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10. Umwelt: Flora und Fauna

An erster Stelle steht im Fokus des BfS der Schutz der Menschen vor Strahlenrisiken. Der Natur-, Umwelt- und Artenschutz wird aber ebenfalls berücksichtigt. Im Zuge des Ausbaus sowohl der Stromnetze als auch der Mobilfunknetze könnte sich die Ausbreitung anthropogener elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder (EMF) in der Umwelt verstärken. Hochspannungs-Wechselstrom-Übertragungsleitungen (HWÜ), von denen niederfrequente elektrische und magnetische Felder ausgehen, werden ausgebaut. Zusätzlich werden Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ) und HWÜ/HGÜ-Hybridleitungen neu dazu kommen. Diese werden elektrische und magnetische Gleichfelder allein oder überlappend mit Wechselfeldern aussenden. Der stete Ausbau des bestehenden Mobilfunknetzes, inklusive der neuen Mobilfunkgeneration 5G, wird möglicherweise zu einer flächendeckenden Erhöhung der Exposition mit hochfrequenten EMF führen. Zusätzlich werden im Mobilfunk bisher noch nicht verwendete Frequenzbereiche oberhalb von 20 GHz mit 5G eingeführt.

Im Gegensatz zum Menschen besitzen viele Tiere und Pflanzen Rezeptoren zur Wahrnehmung des natürlichen Erdmagnetfelds, an dem sie sich orientieren können. Anthropogene Gleichfelder, niederfrequente Felder, aber auch hochfrequente Felder bestimmter Frequenzen können die Wahrnehmung des Erdmagnetfelds und dadurch das Verhalten von Tieren und Pflanzen stören. Viele Insekten nutzen elektrische Felder zur Kommunikation. Auch hier können elektrische Felder von Stromleitungen möglicherweise das Verhalten beeinflussen. Bei den Wirkungen von EMF spielt auch die Körpergröße eine Rolle. Aus diesem Grund können EMF frequenzabhängig bei kleinen oder großen Tieren anders wirken als bei Menschen. Weiterhin können sich Tiere auch an Orten aufhalten, an denen sich Menschen in der Regel nicht aufhalten und an denen Grenzwerte nicht eingehalten werden. Alle diese Aspekte führen dazu, dass die Grenzwerte, die bei Einhaltung Menschen zuverlässig schützen, nicht zwingend auch zum Schutz von Tieren und Pflanzen ausreichend sind.

Das BfS hat bisher den wissenschaftlichen Kenntnisstand zu Wirkungen von EMF auf Tiere, Pflanzen und Ökosysteme anhand der Fachliteratur verfolgt. Um den Kenntnisstand zusammenzutragen, zu diskutieren und weitere Forschungsbedarfe zu identifizieren, wurde zunächst ein internationaler Workshop durchgeführt. Dieser dient als Grundlage, um bei Bedarf Forschungsvorhaben in diesem Bereich zu initiieren.

Forschungsprojekte

10.1. Internationaler Workshop zum Einfluss elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder auf die belebte Umwelt.Einklappen / Ausklappen

Projektleitung: Bundesamt für Strahlenschutz
Beginn: 05.11.2019
Ende: 07.11.2019

Hintergrund

Die Einrichtung zahlreicher neuer Stromnetze im Zuge der Energiewende, der Ausbau der 5G-Technolgie in der Telekommunikation sowie generell die Ausweitung neuer Technologien im Alltag setzen die Umwelt immer stärker elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern aus, deren Wirkungen auf Tiere, Pflanzen und Ökosysteme nur teilweise bekannt sind. Das führt zunehmend zu Bedenken in der Bevölkerung hinsichtlich möglicher negativer Umwelteinflüsse elektromagnetischer Felder. Daher veranstaltete das Bundesamt für Strahlenschutz im November 2019 einen Workshop mit international ausgewiesenen Expert*innen aus Zoologie, Botanik, Ökologie, Umweltschutz und Strahlenschutz, um den aktuellen Stand der Forschung zu diskutieren.

Zielsetzung

Ziel des Workshops war es, den aktuellen Stand der Forschung zu Wirkungen elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder auf Tiere, Pflanzen und Ökosysteme zusammenzufassen, mögliche Risiken zu bewerten, Kenntnislücken zu identifizieren und darauf aufbauend mögliche Forschungsschwerpunkte zu definieren.

Durchführung

Der öffentliche Workshop fand vom 07. bis 09. November 2019 in München statt. Er richtete sich vor allem an Wissenschaftler*innen, es waren aber auch Behörden und Umweltorganisationen vertreten.

Mit 23 Vorträgen von geladenen Redner*innen aus neun Ländern wurde das Programm des dreitägigen Workshops gestaltet. Zusätzlich ergänzten vier Kurzvorträge von teilnehmenden Gästen das Programm. Es wurden folgende Themen diskutiert:

  • Session 1: Exposition und Dosimetrie
  • Session 2: Wirkmechanismen
  • Session 3: Niederfrequente Felder - Stromleitungen
  • Session 4: Hochfrequente Felder - Mobilfunk

Ergebnisse

1. Exposition und Dosimetrie

Zur Einführung wurden typische Expositionsszenarien in der Umgebung von Stromleitungen und Mobilfunkbasisstationen beschrieben. Es wurde auf Unterschiede zwischen der Exposition von Menschen und Tieren hingewiesen. Diese hängen einmal von der Körpergröße ab und dann davon, dass vor allem flugfähige Tiere in unmittelbarer Nähe von Leitungen oder Sendern gelangen können und höher exponiert werden können als Menschen. Weiterhin wurde auf die Exposition von Tieren beim induktiven Laden von Fahrzeugen eingegangen und es wurde die zu erwartende Exposition von Insekten gegenüber Millimeterwellen, die perspektivisch bei 5G angewandt werden, berechnet.

2. Wirkmechanismen

Die Wahrnehmung des statischen Erdmagnetfeldes wird zwar seit langem untersucht, die Wirkmechanismen sind aber noch nicht genau bekannt. Am weitesten erforscht ist die Rolle der freien Radikal-Paare im Blaulichtrezeptor (Cryptochrome) und die Rolle des Minerals Magnetit.

Bei niederfrequenten Magnetfeldern ist Induktion als anerkannter Wirkmechanismus seit langem bekannt und gut erforscht. Im Körper induzierte elektrische Ströme und Felder können Nerven und Muskeln reizen.

Die einzige nachgewiesene Wirkung hochfrequenter Felder ist Erwärmung durch Energieabsorption. Diese kann den Energiemetabolismus und die Thermoregulation beeinflussen.

3. Niederfrequente und statische Felder – Stromleitungen

Viele Tiere können niederfrequente und statische Felder wahrnehmen, orientieren sich danach oder nutzen sie zur Kommunikation. Der Schwerpunkt lag bei spezifischen Wirkungen auf Meerestiere, Insekten (vor allem Bienen), Zugvögel und Säugetiere. Es wurden Veränderungen des Verhaltens beschrieben, die mit Wahrnehmung und Orientierung im Zusammenhang stehen. Bei Pflanzen zeigten sich vor allem Wirkungen auf Wachstum.

4. Hochfrequente Felder - Mobilfunk

Wirkungen hochfrequenter Felder auf Tiere und Pflanzen im Freiland sind kaum untersucht. Einige wenige Studien zeigten widersprüchliche Ergebnisse (keine oder schwache Wirkung z.B. auf Reproduktion, Abundanz, Artenvielfalt). Sofern Wirkungen beschrieben wurden, konnte ein ursächlicher Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern nicht eindeutig belegt werden.

Ausführliche Erläuterungen finden Sie im Bericht zum Workshop: Umwelteffekte elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder auf Flora und Fauna. Die Abstracts des Workshops sind in DORIS, dem Online-Repositorium des BfS veröffentlicht.

Stand: 02.02.2024

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