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1. Untersuchungen zu einem möglichen Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und neurodegenerativen Erkrankungen

Neurodegenerative Erkrankungen sind Erkrankungen des zentralen oder des peripheren Nervensystems, bei denen es zur Degeneration und zum Absterben von Nervenzellen kommt. Dies führt zu Funktionsstörungen des Gehirns (z.B. Gedächtnisstörungen, Demenzen) und des Bewegungsapparats (z.B. Multiple Sklerose/MS, Parkinson-Krankheit, Amyotrophe Lateralsklerose/ALS).

Mehrere bisher durchgeführte epidemiologische Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und Erkrankungen des Nervensystems bei beruflich hoch exponierten Personengruppen. So zeigte eine Metaanalyse von 20 epidemiologischen Studien ein erhöhtes ALS-Risiko bei beruflicher Exposition mit niederfrequenten Magnetfeldern. Auch für Alzheimer Demenz liegt aus einer Metaanalyse ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko bei beruflich exponierten Personen vor. Dagegen gibt es keine Hinweise für einen Zusammenhang zwischen der Parkinson-Krankheit oder der multiplen Sklerose und Magnetfeldern.

Für die Allgemeinbevölkerung, also nicht beruflich exponierte Personen, zeigte sich ein möglicherweise erhöhtes Risiko für die Alzheimer Demenz bei Personen, die in einer Entfernung von weniger als 50 Metern zu einer Hochspannungsleitung wohnen. Eine ähnliche Studie aus Dänemark konnte die Ergebnisse aber nicht in vollem Umfang bestätigen. Ob die beobachteten erhöhten Risiken tatsächlich ursächlich mit niederfrequenten Magnetfeldern zusammenhängen, und welche Wirkmechanismen zugrunde liegen, ist nicht geklärt.

Neue epidemiologische Daten und deren zusammenfassende Analysen sollen genutzt werden, um die Datenlage zu einem möglichen Zusammenhang zwischen neurodegenerativen Erkrankungen und Magnetfeldern oder auch Stromschlägen zu aktualisieren. Sollten die bisherigen Auswertungen einen Zusammenhang zeigen, wird dieser in Tierstudien und Studien an Zellkulturen experimentell überprüft und nach möglichen Wirkmechanismen gesucht.

Forschungsprojekte

1.1. Metaanalyse zum Zusammenhang zwischen neurodegenerativen Erkrankungen und MagnetfeldexpositionEinklappen / Ausklappen

Zielsetzung

Seit dem Erscheinen der Metaanalyse von Vergara et al. (2013) zu beruflicher Magnetfeldexposition und neurodegenerativen Erkrankungen gab es einige neue Veröffentlichungen. Die geplante Literaturstudie sollte eine zusammenfassende Risikobewertung aller inzwischen vorhandenen Studien liefern.

Bewertung der aktuellen Datenlage für die Metaanalyse

Der aktuelle Stand der Evidenz wird unten kurz zusammengefasst. Eine wissenschaftliche Stellungnahme findet sich in dem Artikel Verursachen niederfrequente Magnetfelder Erkrankungen des Nervensystems?.

1. Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)

Drei neue Metaanalysen berichteten über einen Zusammenhang zwischen beruflicher Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfelder und einem erhöhtem Risiko für ALS (Huss et al. 2018; Gunnarsson und Bodin 2019; Jalilian et al. 2020). Diese Befunde stimmen mit der älteren Metaanalyse von Vergara et al. (2013) überein. Die einzige bisher durchgeführte Metaanalyse zu häuslicher Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern und einem erhöhten Risiko für ALS lieferte keine Hinweise auf einen solchen Zusammenhang (Röösli 2018). Eine gepoolte Studie zu Magnetfeldexposition und ALS wurde in einem separaten Forschungsvorhaben ausgeschrieben ("1.2 Gepoolte Analyse zu ALS und Magnetfeldexposition").

2. Alzheimer-Demenz

Drei neue Metaanalysen berichten über einen Zusammenhang zwischen beruflicher Magnetfeldexposition und einem erhöhten Risiko, an Alzheimer-Demenz zu erkranken (Jalilian et al. 2018; Gunnarsson und Bodin 2019). Die neuen Ergebnisse bestätigen Befunde der Metaanalyse von Vergara et al. (2013). Zu häuslicher Exposition existieren derzeit nur zwei Studien, so dass eine Metaanalyse hierzu noch nicht durchführbar ist.

3. Andere neurodegenerativen Erkrankungen

Eine neue Metaanalyse ergab keine Hinweise auf eine Risikoerhöhung für Parkinson-Demenz im Zusammenhang mit beruflicher Magnetfeldexposition (Gunnarsson und Bodin 2019). Das stimmt überein mit der älteren Metaanalyse Vergara et al. (2013). Für andere Erkrankungen, wie multiple Sklerose oder andere Arten von Demenz, wurde keine erneute Metaanalyse durchgeführt. In der Metaanalyse von Vergara et al. (2013) hatte sich keine Risikoerhöhung bei beruflicher Exposition gegenüber Magnetfeldern gezeigt. Die Studienlage zu diesen Erkrankungen und einem potentiellen Zusammenhang mit häuslicher Magnetfeldexposition ermöglicht bisher keine Metaanalyse.

Zusammenfassung

  • Die neu publizierten Metaanalysen (2018-2020) bringen die Evidenz auf den aktuellsten Stand. Von einer erneuten Metaanalyse ist daher kein Erkenntnisgewinn zu erwarten. Daher entfällt das Vorhaben.
  • Die in den neuen Metaanalysen berichteten Hinweise auf erhöhte Risiken für ALS und Alzheimer-Demenz im Zusammenhang mit beruflicher Exposition gegenüber Magnetfeldern sind in ihrer Aussagekraft jedoch eingeschränkt. Es wurden Hinweise auf einen Publikationsbias gefunden (Gunnarsson und Bodin 2019; Jalilian et al. 2020). Eine mögliche Fehlklassifizierung der Exposition und Confounding wurden ebenfalls als Gründe für eine mögliche systematische Verzerrung der Ergebnisse identifiziert (Jalilian et al. 2018; Huss et al. 2018).
  • Im Rahmen des Forschungsprogramms "Strahlenschutz beim Stromnetzausbau" wurde ein paralleles Projekt zur Untersuchung von Zusammenhängen zwischen ALS und Exposition gegenüber Magnetfeldern gestartet. Hierin soll eine gemeinsame Auswertung qualitativ hochwertiger epidemiologischer Studien die wissenschaftlichen Unsicherheiten reduzieren. Die Studie wird in Kürze ausgeschrieben.

Literatur

Gunnarsson, L.-G. and L. Bodin (2019). "Occupational Exposures and Neurodegenerative Diseases—A Systematic Literature Review and Meta-Analyses." Int J Environ Res Public Health 16(3): 337.

Huss, A., et al. (2018). "Occupational exposure to extremely low-frequency magnetic fields and the risk of ALS: A systematic review and meta-analysis." Bioelectromagnetics 39(2): 156-163.

Jalilian, H., et al. (2018). "Occupational exposure to extremely low frequency magnetic fields and risk of Alzheimer disease: A systematic review and meta-analysis." Neurotoxicology 69: 242-252.

Jalilian H., et al. (2020). “Amyotrophic lateral sclerosis, occupational exposure to extremely low frequency magnetic fields and electric shocks: a systematic review and meta-analysis.” Rev Environ Health: 36(1): 129–142.

Röösli, M. and H. Jalilian (2018). "A meta-analysis on residential exposure to magnetic fields and the risk of amyotrophic lateral sclerosis." Rev Environ Health 33(3): 309–313.

Vergara, X., et al. (2013). "Occupational exposure to extremely low-frequency magnetic fields and neurodegenerative disease: a meta-analysis." J Occup Environ Med 55(2): 135-146.

1.2. Untersuchung zum Zusammenhang von Amyotropher Lateralsklerose und der Exposition gegenüber niederfrequenten MagnetfeldernEinklappen / Ausklappen

1.2.a Untersuchung der Machbarkeit und Vorbereitung einer gepoolten Analyse zum Zusammenhang von Amyotropher Lateralsklerose (ALS) und Magnetfeldexposition (MF)

Projektleitung: Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
Beginn: 01.09.2018
Ende: 31.08.2019

Hintergrund

Mehrere epidemiologische Studien mit beruflich relativ hoch exponierten Personengruppen sprechen für einen Zusammenhang zwischen Magnetfeldexposition und dem Risiko an ALS zu erkranken. Die Datenlage ist jedoch inkonsistent und tierexperimentelle Untersuchungen stützen die Annahme eines Zusammenhangs bisher nicht. Eine aktuelle Metaanalyse (Huss et al. 2018) deutet darauf hin, dass die Qualität der Expositionsbestimmung eine wichtige Rolle für das Ergebnis der Studien spielt. Zudem ist die Rolle von anderen Risikofaktoren, wie zum Beispiel Stromschlägen, die in Berufen mit höherer Magnetfeldexposition relativ häufig auftreten, unklar. Grundsätzlich ist die gemeinsame Auswertung qualitativ hochwertiger Studien geeignet, die wissenschaftliche Unsicherheit in diesem Bereich zu reduzieren.

Zielsetzung

Im vorliegenden Projekt wurde die Machbarkeit einer gemeinsamen Auswertung (Pooling) von epidemiologischen Studien zu ALS und Magnetfeldexposition geprüft. Es wurde zudem noch untersucht, ob und inwieweit eine gemeinsame Auswertung qualitativ hochwertiger Studien zur Klärung offener Forschungsfragen beitragen könnte.

Durchführung

Mittels einer systematischen Literaturrecherche wurden die relevanten epidemiologischen Publikationen identifiziert. Die qualitativ überzeugenden Studien wurden mittels eines formalisierten Protokolls ausgewählt und auf die Eignung für eine gepoolte Auswertung geprüft. Die Einzelstudien wurden hinsichtlich der Möglichkeit einer Harmonisierung der Expositionskategorien, der Vergleichbarkeit des Studiendesigns und der Definition der Endpunkte sowie der Berücksichtigung von möglichen Confoundern bewertet. Unter Berücksichtigung verschiedener Szenarien wurden Powerkalkulationen durchgeführt. Die verantwortlichen Studienzentren der sich eignenden Einzelstudien wurden kontaktiert und die prinzipielle Bereitschaft zur Teilnahme an dem Pooling wurde abgefragt. Darauf basierend wurden konkrete Empfehlungen hinsichtlich der gepoolten Auswertung gemacht.

Ergebnisse der Machbarkeitsstudie

Die systematische Literatursuche ergab 21 Publikationen zur beruflichen Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfelder (NF-MF) sowie 5 Publikationen zur häuslichen NF-MF Exposition, die sich mit dem Erkrankungsrisiko für ALS beschäftigt haben. In den 5 Publikationen zum Zusammenhang zwischen häuslicher Magnetfeldexposition und ALS ergaben sich keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen häuslicher Magnetfeldexposition und dem Risiko von ALS. Aufgrund dieser Ergebnisse und da sich die Expositionsbestimmung im beruflichen und häuslichen Umfeld stark unterscheiden, empfahlen die Auftragnehmer in der Hauptstudie nur die Studien zur beruflichen Exposition gemeinsam auszuwerten.

Die Auftragnehmer stuften anhand der Qualität der Expositionserfassung 18 der 21 Publikationen zur beruflichen Magnetfeldexposition als geeignet für eine gemeinsame Auswertung ein. Fünf davon waren Fall-Kontroll-Studien. Die restlichen 13 Publikationen beziehen sich auf 10 Kohorten-Studien. Hinsichtlich der Harmonisierung der Expositionsdaten für das Pooling empfahlen die Auftragnehmer eine Einschränkung des Expositionszeitraumes auf die Jahre ab 1950 für die Kohorten-Studien. Die Expositionskategorien, welche in den ausgewählten Studien benutzt wurden, waren miteinander vergleichbar. Das ermöglicht eine einheitliche Festlegung der Expositionskategorien in einer gepoolten Analyse.

Die Rolle der Stromschläge, dem wichtigsten möglichen Confounder in Studien zur beruflichen Magnetfeldexposition, wurde lediglich in 7 Studien untersucht. Die Störgrößen, für welche die Adjustierung studienübergreifend gemacht werden könnte, sind Alter und Geschlecht.

Die Fallzahlkalkulationen ergaben eine Gesamtfallzahl von 2.044.121 Personen, um ein Risikoerhöhung von 14 % mit einem Power von 80 % bestimmen zu können.

Empfehlung der Auftragnehmer

Die Auftragnehmer zogen den Schluss, dass das Pooling machbar wäre. Dabei empfahlen sie, nur die Studien zur beruflichen Exposition gemeinsam auszuwerten. Es wurde außerdem empfohlen, nur die Kohorten-Studien für die gepoolte Analyse zu berücksichtigen, da nur bei diesen die Expositionserfassung ausreichend homogen ist.

Der Abschlussbericht des Vorhabens steht in DORIS, dem Online-Repositorium des BfS zur Verfügung. Zusätzlich wurden die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie veröffentlicht (Baaken et al. 2021).

Weiteres Vorgehen

Die Durchführung einer Hauptstudie als Pooling von Originaldaten ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Von dem bisherigen Plan eines Poolings von Originaldaten wird daher abgesehen. Diese Entscheidung wurde in dem am 25.01.2021 durchgeführten Fachgespräch bezüglich epidemiologischer Studien zum Stromnetzausbau vorgestellt und von den anwesenden Experten mitgetragen. Als alternatives Vorgehen wurde beschlossen, ein standardisiertes Analyseprotokoll zu entwickeln, mithilfe dessen studien-spezifische Schätzer berechnet werden. Anschließend sollen die Schätzer im Sinne eines Metaschätzers zusammengefasst werden. Das Forschungsvorhaben soll zeitnah als „1.2b Metaanalyse von Studien zum Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern und amyotropher Lateralsklerose: Hauptstudie“ ausgeschrieben werden.

Literatur

Baaken, D., et al. (2021). "Occupational Exposure to Extremely Low‐Frequency Magnetic Fields and Risk of Amyotrophic Lateral Sclerosis: Results of a Feasibility Study for a Pooled Analysis of Original Data". Bioelectromagnetics, 10.1002/bem.22335. Advance online publication.

Huss, A., et al. (2018). "Occupational exposure to extremely low-frequency magnetic fields and the risk of ALS: A systematic review and meta-analysis." Bioelectromagnetics 39(2): 156-163.

1.2.b Metaanalyse von Studien zum Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber extrem niederfrequenten Magnetfeldern und amyotropher Lateralsklerose: Hauptstudie

Projektleitung: Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
Beginn: 01.04.2022
Ende: 31.03.2024

Hintergrund

Gemeinsame Auswertungen der bestehenden epidemiologischen Studien mittels Metaanalysen lieferten wiederholt Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für amyotropher Lateralsklerose (ALS) in Zusammenhang mit beruflicher Exposition gegenüber extrem niederfrequenten Magnetfeldern (ELF-MF) (Gunnarsson und Bodin 2018; Gunnarsson und Bodin 2019; Jalilian et al. 2020; Vergara et al. 2013). In einer Metaanalyse mit fünf Studien wurden dagegen keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko durch häusliche ELF-MF-Exposition gefunden (Röösli und Jalilian 2018).

Die Datenlage ist inkonsistent und die Ergebnisse in ihrer Aussagekraft durch beobachteten Publikationsbias eingeschränkt. Auch stützen tierexperimentelle Untersuchungen die Annahme eines Zusammenhangs bisher nicht. Eine Metaanalyse von 2018 deutet darauf hin, dass die Qualität der Expositionsbestimmung eine wichtige Rolle für das Ergebnis der Studien spielt (Huss et al. 2018). Zudem ist die Rolle von anderen Risikofaktoren wie zum Beispiel Stromschlägen, die in Berufen mit höherer Magnetfeldexposition relativ häufig auftreten, unklar (Huss et al. 2015; Koeman et al. 2017; Peters et al. 2019).

Um aussagekräftigere Erkenntnisse zu dem Zusammenhang von extrem niederfrequenten Magnetfeldern und ALS zu erhalten, wurde ein Pooling von Originaldaten epidemiologischer Studien zur beruflichen Exposition gegenüber ELF-MF geplant. Aus datenschutzrechtlichen Gründen musste von der Durchführung einer Hauptstudie als Pooling von Originaldaten jedoch abgesehen werden und es wurde stattdessen eine Metaanalyse initiiert.

Zielsetzung

Durch das vorliegende Forschungsvorhaben sollen aussagekräftige Erkenntnisse zu dem Zusammenhang von extrem niederfrequenten Magnetfeldern und dem Risiko an ALS zu erkranken erlangt werden. Hierbei soll auch die Rolle weiterer Risikofaktoren, wie Stromschläge, untersucht werden.

Durchführung

Die Hauptstudie wird als Metaanalyse durchgeführt. Hierzu sollen Kooperationen mit den Datenhaltern der Originalstudien vertraglich festgelegt werden. Zudem soll ein Studienprotokoll und ein standardisiertes Analyseprotokoll entwickelt werden, mithilfe dessen studienspezifische Effektschätzer in der jeweiligen Originalstudie berechnet werden. Anschließend sollen diese Einzelschätzer zentral zu einem gemeinsamen Schätzer (Metaschätzer) zusammengefasst werden. Hierbei soll auch die Rolle von Stromschlägen durch den Einsatz einer sogenannten Job-Exposure-Matrix untersucht werden. Zudem sind eine Bewertung der finalen Ergebnisse sowie die Ermittlung und Bewertung neuer Erkenntnisse auf dem Gebiet der extrem niederfrequenten Magnetfelder mit Blick auf die Ziele des Vorhabens vorgesehen.

Literatur

Gunnarsson L-G und Bodin L (2018): Amyotrophic Lateral Sclerosis and Occupational Exposures: A Systematic Literature Review and Meta-Analyses. International Journal of Environmental Research and Public Health 15:2371.

Gunnarsson L-G und Bodin L (2019): Occupational Exposures and Neurodegenerative Diseases - A Systematic Literature Review and Meta-Analyses. International Journal of Environmental Research and Public Health 16:337.

Huss A, Peters S, Vermeulen R (2018): Occupational exposure to extremely low-frequency magnetic fields and the risk of ALS: A systematic review and meta-analysis. Bioelectromagnetics 39:156-163.

Huss A, Spoerri A, Egger M, Kromhout H, Vermeulen R (2015): Occupational exposure to magnetic fields and electric shocks and risk of ALS: the Swiss National Cohort. Amyotrophic lateral sclerosis & frontotemporal degeneration 16:80-85.

Jalilian H, Najafi K, Khosravi Y, Roosli M (2020): Amyotrophic lateral sclerosis, occupational exposure to extremely low frequency magnetic fields and electric shocks: a systematic review and meta-analysis. Rev Environ Health. doi:10.1515/reveh-2020-0041.

Koeman T et al. (2017): Occupational exposure and amyotrophic lateral sclerosis in a prospective cohort. Occupational and environmental medicine 74:578-585. doi:10.1136/oemed-2016-103780.

Peters S et al. (2019): Electric Shock and Extremely Low-Frequency Magnetic Field Exposure and the Risk of ALS: Euro-MOTOR. American journal of epidemiology.

Röösli M und Jalilian H (2018): A meta-analysis on residential exposure to magnetic fields and the risk of amyotrophic lateral sclerosis. Rev Environ Health.

Vergara X, Kheifets L, Greenland S, Oksuzyan S, Cho YS, Mezei G (2013): Occupational exposure to extremely low-frequency magnetic fields and neurodegenerative disease: a meta-analysis. J Occup Environ Med 55:135-146.

1.3. Internationaler Workshop zum Zusammenhang zwischen neurodegenerativen Erkrankungen und Magnetfeldexposition - Stand des Wissens und ForschungsperspektivenEinklappen / Ausklappen

International Workshop: Relationship between neurodegenerative diseases and magnetic field exposure – State of knowledge and research perspectives

Projektleitung: Bundesamt für Strahlenschutz
Beginn: 12.12.2017
Ende: 14.12.2017

Hintergrund

Studien zur beruflichen Exposition mit hohen magnetischen Wechselfeldern zeigen einen statistischen Zusammenhang mit der Zunahme von einigen neurodegenerativen Erkrankungen auf, vor allem von Alzheimer Demenz (AD) und amyotropher Lateralsklerose (ALS). Da in der Gesellschaft neurodegenerative Erkrankungen im Zusammenhang mit der steigenden Lebenserwartung zunehmen, stellt sich die Frage, ob Magnetfelder auch bei kleinen Feldstärken einen zusätzlichen Einfluss auf die Entstehung dieser Erkrankungen haben können.

Zielsetzung

Um einen Überblick über den neusten Forschungsstand zu erhalten und neue Ansätze zu identifizieren, auf deren Grundlage weitere Forschung initiiert werden kann, wurde ein internationaler Workshop organisiert, der vom 12.-14. Dezember 2017 in München stattfand.

Durchführung

Experten aus der ganzen Welt waren geladen, um zu den unterschiedlichen Aspekten und Problemstellungen zu diskutieren und gemeinsam einen Überblick über die Standpunkte dieser verschiedenen Bereiche zu geben. Zur Gestaltung der Programmpunkte waren 21 internationale Redner eingeladen, um verschiedene Fachrichtungen und Forschungsbereiche darzustellen. Zu den Teilnehmern gehörten Ärzte, Biologen, Epidemiologen, Physiker und Elektrotechniker. Insgesamt nahmen 57 Personen aus 15 verschiedenen Ländern am Workshop teil.

Folgende Schwerpunkte wurden in 8 Sessions diskutiert:

  • Einführung in neurodegenerative Erkrankungen: was wissen wir und was wissen wir nicht
  • Expositionsbestimmung
  • Epidemiologie: Niederfrequente Magnetfelder als potentielle Risikofaktoren für neurodegenerative Erkrankungen
  • Ätiologie von ALS: Neue Einblicke aus Tiermodellen
  • Ätiologie der Alzheimer Demenz
  • Molekulare Grundlagen von ALS
  • Molekulare Grundlagen der Alzheimer Demenz
  • Molekulare Wirkungen niederfrequenter Magnetfelder in Tiermodellen und Zellkulturen

Ergebnisse

Der Workshop lieferte einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu den molekularen und genetischen Grundlagen neurodegenerativer Erkrankungen sowie zum Zusammenhang mit niederfrequenten Magnetfeldern und zu potentiellen Wirkmechanismen. Insgesamt zeigte sich, dass zunächst die Ergebnisse der aktuellen epidemiologischen Forschung in der Form von Metaanalysen bzw. gepoolten Analysen aktualisiert werden müssen (Forschungsvorhaben 1.1 und 1.2). Sollte ein potentieller Zusammenhang zwischen den genannten Erkrankungen und Magnetfeldern weiterhin bestätigt werden, wird geprüft, ob die beim Workshop vorgestellten molekularen Signaturen der Krankheiten und die neuen Tiermodelle geeignet sind, um damit den Einfluss einer Magnetfeldexposition im Tiermodell oder in Zellen experimentell weiter zu untersuchen (Forschungsvorhaben 1.4 – 1.7).

Im Nachgang zum Workshop wird ein gemeinsamer Bericht mit dem Input der Rednerinnen und Redner erarbeitet und veröffentlicht. Auf dieser Grundlage werden ggf. weitere Forschungsvorhaben initiiert. Der Bericht zu den Ergebnissen des Workshops mit der Tagesordnung und den Abstracts der einzelnen Beiträge ist in DORIS, dem Digitalen Online Repositorium und Informations-System des BfS erschienen.

Weitere Informationen

International Workshop: Relationship between neurodegenerative diseases and magnetic field exposure - State of knowledge and research perspectives – Forschungsvorhaben 3617I02410

1.4. Wirkungen niederfrequenter Magnetfelder auf die Entstehung und den Verlauf von ALS im Tiermodell (in vivo)Einklappen / Ausklappen

Sollten aktuelle epidemiologische Studien sowie die geplante Metaanalyse (Forschungsprojekt 1.1.) und die derzeit laufende gepoolte Analyse (Forschungsprojekt 1.2.) den Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und ALS bestätigen, werden auf der Basis der Ergebnisse des Workshops (Forschungsprojekt 1.3.) geeignete Tiermodelle und zu untersuchende Endpunkte ausgewählt und Tierversuche unter einer Exposition mit niederfrequenten Magnetfeldern durchgeführt.

1.5. Wirkungen niederfrequenter Magnetfelder auf die Entstehung und den Verlauf von Alzheimer-Demenz im Tiermodell (in vivo)Einklappen / Ausklappen

Falls aktuelle epidemiologische Studien sowie die derzeit laufende gepoolte Analyse (Forschungsprojekt 1.2.) und die geplante Metaanalyse (Forschungsprojekt 1.1.) den Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und der Alzheimer Demenz bestätigen, werden auf der Grundlage der Ergebnisse des Workshops (Forschungsprojekt 1.3.) geeignete Tiermodelle und zu untersuchende Endpunkte ausgewählt und Tierversuche unter einer Exposition mit niederfrequenten Magnetfeldern durchgeführt.

1.6 Wirkmechanismen niederfrequenter Magnetfelder bei der Entstehung von ALS in Zellkultur (in vitro)Einklappen / Ausklappen

Sollten aktuelle epidemiologische Studien sowie die geplante Metaanalyse (Forschungsprojekt 1.1) und die derzeit laufende gepoolte Analyse (Forschungsprojekt 1.2) den Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und ALS bestätigen, werden auf der Basis der Ergebnisse des Workshops (Forschungsprojekt 1.3) die zu untersuchenden Endpunkte und geeignete Zelllinien ausgewählt und Laborstudien mit diesen Zellen (oder Probenmaterial aus den in vivo Studien) unter einer Exposition mit niederfrequenten Magnetfeldern durchgeführt.

1.7 Zellkulturstudie zur Wirkung von Magnetfeldern auf die Entwicklung der Alzheimer-ErkrankungEinklappen / Ausklappen

Forschungs- bzw. Auftragsnehmer: Neurobiologisches Labor – Klinische Neurobiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
Projektleitung: PD Dr. Julian Hellmann-Regen
Beginn: 01.11.2022
Ende: 31.10.2025

Hintergrund

Seit Ende der 1990er Jahre liefern epidemiologische Studien Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der beruflichen Exposition (Ausgesetztsein) gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern (NF-MF) und einem erhöhten Auftreten der Alzheimer-Erkrankung. Laborstudien, in denen dieser Zusammenhang untersucht wurde, kamen zu sehr uneinheitlichen Ergebnissen: Es wurden neben negativen Auswirkungen sowohl schützende oder gar therapeutische Wirkungen von niederfrequenten Magnetfeldern bei der Alzheimer-Demenz als auch keine Wirkungen dieser Felder auf die Alzheimer-Erkrankung gezeigt. Darüber hinaus fehlt ein potenzieller Wirkmechanismus, der erklären könnte, wie niederfrequente Magnetfelder Einfluss auf die Entstehung und Entwicklung der Alzheimer-Demenz nehmen könnten.

Zielsetzung

In diesem Forschungsvorhaben soll auf zellulärer Ebene untersucht werden, ob niederfrequente Magnetfelder einen Einfluss auf Prozesse der Zellen des Nervensystems (Neuronen, Astrocyten, Gliazellen) haben, die bei der Entstehung und dem Verlauf der Alzheimer-Erkrankung eine Rolle spielen. Dabei soll zwischen der direkten Wirkung des Magnetfeldes auf biologische Zielstrukturen und der Wirkung von elektrischen Strömen auf die Zelle differenziert werden.

Durchführung

Die Exposition menschlicher Nerven- und Nervengewebszellen erfolgt für 2 – 120 Stunden mit Magnetfeldern im Frequenzbereich von 16 Hertz (Hz) (Bahnoberleitungen) bis 50 Hz (Stromnetz) und im Feldstärkenbereich von 0,04 Mikrotesla (µT) bis zum von der internationalen Kommission ICNIRP empfohlenen Referenzwert bei 50 Hz von 200 µT sowie einer Scheinexposition unter kontrollierten Laborbedingungen. Die Exposition erfolgt verblindet, d.h. es ist während des Experiments nicht bekannt, ob die Zellen den Feldern ausgesetzt wurden oder nicht.

Nach der Exposition wird gemessen, ob sich die Umsetzung genetischer Information in Proteine und die Konzentration von Proteinen, die für die Entstehung und den Verlauf der Alzheimer-Erkrankung von Bedeutung sind (u.a. Amyloid-Precursor Protein (APP), ß-Amyloid, Tau-Protein), verändert. Darüber hinaus werden Veränderungen des oxidativen Stresses in den Zellen analysiert, da er häufig als möglicher, zur Erkrankung beitragender Faktor genannt wird.

1.8. Einfluss von niederfrequenten Magnetfeldern der Stromversorgung auf den Schlaf und die Konzentration von ß-Amyloid bei MenschenEinklappen / Ausklappen

Einfluss von niederfrequenten Magnetfeldern auf den Schlaf und Marker der Alzheimer Demenz bei Menschen

Projektleitung: Kompetenzzentrum Schlafmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin
Beginn: 01.01.2022
Ende: 31.12.2024

Hintergrund

Ein Zusammenhang zwischen gestörtem Schlaf und neurodegenerativen Erkrankungen ist aus der Fachliteratur bekannt, typische Schlafstörungen gehören zu Symptomen vieler neurodegenerativen Erkrankungen. Schlafstörungen gelten auch als Risikofaktor und eine der möglichen Ursachen der Alzheimer Demenz (AD). Ein wichtiger Befund bei AD sind Ablagerungen des Peptids ß-Amyloid. Diese Ablagerungen sind durch Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst. Nach einer Nacht mit gestörtem Schlaf steigt bei Testpersonen die ß-Amyloid Konzentration. Der Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und Schlaf ist kaum untersucht, einige wenige experimentelle Studien zeigen eine Beeinträchtigung des Schlafes während einer nächtlichen Magnetfeldexposition. Schlafstörungen infolge einer Exposition mit Magnetfeldern könnten ein möglicher Wirkmechanismus sein, der den beobachteten statistischen Zusammenhang zwischen Magnetfeldern und AD erklären könnte.

Zielsetzung

Ziel ist es anhand des Schlaf-EEG zu prüfen, ob eine Magnetfeldexposition die Schlafparameter von Menschen beeinflussen kann. Zusätzlich wird der Einfluss von Magnetfeldern auf die Konzentrationen des ß-Amyloids und des Hormons Melatonin, das schlaffördernd wirkt, bestimmt und die subjektive Schlafqualität abgefragt. Da sich schlechter Schlaf negativ auf die Gedächtniskonsolidierung auswirkt, wird geprüft, ob eine Magnetfeldexposition das Gedächtnis beeinträchtigt. Die Ergebnisse werden zeigen, ob Magnetfelder den Schlaf beeinträchtigen und physiologische Wirkungen haben, die AD begünstigen könnten.

Durchführung

Es werden 20 Männer und 20 Frauen im Alter von 55 bis 75 Jahren in die Studie eingeschlossen. Einschlusskriterien: gesunde Rechtshänder, Nichtraucher, Frauen postmenopausal. Ausschlusskriterien: Konsum von Substanzen, die den Schlaf beeinflussen, Schlafstörungen, Implantate. Jede Testperson wird im Abstand von einer Woche einer Adaptationsnacht, einer Scheinexposition und zwei Expositionsstufen ausgesetzt.
Die Exposition der Studienteilnehmenden erfolgt mittels einer Spulenanordnung. Diese ermöglicht eine kontinuierliche nächtliche Exposition liegender Personen im Schlaf, beeinträchtigt aber das Verlassen des Bettes nicht. Es wird eine Exposition mit niederfrequenten Magnetfeldern bei 50 Hz und zwei Intensitäten (hoch und niedrig, im Bereich 1-30 Microtesla) sowie Scheinexposition durchgeführt. Die Exposition erfolgt verblindet (es ist nicht bekannt, wann Proband*innen den Feldern ausgesetzt sind oder nicht).

Während des Schlafes wird das EEG abgeleitet und die Schlafstruktur (Schlafstadien, Einschlaflatenz, Schlafeffizienz, Schlafdauer, Aufwachereignisse) analysiert. Es werden standardisierte Abend- und Morgenprotokolle ausgefüllt um besondere Tagesereignisse, die den Schlaf beeinflussen können, sowie die Befindlichkeit am Morgen nach der Studiennacht zu erfassen. Vor und nach jeder Expositionsnacht werden im Plasma die Biomarker für Schlaf und AD (Melatonin, ß-Amyloid, Tau-Protein) bestimmt. Zur Überprüfung, ob die Magnetfelder einen Einfluss auf die nächtliche Gedächtniskonsolidierung hatten, werden am Abend und am Morgen nach dem Schlaf Gedächtnisaufgaben zum Einsatz kommen.

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