magnetfeldern erfolgt bereits in utero einen Tag nach Beginn der Trächtigkeit der Muttertiere in drei identischen Expositionsanlagen mit magnetischen Flussdichten von 10 µT und 1 mT, sowie Scheinexposition. Die Tiere werden 20 Stunden am Tag an 7 Tagen pro Woche exponiert. Zusätzlich wird eine Käfigkontrollgruppe für jeden Untersuchungszeitpunkt (7, 14, 28 Tage) mitgeführt.
Als Expositionseinrichtung wird eine von der IMST GmbH, Kamp-Linfort, entwickelte Anlage verwendet, die am Fraunhofer ITEM bereits in einem vorherigen Projekt zum Einsatz kam[1]. Die drei identischen Anlagen, d.h. auch für die Scheinexpositionsgruppe, ermöglichen eine verblindete Studiendurchführung.
1 Weitere Informationen zu dem in diesem Projekt verwendeten Expositionssystem sind in Anhang 1 der BfS Studie "Einfluss niederfrequenter elektromagnetischer Felder auf das sich entwickelnde blutbildende System, das Immunsystem und das ZNS in vivo" enthalten.
3.6. Teilnahme beziehungsweise Beteiligung an internationalen Konsortien, die sich mit den Ursachen von Leukämien im Kindesalter beschäftigenEinklappen / Ausklappen
Leukämien im Kindesalter sind nicht nur komplexe, sondern auch seltene Erkrankungen, die für einen weiteren Kenntnisgewinn eine interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit benötigen. Das BfS beteiligt sich an CLIC (Childhood Leukemia International Consortium), I4C (International Childhood Cancer Cohort Consortium) und dem neuen pädiatrisch-onkologischen Netzwerk GALnet (The Global Acute Leukemia network).
3.7. Internationaler Workshop zum aktuellen Stand der Ursachenforschung von Leukämien im KindesalterEinklappen / Ausklappen
Sechster internationaler Workshop zur Ursachenforschung von Leukämie im Kindesalter
Projektleitung: Bundesamt für Strahlenschutz
Organisation: Valentum Kommunikation GmbH
Beginn: 20.11.19
Ende: 23.11.19
Hintergrund
Die epidemiologischen Befunde zu einem erhöhten kindlichen Leukämierisiko bei niedrigen Magnetfeldexpositionen führten zur Bewertung von Magnetfeldern als "möglicherweise kanzerogen" durch die WHO / IARC. Für diese Beobachtung ist bisher keine zufriedenstellende wissenschaftlich fundierte Erklärung gefunden worden. Einzig für hohe Dosen ionisierender Strahlung ist bisher wissenschaftlich nachgewiesen, dass sie Leukämie im Kindesalter auslösen kann. Viele weitere Faktoren stehen im Verdacht, Leukämie im Kindesalter auszulösen, darunter sowohl Umwelt- als auch genetische Faktoren. Ob und wie sich diese Faktoren letztendlich auf das Leukämierisiko auswirken oder ob ein Zusammenspiel der einzelnen Faktoren zu einer Erhöhung des Leukämierisikos führt, ist weitestgehend unbekannt.
Für die Klärung der Frage nach dem Zusammenhang von niederfrequenten Magnetfeldern und der Entstehung von Leukämien im Kindesalter ist es daher essentiell, mehr über die Ätiologie und Pathogenese der Erkrankung herauszufinden.
Um den wissenschaftlichen Fortschritt in diesem Bereich kontinuierlich zu verfolgen, organisiert das BfS regelmäßig internationale Workshops zum Stand der Ursachenforschung von Leukämien im Kindesalter.
Zielsetzung
Um den wissenschaftlichen Fortschritt bei der Erforschung der Ursachen für Leukämie im Kindesalter zu ermitteln, neueste Erkenntnisse, Techniken und Möglichkeiten darzustellen und zu diskutieren und gegebenenfalls das laufende BfS-Forschungsprogramm "Strahlenschutz beim Stromnetzausbau" anzupassen, wurde ein 6. Internationaler Workshop durchgeführt
Durchführung
Der öffentliche Workshop fand vom 20. bis 22. November in Freising statt. Er richtete sich an interessierte Wissenschaftler wie Biologen, Humanmediziner, Epidemiologen und Wissenschaftler anderer Fachgebiete. Insgesamt nahmen 52 Gäste aus 13 verschiedenen Ländern an dem Workshop teil. In 26 Vorträgen referierten geladene Experten über folgende Themengebiete:
- Einfluss von Umweltfaktoren auf die Krankheitsentstehung
- Einfluss genetischer und epigenetischer Faktoren auf die Krankheitsentstehung
- Einfluss des Immunsystems auf die Krankheitsentstehung
- Tiermodelle in der Leukämieforschung
- Natürliche Hintergrundstrahlung als Risikofaktor für Leukämie im Kindesalter
Ergebnisse
Der Workshop lieferte einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu den Ursachen von Leukämien im Kindesalter. Dabei zeigte sich, dass die Entstehung von Leukämie sehr komplex ist und durch viele Faktoren beeinflusst werden kann. So wurde in epidemiologischen Studien beispielsweise beobachtet, dass die Exposition gegenüber Pestiziden, niedriger ionisierender Strahlung oder Infektionen während der Schwangerschaft das Risiko für Leukämie erhöhen. Andererseits gibt es Faktoren, wie die Einnahme von Folsäure oder Vitaminen, die das Risiko für eine Leukämie verringern. Neben solchen Umweltfaktoren spielen auch genetische Faktoren bei der Entstehung der Erkrankung eine Rolle. So können Keimbahnmutationen in bestimmten Genen, darunter PAX5, das Risiko für eine Erkrankung erhöhen. Auch Syndrome, wie das Rubinstein-Taybi-Syndrom oder das Cornelia De Lange Syndrom, wurden mit Leukämie im Kindesalter assoziiert. In bis zu 5% gesunder Neugeborener lassen sich zudem präleukämische Klone, d.h. Zellen mit einer Leukämie-spezifischen Mutation, wie der ETV6-RUNX1-Translokation, nachweisen. Solche präleukämischen Zellen sind empfindlicher gegenüber Umweltfaktoren.
Magnetfelder (MF) als Umweltrisikofaktor für die Entstehung von Leukämien im Kindesalter wurden ebenfalls diskutiert. Der in epidemiologischen Studien beobachtete Zusammenhang zwischen MF und einem erhöhten Risiko für Leukämie hat über die Jahre abgenommen, doch bei Gesamtschau qualitativ hochwertiger epidemiologischer Studien zeigt sich noch immer eine schwache, aber signifikante Assoziation. Die meisten epidemiologischen Studien haben jedoch nur geringe Fallzahlen in den Gruppen mit hoher Exposition, d.h. bei magnetischen Flussdichten über 0,3-0,4 Mikrotesla. Zukünftige Studien sollten sich daher möglichst auf solche Personengruppen fokussieren, in welchen ein hoher Anteil einer hohen magnetischen Flussdichte ausgesetzt ist. Auch sollten in zukünftigen epidemiologischen Studien andere Umweltrisikofaktoren berücksichtigt werden, um eine mögliche Beeinflussung der Ergebnisse durch diese Störfaktoren zu verhindern.
Die Beobachtungen eines erhöhten Leukämierisikos bei Magnetfeldexpositionen über 0,3-0,4 Mikrotesla stützen sich bisher nur auf epidemiologische Studien. Um den Zusammenhang zwischen MF und Leukämie im Kindesalter weiter zu erforschen, sind daher zusätzlich experimentelle Studien an Tiermodellen notwendig. Dazu wurden in einer Special Session vorhandene Tiermodelle für die Leukämieforschung vorgestellt und diskutiert. Mit dem Sca1-ETV6-RUNX1 Mausmodell liegt ein Modell vor, welches die Situation im Menschen sehr gut widerspiegelt. Mit Hilfe dieses Modells kann nicht nur der Einfluss von magnetischen Feldern auf die Leukämieentstehung, sondern auch das Zusammenspiel zwischen Umwelt- und genetischen Risikofaktoren zukünftig genauer untersucht werden.
Der Bericht zum Workshop mit der Tagesordnung und den Abstracts der einzelnen Beiträge ist in DORIS, dem Online-Repositorium des BfS erschienen. Eine ausführliche Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse des Workshops, auch im Kontext weiterer internationaler Literatur, wurde im Journal Frontiers in Public Health publiziert (J.A. Schmidt et al. Front Public Health 2021).
3.8. Beteiligung an einer nationalen Geburts- oder Mutter-Kind-KohorteEinklappen / Ausklappen
Eine prospektive Kohorte kann Antworten auf viele gesundheitsrelevante Fragen geben und auch auf Fragen und Kenntnislücken eingehen, die sich erst in Zukunft ergeben. Sollten die verschiedenen Interessen im Umwelt- und Gesundheitswesen dazu führen, dass zeitnah eine Geburts- oder auch Mutter-Kind-Kohorte aufgebaut wird, wäre es sinnvoll, auch die Expositionen mit statischen, niederfrequenten und hochfrequenten Feldern zu erfassen.
3.9. Fall-Kontroll-Studie zu Leukämie bei Kindern und niederfrequenten Magnetfeldern aus BahnstromanlagenEinklappen / Ausklappen
In den 1990iger Jahren wurde eine Fall-Kontroll-Studie durchgeführt, die einen möglichen Zusammenhang zwischen Leukämien im Kindesalter und der im Wohnbereich gemessenen Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern (16,7 Hz) in Deutschland untersuchte (Schüz et al. 2001). Dabei entsprechen 16,7 Hz der Frequenz, in der auch Bahnstromanlagen betrieben werden. Die Studie umfasst 489 Leukämie-Fälle bei Kindern sowie 1.240 Kontrollen. Die Exposition wurde bestimmt mithilfe von Messungen im Schlafzimmer des Kindes über einen 24-stündigen Zeitraum. Im Vergleich der Gruppe mit einer niedrigen medianen Magnetfeld-Exposition von < 0,1 µT gegenüber der Gruppe mit hoher medianer Magnetfeld-Exposition von ≥ 0,2 µT berichtete die Studie ein erhöhtes, jedoch statistisch nicht signifikantes Odds Ratio von 1,91 (95 %-Konfidenzintervall: 0,41 – 8,89). Als deutlichste Limitation der Studie ist hervorzuheben, dass der Anteil der mittel- oder hoch-exponierten Personen nur insgesamt 1 % (Fälle) bzw. 1,9 % (Kontrollen) der Studienpopulation ausmachte. Die Aussage der Studie ist damit sehr eingeschränkt.
Eine weitere Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen der Distanz des Wohnortes zur nächsten Bahnstromanlage und dem Auftreten von Leukämie oder Non-Hodgkin-Lymphomen im Kindesalter in England und Wales (Dickinson et al. 2003). Auch diese Untersuchung ergab einen leichten, jedoch statistisch nicht signifikanten Zusammenhang bezüglich der Dichte von Bahnstromanlagen und dem Erkrankungsrisiko (Rate Ratio = 1,001; 95 %-Konfidenzintervall: 1,000 – 1,003). Die Autoren schließen jedoch nicht aus, dass dieses Ergebnis auch auf einen anderen Parameter, den sogenannten Population-Mixing-Faktor zurückzuführen ist. Dieser steht für das Ausmaß der Infektionen, die in einer Region vertreten sind. Auch mit dieser Studie liegt daher keine klare Aussage vor über einen möglichen Zusammenhang zwischen Leukämie im Kindesalter und einer auf den Wohnort bezogenen Exposition gegenüber extrem niederfrequenten Magnetfeldern im 16,7 Hz Frequenzbereich von Bahnstromanlagen.
Aus diesem Grund soll in dem hier geplanten Forschungsvorhaben erneut ein möglicher Zusammenhang zwischen der Nähe des Wohnortes zu einer elektrifizierten Bahntrasse und dem Risiko des Auftretens von Leukämie bei Kindern untersucht werden. Die Möglichkeiten einer solchen Untersuchung wurden auf dem am 25.01.2021 durchgeführten Fachgespräch bezüglich epidemiologischer Studien zum Stromnetzausbau vorgestellt und mit den anwesenden Experten diskutiert. Für die Fragestellung eignet sich eine Fall-Kontroll-Studie, für die Daten zu Fällen von Leukämie im Kindesalter aus dem Deutschen Kinderkrebsregister herangezogen werden könnten. Zur Expositionsermittlung soll die Distanz zur nächstgelegenen Bahnstromanlage bestimmt werden. Basierend auf den erhobenen Daten der vorangegangenen Studie (Schüz et al. 2001) könnte aus diesen Distanz-Daten die Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern abgeschätzt werden.
Es wird derzeit geprüft, ob eine Studie in dieser Form möglich ist.