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Wie wirkt ionisierende Strahlung?

Wenn ionisierende Strahlung auf den menschlichen Körper trifft, können Schäden in einzelnen Zellen oder Geweben entstehen. Das liegt daran, dass die Strahlungsenergie chemische Verbindungen (Moleküle) auseinanderbrechen kann. Auch einzelne Elektronen, also elektrisch geladene Teilchen, können aus Verbindungen herausgeschlagen werden. So kann Strahlung direkt Biomoleküle der Zelle, wie zum Beispiel Proteine oder DNA (Moleküle, die die Erbinformation tragen) schädigen.

Andererseits kann Strahlung auch mit dem Wasser interagieren, das in Zellen reichlich vorhanden ist, und Radikale bilden. Diese sehr reaktionsfreudigen Stoffe, können wiederum auf Biomoleküle treffen und weitere schädliche Prozesse anstoßen. Für Spätfolgen einer Strahlenexposition sind Veränderungen der DNA von besonderer Bedeutung.

Reparaturmechanismen der Zelle

Normalerweise ist die Zelle in der Lage, Strahlenschäden zu reparieren, so dass keine negativen Folgen auftreten. Schafft sie das nicht, stirbt sie in der Regel ab. Dafür hat der menschliche Körper raffinierte, strukturierte Programme zur Verfügung (z. B. Apoptose). Bei massiven Schäden durch eine Bestrahlung mit sehr hohen Strahlendosen funktionieren auch diese Vorgänge nicht mehr und die Zelle stirbt unkontrolliert ab (Nekrose).

Besonders gefährlich ist jedoch, wenn die DNA einer Zelle beschädigt wird, ohne dass sie komplett repariert wird - und ohne dass die Zelle stirbt. Denn so können genetisch veränderte (mutierte) Zellen entstehen, die sich weiter vermehren und eine Krebserkrankung auslösen können.

Strahlenwirkungen auf den Organismus

Ob und in welchem Ausmaß eine Strahlenexposition zu einem gesundheitlichen Schaden führt, hängt von der absorbierten Strahlenmenge, der Strahlenart und davon ab, welches Organ oder Gewebe des Körpers hauptsächlich betroffen ist. Strahlenschäden können auch durch ionisierende Strahlung aus natürlichen Quellen (zum Beispiel Radon) entstehen.

Zur Information: Für in Deutschland lebende Personen beträgt die Dosis aus natürlichen Quellen im Durchschnitt etwa 2 bis 3 Millisievert im Jahr.

Strahlenschäden nach sehr hohen StrahlendosenEinklappen / Ausklappen

Überschreitet die Strahlendosis einen Schwellenwert, so treten bestimmte Gewebereaktionen im menschlichen Körper auf, die auch als deterministische Strahlenschäden bezeichnet werden. Typischerweise liegt der Schwellenwert dafür bei über 500 Millisievert (mSv). Solche Gewebereaktionen entstehen durch das massive Absterben von Zellen und dem daraus folgenden Funktionsverlust des betreffenden Gewebes oder Organs. Besonders betroffen davon sind

  • die Haut,
  • die Haare und
  • die Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts.

Oberhalb der Schwellenwertdosis steigt die Schwere des Schadens mit der Dosis an und bei höherer Dosis treten die Schäden früher auf. Bleibt die Strahlendosis unter dem Schwellenwert, treten zwar keine derartigen Gewebereaktionen auf, spätere stochastische Schäden sind jedoch nicht ausgeschlossen.

Akute Strahlenschäden

Nach einer Strahlenexposition mit hohen Dosen können bereits innerhalb von Stunden oder Wochen Gewebeschäden auftreten.

Dazu zählen unter anderem

  • das Erythem der Haut (Rötung, verbrennungsähnliche Erscheinungen),
  • Haarausfall,
  • Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit und
  • Blutarmut (Anämie).
Späte Gewebeschäden

Einige Gewebeschäden treten erst später auf, wie beispielsweise die Lungenfibrose (Zunahme des Bindegewebes in der Lunge, führt zu einer Störung der Lungenfunktion). Sie zeigt sich 6 bis 24 Monate nach Bestrahlung.

Stochastische StrahlenschädenEinklappen / Ausklappen

Unter stochastischen Strahlenschäden versteht man Strahlenschäden, die auf Veränderungen im Erbmaterial von Zellen (DNA) zurückgehen. Stochastische Schäden sind z. B. Krebserkrankungen. Diese können auch nach niedrigen Strahlendosen auftreten. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens ist umso kleiner, je kleiner die Dosis ist. Die Schwere von stochastischen Strahlenschäden ist dagegen von der Dosis unabhängig.

Entstehung

Durch eine unzureichende oder fehlerhafte Reparatur der DNA kann die genetische Information einer Zelle verändert werden. Beim natürlichen Prozess der Zellteilung vermehren sich dann die veränderten (mutierten) Zellen. Dieser Vorgang kann Jahre nach der Strahlenexposition zur Entstehung von Krebs führen.

Wird die Erbinformation in den Keimzellen, die in den Hoden beziehungsweise Eierstöcken produziert werden, verändert, kann dies in den darauffolgenden Generationen zu Schäden führen. Das Auftreten von vererbbaren Strahlenschäden (genetische Schäden) wurde bisher beim Menschen nicht beobachtet, wohl aber in Studien an Tieren.

Stochastische Strahlenschäden können in Körperzellen und in Keimzellen auch bei niedrigen Dosen ionisierender Strahlung auftreten. Zwischen der Einwirkung der Strahlung und der Erkrankung kann eine lange Zeit vergehen (sogenannte Latenzzeit).

Vergleich zwischen deterministischen und stochastischen Strahlenschäden
Deterministische StrahlenschädenStochastische Strahlenschäden
BeschreibungSchäden, die nur oberhalb eines Schwellenwertes der Dosis auftretenSpäter auftretende Schäden aufgrund von Zellen, deren DNA (Erbmaterial) geschädigt wurde
Ursache des SchadensAbtötung oder Fehlfunktionen zahlreicher Zellen Mutationen und nachfolgende Vermehrung von einzelnen mutierten Zellen (Körperzellen oder Keimzellen)
Dosis-AbhängigkeitJe höher die Strahlendosis, desto schwerer der Strahlenschaden Je höher die Strahlendosis, desto höher die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Strahlenschadens
Dosis-Schwellenwertca. 500 Millisievert (mSv); beim ungeborenen Kind ca. 50 bis 100 mSvNicht vorhanden
BeispieleRötungen der Haut, Haarausfall, Unfruchtbarkeit, akute Strahlenkrankheit, Fehlbildungen und Fehlentwicklungen des Gehirns beim UngeborenenKrebs, vererbbare Effekte

Bei manchen Erkrankungen, die als Folge von Strahlung auftreten können, ist der genaue Zusammenhang zwischen Strahlendosis und Erkrankungsrisiko noch unklar. Insbesondere ist nicht bekannt, ob es eine Schwellenwertdosis gibt. Hierzu zählen Herz-Kreislauferkrankungen und Katarakte (Trübungen der Augenlinse).

Ziele des Strahlenschutzes

Der Strahlenschutz ist darauf ausgerichtet, die Gesundheit des Menschen zu schützen. Er hat das Ziel, deterministische Strahlenschäden zuverlässig zu verhindern und das Risiko für stochastische Schäden auf ein vernünftigerweise erreichbares Maß zu reduzieren.

Stand: 10.03.2023

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