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Epidemiologie strahlenbedingter Erkrankungen

Die Epidemiologie ist eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit dem Auftreten und der Verteilung von Krankheiten in einer Bevölkerung oder in Gruppen innerhalb einer Bevölkerung beschäftigt sowie mit möglichen Ursachen und Folgen dieser Erkrankungen. Die Strahlenepidemiologie hat hierbei einen besonderen Fokus auf potentielle Auswirkungen verschiedener Formen von Strahlung.

Menschenmenge MenschenmengeQuelle: adimas/stock.adobe.com

Die Strahlenepidemiologie untersucht mögliche Zusammenhänge zwischen der Strahlung, der unterschiedliche Personengruppen ausgesetzt sind, und dem Risiko, an Krebs oder anderen Krankheiten, wie zum Beispiel grauem Star oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zu erkranken. Dabei befasst sie sich sowohl mit ionisierender Strahlung (beispielsweise aufgrund von medizinischen Röntgenuntersuchungen oder Strahlentherapien, beruflicher Exposition oder durch Höhenstrahlung bei Langstreckenflügen) als auch mit nichtionisierender Strahlung (beispielsweise aufgrund der Strahlung von Mobiltelefonen, von Mobilfunkbasisstationen oder der elektrischen und magnetischen Felder um Hochspannungsleitungen).

Welche Methoden verwendet die Epidemiologie?

Aus ethischen und praktischen Gründen ist es im Allgemeinen nicht möglich, die gesundheitlichen Auswirkungen von Strahlung auf den Menschen in experimentellen Studien zu untersuchen. Daher werden epidemiologische Studien durchgeführt.

Hierbei handelt es sich um reine Beobachtungsstudien. Die Studien erlauben eine direkte Untersuchung des Risikos für den Menschen sowie eine Quantifizierung der Höhe des Risikos. Die wichtigsten Arten epidemiologischer Studien sind Kohortenstudien und Fall-Kontroll-Studien. Insgesamt unterscheidet man vier Haupttypen epidemiologischer Studien:

KohortenstudieEinklappen / Ausklappen

Bei einer Kohortenstudie werden Personen ausgewählt, die einem Risikofaktor in unterschiedlichem Ausmaß ausgesetzt sind, und über einen längeren Beobachtungszeitraum untersucht. Die Fragestellung einer Kohortenstudie ist beispielsweise, ob bei höher exponierten Personen bestimmte Erkrankungen häufiger auftreten als bei geringer oder nicht exponierten Personen.

Ein Beispiel für eine Kohortenstudie ist die vom BfS durchgeführte deutsche Uranbergarbeiter-Kohortenstudie mit fast 60.000 ehemaligen Bergarbeitern der Wismut. In dieser Studie wird das Risiko für diverse Erkrankungen – hauptsächlich Krebs – in Abhängigkeit von einer früheren Strahlenexposition im Uranbergbau untersucht.

Fall-Kontroll-StudieEinklappen / Ausklappen

In einer Fall-Kontroll-Studie werden zunächst Personen mit einer bestimmten Krankheit (sogenannte Fälle) und Personen, die nicht daran erkrankt sind (sogenannte Kontrollen), in einer definierten Bevölkerungsgruppe bestimmt. Es wird untersucht, ob erkrankte Personen häufiger beziehungsweise höher exponiert waren als vergleichbare nicht erkrankte Personen. Fall-Kontroll-Studien gehen demnach von der Erkrankung aus und fragen nach der vorausgehenden Exposition. Weil nur die erkrankten Personen und die vergleichbaren nicht erkrankten Personen untersucht werden, können Fall-Kontroll-Studien mit bedeutend kleineren Personenzahlen durchgeführt werden als Kohortenstudien.

Fall-Kontroll-Studien können auch in Kohortenstudien eingebettet sein, um für spezielle Untergruppen einer Kohorte eine umfangreichere Datensammlung durchzuführen und bestimmte Aspekte genauer zu untersuchen.

Ein Beispiel ist die vom BfS in Auftrag gegebene Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken (KiKK-Studie). In dieser Studie wurden Kinder, die in Deutschland in der Umgebung eines deutschen Kernkraftwerks wohnen und an Krebs erkrankt sind, mit nicht erkrankten Kindern gleichen Alters und Geschlechts verglichen, die in der gleichen Region wohnen. Es wurde untersucht, ob erkrankte Kinder (Fälle) näher an einem Kernkraftwerk wohnen als zugeordnete Kontrollkinder.

QuerschnittsstudieEinklappen / Ausklappen

In einer Querschnittsstudie werden zeitgleich Daten zur Bestrahlung (z. B. gemessene Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern von Mobilfunkbasisstationen) und zu einer bestimmten Erkrankung (z. B. Schlafstörungen oder Kopfschmerzen) erhoben und in Beziehung zueinander gesetzt.

Diese Studien sind nur bei relativ häufigen Erkrankungen sinnvoll und im Allgemeinen nur zur Bildung von Hypothesen geeignet.

Ökologische StudieEinklappen / Ausklappen

Unter "ökologischen" Studien versteht man Studien, die nicht einzelne Individuen untersuchen, sondern räumlich oder zeitlich zusammengefasste Daten verwenden (z. B. Erkrankungshäufigkeit und Strahlenexposition in einem bestimmten Gebiet) und damit den Zusammenhang zwischen Strahlenexposition und Erkrankung untersuchen. Ökologische Studien sind fehleranfällig, weil angenommen wird, dass sich die untersuchten Gruppen nur hinsichtlich des untersuchten Risikofaktors (z. B. Strahlung) unterscheiden, nicht aber hinsichtlich anderer Risikofaktoren (z. B. Rauchen). So können diese Studien zwar Hinweise auf mögliche Ursachen geben, sind aber grundsätzlich für Risikoabschätzungen ungeeignet.

Ein Beispiel ist der deutschlandweite Vergleich von Lungenkrebssterberate und Radonkonzentration in Wohnungen: Der bedeutendste Risikofaktor für Lungenkrebs ist das Rauchen. Werden die regional durchaus unterschiedlichen Bevölkerungsanteile von Raucher*innen in einer solchen Untersuchung nicht berücksichtigt, können verfälschte Ergebnisse in Bezug auf das Lungenkrebsrisiko durch Radon entstehen.

Epidemiologische Studien des BfS

Im Bereich der ionisierenden Strahlung führt das BfS die deutsche Uranbergarbeiter-Kohortenstudie durch, eine große Kohortenstudie zu gesundheitlichen Wirkungen ionisierender Strahlung bei ehemaligen Bergarbeitern der Wismut SDAG der DDR. Des Weiteren gab das BfS eine Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken (KiKK-Studie) in Auftrag.

Im Bereich der nichtionisierenden Strahlung wurden vom BfS im Rahmen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms eine Vielzahl epidemiologischer Studien zu möglichen Auswirkungen von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf die Gesundheit initiiert und gefördert.

Stand: 01.03.2022

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