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2.2. Wirkungs- und Wahrnehmungsschwellen statischer elektrischer Felder

Wahrnehmungsschwellen und Wirkmechanismen statischer und niederfrequenter elektrischer Felder bei Menschen

Projektleitung: RWTH Aachen
Beginn: 01.12.2021
Ende: 30.11.2023

Hintergrund

Im Zuge des Stromnetzausbaus steigt die Bedeutung elektrischer Felder, vor allem im Zusammenhang mit dem Ausbau von Gleichstromleitungen, da es für statische elektrische Felder keinen Grenzwert gibt, Belästigungen aber laut 26. BImSchV verhindert werden sollen. Dafür müssen die Wahrnehmungsschwellen bekannt sein. Im Zusammenhang mit dem Ausbau von Hybridleitungen (Ultranet) müssen auch spezielle Wirkungen einer Kombination von Gleich- und Wechselfeldern und Ionenströmen bekannt sein.

Zur Wahrnehmung elektrischer Felder durch Menschen existieren erhebliche Wissenslücken. Es gibt hierzu nur zwei ältere wissenschaftliche Publikationen [1, 2] und eine Ende 2019 abgeschlossene Studie der RWTH Aachen, die unerwartet niedrige Wahrnehmungsschwellen vor allem bei einer Kombination von Gleich- und Wechselfeldern ergeben hat [3, 4]. Einen modifizierenden Einfluss hatten auch Ionenströme und Luftfeuchtigkeit. Dies ist ein für Hybridleitungen relevantes Szenario. Die Ergebnisse sollen verifiziert und die Mechanismen geklärt werden.

Zielsetzung

Ziel des Forschungsvorhabens ist die Untersuchung der Wahrnehmung von Hybridfeldern durch Menschen, insbesondere der Einfluss schwacher DC-Hintergrundfelder (DC, direct current, Gleichfeld) auf die Wahrnehmungsschwelle für AC-Felder (AC, alternating current, Wechselfeld). Darüber hinaus werden die biologischen Wirkmechanismen, die der Wahrnehmung zugrunde liegen, untersucht. Es spricht einiges dafür, dass AC Felder zu Vibrationen der Haare an Armen und Beinen führen. DC Felder werden eher über den Kopfbereich wahrgenommen. Die beiden Wahrnehmungswege können interagieren. Diese Mechanismen sollen getrennt und in Kombination untersucht werden.

Durchführung

Die bisherigen Ergebnisse [3, 4] zeigen, dass konstante schwache AC Felder im Hintergrund die DC-Wahrnehmungsschwelle deutlich beeinflussen und reduzieren. In diesem Vorhaben wird der Einfluss konstanter schwacher DC Felder im Hintergrund auf die AC-Wahrnehmungsschwelle untersucht. Es werden 40 – 50 besonders empfindliche Probanden aus der Vorstudie ausgewählt und bei konstanter Temperatur (22 °C) und Luftfeuchtigkeit (50 %) und konstanten schwachen DC-Hintergrundfeldern (1,2,3 und 4 V/m) untersucht. Die AC Feldstärke wird im Bereich von 1 – 14 V/m variiert und die niedrigste Wahrnehmungsschwelle in psychophysiologischen Tests bestimmt. Zur Kontrolle erfolgt eine Scheinexposition, die Studie wird doppelblind durchgeführt – weder Testpersonen noch Forschende wissen, wann ein elektrisches Feld vorhanden ist oder nicht.

Zusätzlich wird versucht die Wirkmechanismen aufzuklären, die zu den niedrigen Wahrnehmungsschwellen führen. Insbesondere werden die Rollen der Körperbehaarung und der Luftfeuchtigkeit untersucht. Dafür werden 30 gesunde Testpersonen im Alter von 18 – 35 Jahren rekrutiert, 15 Frauen und 15 Männer. Die Proband*innen sollen möglichst unterschiedliche Eigenschaften der individuellen Kopf- und Körperbehaarung aufweisen. Die Lufttemperatur bleibt bei 22 °C konstant, die Luftfeuchtigkeit wird zwischen 30 % und 70 % variiert. Getestet werden AC Felder bei 8 - 30 kV/m, DC Felder bei 14 - 38 kV/m und Hybridfelder. Die physikalischen Eigenschaften der Behaarung (Feuchtigkeit, Dicke, Länge) werden erhoben. Die Haarbewegungen werden auf Video aufgenommen. Es werden weitere Untersuchungen durchgeführt, nachdem die Haare rasiert wurden. Die Ergebnisse werden Aussagen zu den Ursachen der beobachteten niedrigen Schwellenwerte für Hybridfelder ermöglichen.

Referenzen

[1] Blondin JP et al. (1996). Human perception of electric fields and ion currents associated with high-voltage DC transmission lines. Bioelectromagnetics 17: 230 - 241.
[2] Chapman CE et al. (2005). Perception of local DC and AC electric fields in humans. Bioelectromagnetics 26: 357-366.
[3] Jankowiak et al. (2021) Identification of Environmental and Experimental Factors Influencing Human Perception of DC and AC Electric Fields. Bioelectromagnetics 42: 341 - 356
[4] Kursawe et al. (2021) Human detection thresholds of DC, AC, and hybrid electric fields: a double‑blind study. Environ Health 20:92

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