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Referenzwert
- Als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Maßnahmen zum Schutz vor Radon dient gemäß Strahlenschutzgesetz ein Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter.
- Ein Referenzwert ist kein Grenzwert, der nicht überschritten werden darf.
- Die Definition von "Referenzwert" ist international unterschiedlich.
- Allen Definitionen gemein ist, dass nicht erst bei Überschreitung des Referenzwertes gehandelt werden soll – Schutzmaßnahmen sind auch vorher sinnvoll.
Um Radon-Konzentrationen bewerten und vergleichen zu können, wird der so genannte Referenzwert verwendet. Er ist im deutschen Strahlenschutzgesetz auf 300 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft festgelegt.
Was ist ein Referenzwert?
In der öffentlichen Debatte wird der Referenzwert oftmals mit einem Grenzwert oder einem Richtwert verwechselt. Dabei gibt es deutliche Unterschiede:
- Ein Grenzwert ist ein Wert, der nicht überschritten werden darf.
- Ein Richtwert ist ein Wert, nach dem man sich richten sollte. Er sollte eingehalten werden, um nicht unter Umständen fahrlässig oder grob fahrlässig zu handeln. Im Strahlenschutz gelten Richtwerte häufig für Teilbereiche einer Situation, in der Menschen Strahlung ausgesetzt sind. Richtwerte sollen sicherstellen, dass ein Grenzwert nicht überschritten wird, wenn viele voneinander unabhängige Strahlungsquellen auf eine Person einwirken.
- Ein Referenzwert dient gemäß Strahlenschutzgesetz lediglich "als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Maßnahmen". "Ein Referenzwert ist kein Grenzwert", so das Strahlenschutzgesetz.
Ein "Maßstab für die Prüfung", wie es im Strahlenschutzgesetz heißt, bedeutet insbesondere nicht, dass dieser Maßstab und die Prüfung erst bei dem Referenzwert beginnen.
Warum ein Referenzwert und kein Grenzwert für Radon?
Ein Grenzwert ist immer dann sinnvoll, wenn das Ausmaß, in dem Menschen Strahlung ausgesetzt sind, jederzeit kontrollierbar ist – zum Beispiel, wenn bei einem geplanten Umgang mit künstlichen radioaktiven Quellen
- die Menge des radioaktiven Stoffes angepasst werden kann,
- die Umgangszeit mit dem radioaktiven Stoff minimiert werden kann,
- Abschirmmaßnahmen oder andere Schutzmaßnahmen (Atemschutz, besondere Kleidung) ergriffen werden können.
Der Umgang mit Radon ist nicht vergleichbar, da Radon
- natürlichen Ursprungs ist,
- die Quelle der Strahlung somit nicht entfernbar und jeder Mensch ihr unvermeidbar ausgesetzt ist und
- bereits bei normaler Konzentration ein Risiko nachweisbar ist.
Gäbe es einen Grenzwert für Radon-Konzentrationen in Gebäuden, wären dort zwingend Maßnahmen durchzuführen. Dies würde zum Beispiel Nutzungseinschränkungen vorschreiben oder zwingende Sanierungsmaßnahmen in privaten Gebäuden bedeuten.
Internationale Strahlenschutz-Experten sehen die durch einen Grenzwert erforderlichen Maßnahmen nicht als angemessen an und haben sich deswegen darauf geeinigt, dass für Radon ein Referenzwert und kein Grenzwert gelten soll.
Wie werden Referenzwerte international definiert?
International existieren unterschiedliche Definitionen des Begriffes "Referenzwert".
- Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht den Referenzwert als maximal akzeptierte Radon-Konzentration in Wohnungen.
- Für die Internationale Strahlenschutzkommission ICRP und die Internationale Atomenergie-Organisation IAEA ist der Referenzwert ein Risikoniveau, dessen geplantes Auftreten als unangemessen angesehen wird und unterhalb dessen Optimierungsmaßnahmen geplant werden sollen.
- Die Europäische Atomgemeinschaft EURATOM versteht den Referenzwert als Konzentration, oberhalb derer Expositionen als unangemessen betrachtet werden, auch wenn es sich nicht um einen Grenzwert handelt, der nicht überschritten werden darf.
- Im deutschen Strahlenschutzgesetz ist der Referenzwert ein festgelegter Wert, der als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Maßnahmen dient. Das Gesetz ergänzt erläuternd: Ein Referenzwert ist kein Grenzwert.
Allen Definitionen gemein ist, dass nicht erst gehandelt werden soll, wenn der Referenzwert überschritten wurde. Auch unterhalb des Referenzwertes können Maßnahmen sinnvoll sein.
Gleichzeitig müssen in Ausnahmefällen Konzentrationen oberhalb des Referenzwertes akzeptiert werden, wenn Maßnahmen zur Reduzierung unangemessen sind, weil sie beispielsweise mit anderen Vorschriften kollidieren oder ihr Aufwand deutlich zu hoch wäre. Beispielsweise könnten Radon-Schutzmaßnahmen mit Denkmalschutz-Auflagen, wie etwa in alten Burgen und Schlössern, oder besonderen Hygiene-Vorschriften, zum Beispiel in Wasserwerken, kollidieren und so nur mit massiven Anstrengungen umzusetzen sein.
Warum 300 Becquerel pro Kubikmeter?
Der Gesetzgeber hat im Strahlenschutzgesetz den Referenzwert in Deutschland sowohl in Gebäuden allgemein als auch an Arbeitsplätzen auf 300 Becquerel pro Kubikmeter festgesetzt. Bund und Länder berücksichtigten bei dieser Entscheidung unter anderem
- einerseits die Erkenntnisse aus medizinischen Untersuchungen, die eine messbare Erhöhung des Lungenkrebsrisikos ab einer Konzentration von 100-200 Becquerel pro Kubikmeter nachgewiesen haben
- und andererseits die Tatsache, dass in Deutschland die Radon-Konzentration ungleichmäßig verteilt ist. Das bedeutet, dass es Regionen gibt, die besonders durch Radon betroffen sind, weil dort hohe Radon-Konzentrationen im Boden vorkommen, die nicht verhindert werden können.
Das Strahlenschutzgesetz fordert, dass das Bundesumweltministerium nach 10 Jahren einen Bericht über die Wirkung des Referenzwertes zum Schutz vor Radon vorlegt.
Stand: 25.10.2023