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Natürliche Radionuklide in Baumaterialien

  • Bei der Verwendung von Gesteinen und Erden zu Bauzwecken können in diesen Materialien enthaltene oder aus ihnen freigesetzte Radionuklide zu einer Strahlenexposition der Bevölkerung führen.
  • Der Mittelwert der durch die natürlichen Radionuklide in den Baustoffen bedingten Gamma-Ortsdosisleistung (ODL) in Gebäuden beträgt rund 80 Nanosievert pro Stunde. Werte der ODL über 200 Nanosievert pro Stunde sind selten.
  • Die in Deutschland in großen Mengen traditionell verwendeten Baustoffe sind im Allgemeinen nicht die Ursache für erhöhte Strahlenexpositionen durch Radon in Gebäuden.

Bei der Verwendung von Gesteinen und Erden zu Bauzwecken können in diesen Materialien enthaltene oder aus ihnen freigesetzte Radionuklide zu einer Strahlenexposition der Bevölkerung führen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Radionuklide aus den radioaktiven Zerfallsreihen von Uran-238, Thorium-232 sowie Kalium-40.

Ursachen der durch natürliche Radionuklide in Baustoffen verursachten Strahlenexposition beim Aufenthalt in Gebäuden sind

  • die von den Radionukliden in den Baumaterialien ausgehende, von außen auf den Körper wirkende Gammastrahlung sowie
  • die Inhalation des aus den Baumaterialien in die Räume freigesetzten Gases Radon und seiner Zerfallsprodukte.

Untersuchung und Bewertung

Seit über 40 Jahren werden in Deutschland Untersuchungen und Bewertungen der natürlichen Radioaktivität in Baustoffen und Bauprodukten durchgeführt.

Daher liegen im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) von mehr als 1.500 Proben von Natursteinen, Baustoffen und mineralischen Reststoffen Daten der spezifischen Aktivitäten der relevanten Radionuklide vor. Aktualisierte Untersuchungen an 120 Baustoffproben aus dem Jahr 2007 sind im BfS-Bericht BfS-SW-14/12 veröffentlicht worden. An einer großen Anzahl von Proben wurde zusätzlich die Radonfreisetzung bestimmt.

Spezifische Aktivitäten natürlicher Radionuklide in Natursteinen, Baustoffen und Reststoffen
(angegeben sind Mittelwert und Bereich (in Klammern) in Becquerel pro Kilogramm)
MaterialRadium-226 Thorium-232 Kalium-40
Granit100
(30 - 500)
120
(17 - 311)
1.000
(600 - 4.000)
Gneis75
(50 - 157)
43
(22 - 50)
900
(830 - 1.500)
Diabas16
(10 - 25)
8
(4 - 12)
170
(100 - 210)
Basalt26
(6 - 36)
29
(9 - 37)
270
(190 - 380)
Granulit10
(4 - 16)
6
(2 - 11)
360
(9 - 730)
Kies, Sand, Kiessand15
(1 - 39)
16
(1 - 64)
380
(3 - 1.200)
Natürlicher Gips, Anhydrit10
(2 - 70)
< 5
(2 - 100)
60
(7 - 200)
Tuff, Bims100
(< 20 - 200)
100
(30 - 300)
1.000
(500 - 2.000)
Ton, Lehm< 40
(< 20 - 90)
60
(18 - 200)
1.000
(300 - 2.000)
Ziegel, Klinker50
(10 - 200)
52
(12 - 200)
700
(100 - 2.000)
Beton30
(7 - 92)
23
(4 - 71)
450
(50 - 1.300)
Kalksandstein, Porenbeton15
(6 - 80)
10
(1 - 60)
200
(40 - 800)
Schlacke aus Mansfelder Kupferschiefer1.500
(860 - 2.100)
48
(18 - 78)
520
(300 - 730)
Gips aus der Rauchgasentschwefelung20
(< 20 - 70)
< 20< 20
Braunkohlenfilterasche82
(4 - 200)
51
(6 - 150)
147
(12 - 610)

Der Mittelwert der durch die natürlichen Radionuklide in den Bauprodukten bedingten Gamma-Ortsdosisleistung (ODL) in Gebäuden beträgt rund 80 Nanosievert pro Stunde. Werte der ODL über 200 Nanosievert pro Stunde sind selten.

Radon

Radon von besonderer Bedeutung

Das durch radioaktiven Zerfall aus Radium-226 entstehende gasförmige Radon-222 ist aus der Sicht des Strahlenschutzes von besonderem Interesse. Nach aktuellen Erkenntnissen wird in Deutschland ein signifikanter Anteil der Lungenkrebserkrankungen in der Bevölkerung auf die Belastung mit Radon und seinen Zerfallsprodukten in Gebäuden zurückgeführt.

Die Radonfreisetzung aus Bauprodukten wird durch die spezifische Aktivität des Radium-226 und andere, den Radontransport bestimmende Materialeigenschaften (zum Beispiel Porosität) bestimmt. Untersuchungen zeigen, dass die in Deutschland in großen Mengen traditionell verwendeten Baustoffe

  • Beton,
  • Ziegel,
  • Porenbeton und
  • Kalksandstein

im Allgemeinen nicht die Ursache für Überschreitungen des vom BfS empfohlenen Jahresmittelwertes der Radonkonzentration in Aufenthaltsbereichen sind. Dieser soll 100 Becquerel pro Kubikmeter nicht überschreiten.

Der Beitrag des Radon-222 aus Bauprodukten zur Radonkonzentration in Wohnräumen liegt bei maximal 70 Becquerel pro Kubikmeter. Bei aktuell im Handel erhältlichen Bauprodukten wurden Werte deutlich unter 20 Becquerel pro Kubikmeter bestimmt.

Höhere Radonkonzentrationen bei einzelnen Baumaterialien

Freisetzungsraten von Radon, die höhere Konzentrationen im Innenraum zur Folge haben können, wurden in Deutschland

  • vereinzelt an Rückständen der Verbrennung von Kohlen mit erhöhter Uran-/Radiumkonzentration (früher unter der Bezeichnung "Kohleschlacke" regional als Füllung von Geschossdecken verwendet) und
  • in Ausnahmefällen an Natursteinen mit erhöhten spezifischen Aktivitäten des Radium-226

gemessen. Erhöhte Radonkonzentrationen in Häusern aus Mansfelder Kupferschlacke wurden trotz der vergleichsweise hohen spezifischen Aktivität des Radium-226 in diesem Material nicht ermittelt.

In einigen Ländern wurden höhere Radonkonzentrationen in Häusern festgestellt, in denen so genannte Chemiegipse (Rückstände der Phosphoritverarbeitung) eingesetzt wurden, sowie bei Leichtbetonen, die unter Verwendung von Alaunschiefer hergestellt wurden. Vereinzelt findet man auch überdurchschnittliche Radonkonzentrationen in den traditionellen Gebieten des Bergbaus, wenn Abraum oder Reststoffe der Erzverarbeitung mit erhöhter Radiumkonzentration als Baumaterial, als Beton- oder Mörtelzuschlagstoff oder zur Fundamentierung oder als Füllmaterial beim Hausbau verwendet wurden.

Thoron

Nach derzeitigem Kenntnisstand wurden in Deutschland keine Materialien zu Bauzwecken verwendet, die infolge erhöhter Thoriumkonzentrationen zu aus der Sicht des Strahlenschutzes relevanten Expositionen durch das Gas Radon-220 (Thoron) und seine Zerfallsprodukte in Räumen führen könnten. Die Möglichkeit, dass ungebrannter Lehm als Baustoff in Einzelfällen zu erhöhten Thoronwerten in der Raumluft führen kann, lässt sich jedoch nicht gänzlich ausschließen.

Weiterführende Informationen zum Thema Lehm und Thoron finden Sie im Artikel Lehm als Baumaterial.

Gesetzliche Regelungen

Gesetzliche Begrenzung bei Baustoffen

In einigen Rückständen aus industriellen Prozessen reichern sich die natürlichen radioaktiven Stoffe an. Bei Verwendung dieser Rückstände, zum Beispiel ihrem Einsatz als Sekundärrohstoff im Bauwesen, sind erhöhte Strahlenexpositionen der Bevölkerung nicht auszuschließen.

1. Strahlenschutzrecht

Zur Begrenzung der effektiven Dosis aus der äußeren Exposition für Einzelpersonen der Bevölkerung in Aufenthaltsräumen wurde im Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) ein Referenzwert von 1 Millisievert pro Jahr festgelegt, der zusätzlich zur effektiven Dosis im Freien gilt. Ein Referenzwert dient gemäß Strahlenschutzgesetz als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Schutzmaßnahmen. Er ist kein Grenzwert, der nicht überschritten werden darf.

Eine entsprechende Prüfung ist vorzunehmen, wenn die in der Anlage 1 des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) genannten Rückstände oder die in Anlage 9 des StrlSchG genannten Rohstoffe zur Herstellung von Gebäuden, die Aufenthaltsräume enthalten, genutzt werden sollen. Der Nachweis zur Unterschreitung des festgelegten Referenzwertes der effektiven Dosis von 1 Millisievert pro Jahr erfolgt mithilfe des in Anlage 17 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) dargestellten Aktivitätsindexes. Dieser wird aus den Aktivitäten der im Baustoff enthaltenen Radionuklide

  • Radium-226,
  • Thorium-232 und
  • Kalium-40

unter Berücksichtigung von Dicke und Dichte des Baustoffs berechnet.

2. Baurecht

Gemäß der Bauproduktenverordnung (BauPVO, Verordnung EU Nr. 305/2011) darf in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ein Bauprodukt nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn es die wesentlichen Anforderungen an Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz - unter anderem bezüglich der Freisetzung gefährlicher Strahlen - erfüllt. Diese EU-Verordnung ist direkt im deutschen Recht verbindlich und für die Hersteller seit dem 1. Mai 2013 gültig.

Die europäische Normungsinstitution CEN hat von der Europäischen Kommission den Auftrag erhalten, die Messung von Radium, Thorium und Kalium zu standardisieren sowie eine europäische Norm zur Berechnung der Dosis zu entwickeln.

Naturwerksteine

Natürliche Radionuklide in Naturwerksteinen

Radionuklide in Naturwerksteinen Radionuklide in BaustoffenMedianwerte der spezifischen Aktivität natürlicher Radionuklide in Naturwerksteinen

Heute finden Naturwerksteine in allen Bereichen des Bauens im Hausinneren und im Freien verstärkt Anwendung. Deshalb hat das BfS mit Unterstützung des Deutschen Naturwerkstein-Verbandes e. V. im Jahr 2006 eine Reihe marktgängiger Fliesen und anderer Plattenmaterialien unterschiedlichster Herkunft auf die Gehalte natürlicher Radioaktivität untersucht und aus Strahlenschutzsicht bewertet.

Im Vordergrund standen gammaspektrometrische Messungen der spezifischen Aktivitäten von

  • Radium-226,
  • Kalium-40 und
  • Thorium-232.

Die Ergebnisse sind in der Grafik zusammengefasst. Die dargestellten Medianwerte (Zentralwerte) bedeuten, dass die Hälfte der untersuchten Proben über diesem Wert liegt und 50 Prozent darunter.

Die Materialgliederung erfolgt an dieser Stelle nach der Gesteinsart.

Es muss darauf hingewiesen werden, dass im Handel aus Erwägungen, die sich an den speziellen Anwendungen, der Verarbeitung und Pflege der Materialien orientieren, nicht immer korrekte Gesteinsbezeichnungen verwendet werden. So muss es sich bei "Granit" nicht unbedingt um Granitgestein handeln; diese Bezeichnung wird auch für Gneise, Diorite, Granodiorite und andere Gesteine verwendet.

Spezifische Aktivitäten der untersuchten Naturwerksteine

Die spezifischen Aktivitäten der untersuchten Naturwerksteine liegen

  • für Kalium-40 im Bereich zwischen 10 und 1.600 Becquerel pro Kilogramm,
  • für Radium-226 zwischen weniger als 10 und 355 Becquerel pro Kilogramm und
  • für Thorium-232 zwischen weniger als 10 und 330 Becquerel pro Kilogramm.

Zum Vergleich und zur Ergänzung wird auf die oben gezeigte Tabelle hingewiesen. Die mögliche Strahlenexposition durch die einzelnen Materialien hängt neben der Radionuklidkonzentration und der Radonfreisetzung von der Art ihrer Verwendung ab.

Im Ergebnis der Messungen des BfS ist festzustellen, dass die untersuchten aktuellen Bauprodukte und auch die untersuchten Naturwerksteine - selbst bei großflächiger Anwendung - in Gebäuden uneingeschränkt verwendbar sind.

Das Strahlenschutzgesetz legt einen Referenzwert für die effektive Dosis durch Radionuklide natürlichen Ursprungs (außer Radon) fest. Ein Referenzwert dient gemäß Strahlenschutzgesetz als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Schutzmaßnahmen. Er ist kein Grenzwert, der nicht überschritten werden darf. Der gesetzlich festgelegte Referenzwert für die effektive Dosis von 1 Millisievert pro Jahr für Personen der Bevölkerung durch Radionuklide natürlichen Ursprungs (außer Radon) wird in allen Fällen eingehalten.

Stand: 13.01.2023

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